Alfred Döblin-Medaille 2023 für Ralph Tharayil
Ralph Tharayil wird für ›Nimm die Alpen weg‹ und seine bisherigen literarischen Arbeiten mit der Alfred Döblin-Medaille der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz ausgezeichnet.
»In dem stark rhythmisierten Text seines Debüts wird eine Sprache der Differenz untersucht, in der ungewöhnliche Wendungen und Bilder eine poetische Kraft entfalten«, so die Begründung der Jury: »Zwei Paare stehen sich gegenüber: Die Eltern, wie Hindu-Götter vierarmig umschlungen, sprechen die Sprache eines Landes, das den Krieg von allen Seiten kennt. Daneben ein ebenso eng verbundenes Geschwisterpaar, das ihre Sprache nicht mehr versteht. Die fremde Schrift bleibt ein Rätsel, sie ist das Geheimnis der Eltern. Zwischen den Generationen steht eine Sprache der Lügen, eine Sprache der Entschuldigungen, eine der mühsamen Anpassung, die der Mutter besser gelingt als dem sozial deklassierten Vater. Jede Benennung übt Macht aus.«
Die Jury zeichnet Ralph Tharayil für sein »außerordentliches Sprachbewusstsein aus, das die sozialen Konflikte der Familie in einer fein austarierten Schwebe belässt«.
Ralph Tharayil wurde 1986 als Sohn südindischer Eltern in der Schweiz geboren. Er studierte Geschichte, Medien- und Literaturwissenschaft in Basel und arbeitete in dieser Zeit als Journalist, Autor, Performer und Musiker, später als Texter. Er schreibt Texte für Audiostücke und Performances sowie Lyrik und Prosa, für die er mehrfach ausgezeichnet wurde, u.a. mit dem Preis für Prosa beim 25. open mike. Für das Debütroman-Projekt ›Nimm die Alpen weg‹ wurde er zur Autor:innenwerkstatt des LCB eingeladen und erhielt das Alfred-Döblin-Stipendium. Ralph Tharayil lebt in Berlin.
›Nimm die Alpen weg‹ erscheint im Februar im Verlag Voland & Quist / Edition Azur.
Die Preisverleihung findet am 12. April 2023 in der Akademie statt. Sie ist öffentlich, Presse und Interessierte sind herzlich eingeladen. Die Laudatio auf Ralph Tharayil hält Julia Franck.
Bisherige Preisträger: 2015 Martin Kordič, 2016 Matthias Nawrat, 2017 Roman Ehrlich, 2018 Julia Weber, 2019 Theresia Enzensberger, 2020 Cemile Sahin, 2021 Semra Ertan · Karosh Taha, 2022 Fabian Saul
Mit der Alfred Döblin-Medaille würdigt die Akademie Autoren und Autorinnen für deren erste vielversprechende Veröffentlichungen und Arbeiten. Der Preis ist mit 5.000,- € dotiert. Zur Auszeichnung gehört das ›Vigoni-Döblin-Fellowship‹: ein bis zu vierwöchiger Aufenthalt in der ›Villa Vigoni‹, dem Deutsch-Italienischen Zentrum für Europäische Exzellenz am Comer See, der für eine Schreibphase genutzt und mit einer Lesung verbunden werden kann.
Mit der Auszeichnung wird an einen der Mitbegründer der Akademie der Wissenschaften und der Literatur erinnert – an Alfred Döblin, dem die Akademie 1949 die Einrichtung einer Klasse der Literatur zu verdanken hat.