Buntes Sterben im Hospiz
- Kunsttherapie-Forschungsarbeit an der HfWU zu Sterben und Tod bei bundesweitem Wissenschaftspreis ausgezeichnet -
NÜRTINGEN(hfwu). Meist düster und dunkel, aber an einem Ort auch überaus lebendig und farbenfroh. Sterben und Tod finden Gestalt in ganz unterschiedlichen Bildern. Dies ist ein Befund einer Forschungsarbeit von Sara Hiller an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU). Für ihre Grundlagenarbeit im Studiengang Kunsttherapie erhielt sie einen bundesweit ausgeschriebenen Nachwuchsforschungspreis.
Wie die eigene Urne gestalten, den Sarg bemalen? „Diese Frage stellte ich mir selbst“, sagt Sara Hiller. Sie führt zu den heute gegenwärtigen Bildern und Vorstellungen über Tod und Sterben. Die standen im Zentrum von Hillers Forschungsarbeit an der HfWU in Nürtingen. Rund 50 eingereichte Bilder zum Thema hat die 27-Jährige darin wissenschaftlich begutachtet. 50 Personen hatten ihr Bilder zum Thema zugesandt. „Wenige, wenn man bedenkt, dass ich mit dem Aufruf zur Teilnahme an der Aktion in verschiedenen Medien sicher etliche tausende Menschen erreicht habe“, findet die Kunsttherapeutin. Tod und Sterben bleiben auch in einer modernen Gesellschaft ein Tabu, so der Befund. Auch die Gestaltung der Bilder bestätigt das. Meist dunkel oder schwarz, verschlüsselt, mit religiösen Symbolen.
Und doch, manchmal ist es ganz anders. Zum Beispiel im Hospiz. Auch dorthin hatte die Bachelor-Studentin ihr Forschungsvorhaben geführt. Hier drückten die Menschen ihre Gedanken und Gefühle zum allerletzten Lebensabschnitt oft mit Regenbogen und Wasser, überhaupt sehr lebendig und farbenfroh aus. „Der Blick auf Sterben und Tod ändert sich, wenn man selbst näher dran ist und sich den eigenen Ängsten stellt“, ist Hiller überzeugt.
Die Bachelorarbeit ist an der HfWU im Rahmen des Studiengangs Kunsttherapie entstanden. Hiller betrat damit Neuland. In Sachen Forschung hat sich das Fach bisher kaum mit diesem Thema befasst. So wirft ein Teil der Arbeit einen Blick in die Geschichte und zeigt die verschiedenen Ausdrucksformen von Sterben und Tod von der Antike über die Renaissance bis zur Neuzeit. Wissenschaftlich ging es der Autorin darum, einen Beitrag zur ästhetischen Forschung zu leisten. Darüber hinaus aber auch die Transfermöglichkeiten dieser Erkenntnisse in die Praxis aufzuzeigen.
„Bei den eingereichten Arbeiten hat mir der eigene Blick gefehlt“, sagt Hiller. Gerade der sei bei den Besuchen im Hospiz zum Vorschein gekommen. „Es war eine schöne Erfahrung mit den Menschen dort in Kontakt zu kommen“, berichtet sie. Die Menschen hätten ein Gesprächsbedürfnis und empfänden es als wohltuend, sich zu dem sonst tabuisierten Thema austauschen zu können.
Die Wissenschaftliche Fachgesellschaft für Künstlerische Therapien (WFKT) vergibt zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses jährlich verschiedene Preise. Hiller erhielt die Auszeichnung für die beste Bachelorarbeit. Preiswürdig war offenbar neben der wissenschaftlichen Qualität der weite Spannungsbogen, der der Forscherin gelingt – sie schlägt eine Brücke zwischen der ästhetischen Grundlagenforschung in der Kunsttherapie und der Feldforschung in Alltag und Hospiz.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Professorin Eva Meschede