4,1 Millionen Euro Förderung: Sachsenweites Projekt für verbesserte Versorgung nach innovativer Zelltherapie
Ein sachsenweites Konsortium unter Leitung des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden erforscht, wie sich die Nachsorge bei Patientinnen und Patienten mit Blut- und Lymphdrüsenkrebs verbessern lässt, die mit einer Stammzelltransplantation oder CAR-T-Zell-Therapie behandelt wurden. Nach der komplexen Therapie, die nur an wenigen großen Zentren erfolgen kann, besteht ein hohes Risiko für lebensgefährliche Komplikationen. Eine intensivierte und strukturierte Nachsorge, die alle relevanten Akteure vernetzt und digitale Anwendungen einbezieht, soll insbesondere Betroffenen in ländlichen Regionen eine engmaschigere Symptomkontrolle und schnellere Hilfe ermöglichen.
Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC) ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden, der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus der TU Dresden und des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR).
Ziel ist es, die Komplikations- und Todesraten deutlich zu senken und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Das Konsortialprojekt wird aus dem Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) mit 4,1 Millionen Euro gefördert. Beteiligt sind alle sächsischen hämato-onkologischen Zentren (Uniklinikum Dresden, Uniklinikum Leipzig, Klinikum Chemnitz), die Krankenkasse AOK PLUS sowie der Verein zur Qualitätssicherung in der hämatologischen Diagnostik (QHD e. V.). Maßgeblich beteiligt sind außerdem das Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung der Hochschulmedizin Dresden und das Institut für Medizinische Informatik und Biometrie der TU Dresden.
Innovative Zelltherapien haben bei Patientinnen und Patienten mit Blut- oder Lymphdrüsenkrebs in den vergangenen Jahren zu deutlich verbesserten Heilungschancen geführt. Allerdings liegt die Sterblichkeit nach einer Transplantation allogener (fremder) Blutstammzellen oder nach einer Immuntherapie mit genetisch veränderten CAR-T-Zellen bei bis zu 50 Prozent. Hierbei spielen potentiell lebensbedrohliche Komplikationen – wie Infektionen, Transplantat-gegen-Wirt-Reaktion und Rückfälle der Krebserkrankung – eine wichtige Rolle. Durch ihre frühe Erfassung und Behandlung ließe sich ein schwerer Verlauf häufig vermeiden.
Hier setzt das Projekt SPIZ (Sektorenübergreifende Versorgung von Patient:innen mit hämatologischen Erkrankungen nach innovativer Zelltherapie) an, das darauf abzielt, allen Betroffenen in Sachsen, ungeachtet ihres Wohnortes, eine optimale Nachsorge zu ermöglichen. Denn allogene Stammzelltransplantationen werden in Sachsen nur an den drei am Projekt beteiligten hämato-onkologischen Zentren durchgeführt, die Uniklinika Dresden und Leipzig sind zudem sachsenweit die einzigen CAR-T-Zell-Therapie-Zentren. Das Einzugsgebiet beträgt bis zu 200 Kilometer, was regelmäßige ambulante Vorstellungen in der Nachsorge erschwert.
„In Studien sind die Ergebnisse der innovativen Zelltherapien deutlich besser als in der Routineversorgung, was nicht zuletzt an einer effektiven Nachsorge liegen dürfte. Unser Anspruch ist es, dieses Potential der Therapien in die Versorgungsrealität vor allem im ländlichen Raum zu übertragen“, erklärt Prof. Martin Bornhäuser, Direktor der Medizinischen Klinik I des Universitätsklinikums Dresden und Mitglied im geschäftsführenden Direktorium des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC).
Innovatives Nachsorgeprogramm mit Hausbesuchen und digitalen Elementen
Im Rahmen des Projekts werden die möglichen Vorteile eines innovativen Nachsorgeprogramms überprüft, das in enger Zusammenarbeit mit Vertreterinnen und Vertretern aus der Patientenschaft, der Selbsthilfe und der Pflege entwickelt wurde.
Das Programm sieht in Ergänzung zu ambulanten Vorstellungen Video-Sprechstunden vor, um eine schnelle Abklärung von Symptomen zu ermöglichen und lange Anfahrtswege zu reduzieren. Zudem kommt eine „Onko-Nurse“ in regelmäßigen Abständen zu Hausbesuchen, kann den Zustand der Betroffenen vor Ort beurteilen, Blut abnehmen, Angehörige beraten und den Unterstützungsbedarf im häuslichen Umfeld einschätzen. In einer speziellen App dokumentieren die Patientinnen und Patienten kontinuierlich Symptome und weitere wichtige Parameter. Die Daten werden an fünf Tagen pro Woche von onkologischen Fachpflegekräften ausgelesen und bei Auffälligkeiten dem ärztlichen Personal vorgelegt. Regelmäßige Online-Fallkonferenzen ermöglichen die enge Zusammenarbeit aller in die Patientenversorgung eingebundenen Akteure, u. a. aus den Bereichen Sozialarbeit, Psychoonkologie, der niedergelassenen Ärzteschaft und den onkologischen Zentren. Bei Fragen und Problemen können sich die Patientinnen und Patienten jederzeit an speziell geschulte Case-Managerinnen und -Manager wenden, die zudem alle Termine sowie die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteuren koordinieren.
Erwartete Kosteneffizienz und bundesweite Relevanz
In das Projekt eingeschlossen werden 302 Patientinnen und Patienten aus den drei beteiligten sächsischen Zentren. Nach dem Zufallsprinzip erhält die Hälfte von ihnen eine intensivierte Nachsorge, die andere Hälfte wird wie bisher mittels regelmäßiger ambulanter Vorstellungen über die entsprechende Hochschulambulanz und bei niedergelassenen Fachärzten versorgt.
Trotz der intensiveren Betreuung im innovativen Nachsorgeprogramm gehen die Projektpartner davon aus, dass das Konzept auch zur Kostenreduktion beiträgt. „Wir erwarten, dass aufgrund der verbesserten Nachsorge weniger notfallmäßige Krankenhauseinweisungen erfolgen, die mit erheblichen Kosten verbunden sind. Zum anderen können durch Video-Sprechstunden lange und teure Anfahrten reduziert werden, die in der Regel per Taxi erfolgen, da die Betroffenen aufgrund von Medikation und Abwehrschwäche zumeist weder öffentliche Verkehrsmittel noch das eigene Auto nutzen können“, erklärt Dr. Jan Moritz Middeke von der Medizinischen Klinik I des Uniklinikums Dresden und Forschungsgruppenleiter am Else Kröner Fresenius Zentrum für Digitale Gesundheit (EKFZ). „Die Förderung in dieser kompetitiven Ausschreibung unterstreicht die Expertise am Standort Dresden im Bereich der onkologischen Forschung und Versorgung von Patienten mit innovativen Krebstherapien“.
Die AOK PLUS begleitet das Projekt aktiv und stellt Abrechnungsdaten zur Verfügung. Alle Auswirkungen des Projektes auf den Gesundheitszustand und die Lebensqualität der teilnehmenden Patientinnen und Patienten sowie die entstehenden Kosten werden kontinuierlich durch das Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung (ZEGV) erfasst und evaluiert. Bei positiver Evaluation soll die im Projekt vorgeschlagene Versorgungsform dauerhaft in die Regelversorgung der Krankenversicherungen überführt werden. Die sachsenweit erfolgende Untersuchung hat hierbei Modellcharakter für fast alle Regionen in Deutschland. Denn zelltherapeutische Verfahren sind jeweils großen Zentren vorbehalten mit entsprechenden Nachteilen für Patientinnen und Patienten in ländlichen Regionen. „Wir freuen uns, als Dresdner Hochschulmedizin das wichtige Anliegen einer verbesserten Nachsorge gemeinsam mit zahlreichen Partnern federführend voranzutreiben. Das Potential innovativer Therapien zum Wohl unserer Patientinnen und Patienten voll auszuschöpfen, ist uns ein großes Anliegen“, betont Prof. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus.
Fakten zum Projekt:
• Projektlaufzeit: vom 1. Juli 2023 bis 30. Juni 2026 (drei Jahre)
• Konsortialpartner sind die Universitätsklinika Dresden (Medizinische Klinik I) und Leipzig (Klinik für Hämatologie, Zelltherapie und Hämostaseologie) sowie das Klinikum Chemnitz (Zentrum für Zell- und Immuntherapie Chemnitz-Dresden), das Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung (ZEGV) der Hochschulmedizin Dresden, das Institut für Medizinische Informatik und Biometrie (IBM) der TU Dresden, die AOK PLUS und der Verein zur Qualitätssicherung in der hämatologischen Diagnostik (QHD e.V.)
• Als Kooperationspartner beteiligen sich die Niedergelassenen Onkologen Sachsen (NIO), das Zukunftscluster SaxoCell, das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC), Patientenvertreterinnen und -vertreter des NCT/UCC, die Deutsche Leukämie- und Lymphomhilfe und das Freiburger Projekt SMILe ICM.
• Das Projekt wird mit 4,1 Millionen Euro aus dem Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) gefördert
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Mitglieder des Projektteams der Hochschulmedizin Dresden, v.l.n.r.: Dr. Katharina Egger-Heidrich, Dr. Jan Moritz Middeke, Gabriele Müller, Prof. Martin Bornhäuser.
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Nationales Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC)
Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC) ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden, der Medizinischen Fakultät der Technischen Universität Dresden und des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR).
Das NCT hat es sich zur Aufgabe gemacht, Forschung und Krankenversorgung so eng wie möglich zu verknüpfen. Damit können Krebspatienten an den NCT-Standorten auf dem jeweils neuesten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse behandelt werden. Gleichzeitig erhalten die Wissenschaftler durch die Nähe von Labor und Klinik wichtige Impulse für ihre praxisnahe Forschung. Gemeinsamer Anspruch der NCT-Standorte ist es, das NCT zu einem internationalen Spitzenzentrum der patientennahen Krebsforschung zu entwickeln. Das Dresdner Zentrum baut auf den Strukturen des Universitäts KrebsCentrums Dresden (UCC) auf, das 2003 als eines der ersten Comprehensive Cancer Center (CCC) in Deutschland gegründet wurde. Seit 2007 wurde das Dresdner Zentrum von der Deutschen Krebshilfe e.V. (DKH) kontinuierlich als „Onkologisches Spitzenzentrum“ ausgezeichnet.
Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ)
Das DKFZ ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1.300 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können.
Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, interessierte Bürger und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.
Gemeinsam mit Partnern aus den Universitätskliniken betreibt das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) an den Standorten Heidelberg und Dresden, in Heidelberg außerdem das Hopp-Kindertumorzentrum KiTZ. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums an den NCT- und den DKTK-Standorten ist ein wichtiger Beitrag, um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Krebspatienten zu verbessern.
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
Das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden bietet medizinische Betreuung auf höchstem Versorgungsniveau. Als Krankenhaus der Maximalversorgung deckt es das gesamte Spektrum der modernen Medizin ab. Das Universitätsklinikum vereint 26 Kliniken und Polikliniken, sechs Institute und 17 interdisziplinäre Zentren, die eng mit den klinischen und theoretischen Instituten der Medizinischen Fakultät zusammenarbeiten.
Mit 1.410 Betten und 201 Plätzen für die tagesklinische Behandlung von Patienten ist das Dresdner Uniklinikum das größte Krankenhaus der Stadt und zugleich das einzige Krankenhaus der Maximalversorgung in Ostsachsen. Rund 1.120 Ärzte decken das gesamte Spektrum der modernen Medizin ab. 2.250 Schwestern und Pfleger kümmern sich um das Wohl der Patienten. Wichtige Behandlungsschwerpunkte des Uniklinikums sind die Versorgung von Patienten, die an Krebs, an Stoffwechsel- und an neurodegenerativen Erkrankungen.
Deutschlands größter Krankenhausvergleich des Nachrichtenmagazins „Focus“ bescheinigt dem Universitätsklinikum Carl Gustav Dresden eine hervorragende Behandlungsqualität. Die Dresdner Hochschulmedizin belegt deshalb Platz fünf im deutschlandweiten Ranking.
Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden
Die Hochschulmedizin Dresden, bestehend aus der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus und dem gleichnamigen Universitätsklinikum, hat sich in der Forschung auf die Bereiche Onkologie, metabolische sowie neurologische und psychiatrische Erkrankungen spezialisiert. Bei diesen Schwerpunkten sind übergreifend die Themenkomplexe Degeneration und Regeneration, Imaging und Technologieentwicklung, Immunologie und Inflammation sowie Prävention und Versorgungsforschung von besonderem Interesse. Internationaler Austausch ist Voraussetzung für Spitzenforschung – die Hochschulmedizin Dresden lebt diesen Gedanken mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus 73 Nationen sowie zahlreichen Kooperationen mit Forschern und Teams in aller Welt.
Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR)
Das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) forscht auf den Gebieten Energie, Gesundheit und Materie. Folgende Fragestellungen stehen hierbei im Fokus:
• Wie nutzt man Energie und Ressourcen effizient, sicher und nachhaltig?
• Wie können Krebserkrankungen besser visualisiert, charakterisiert und wirksam behandelt werden?
• Wie verhalten sich Materie und Materialien unter dem Einfluss hoher Felder und in kleinsten Dimensionen?
Zur Beantwortung dieser wissenschaftlichen Fragen betreibt das HZDR große Infrastrukturen, die auch von externen Messgästen genutzt werden: Ionenstrahlzentrum, Hochfeld-Magnetlabor Dresden und ELBE-Zentrum für Hochleistungs-Strahlenquellen.
Das HZDR ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, hat fünf Standorte (Dresden, Freiberg, Grenoble, Leipzig, Schenefeld bei Hamburg) und beschäftigt knapp 1.200 Mitarbeiter – davon etwa 500 Wissenschaftler inklusive 170 Doktoranden.