Mandel-Operationen: Große Unterschiede zwischen Kliniken bei erneuten Eingriffen wegen Nachblutungen
Bei Mandeloperationen gibt es je nach Klinik große Unterschiede bei der Häufigkeit von Blutungen und weiteren Komplikationen, die nach dem Eingriff auftreten können. Laut einer bundesweiten Auswertung auf Basis des Verfahrens zur „Qualitätssicherung mit Routinedaten“ (QSR) des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) kommen Eingriffe wegen Nachblutungen innerhalb von 30 Tagen nach der Mandeloperation in der Gruppe der Kliniken, die bei der Auswertung am schlechtesten abschneiden, etwa drei Mal häufiger vor als in den Kliniken mit den besten Ergebnissen. Neben den Ergebnissen zur Behandlungsqualität sind erstmals auch Daten zur Indikationsqualität ausgewertet worden.
Die klinikbezogene Auswertung WIdO auf Basis der bundesweiten Abrechnungsdaten von behandelten AOK-Versicherten zeigt bei den erneuten Eingriffen zur Blutstillung wegen Nachblutungen binnen 30 Tagen nach der Operation ein Spektrum von bis zu 2,3 Prozent im Viertel der Kliniken mit den besten Ergebnissen und mindestens 6,8 Prozent im Viertel der am schlechtesten abschneidenden Krankenhäuser. Der Durchschnittswert für erneute OPs wegen Nachblutungen liegt bei 5,0 Prozent. Auch bei Störungen der Stimme, des Schluckens oder des Geschmacks innerhalb eines Jahres nach dem Eingriff gibt es deutliche Unterschiede: In den besten Kliniken waren keine solchen Komplikationen zu verzeichnen, im Viertel der schlechtesten lag die Rate der ärztlich dokumentierten Komplikationen innerhalb eines Jahres bei mindestens 2,3 Prozent. Beim Gesamtergebnis, das neben den spezifischen Komplikationen auch Ereignisse ohne direkten Bezug zum Operationsgebiet wie beispielsweise Thrombosen berücksichtigt, zeigt sich in Bezug auf die Komplikationsraten ein Spektrum von bis zu 3,7 Prozent in den besten und mindestens 9,7 Prozent in den schlechtesten Krankenhaus-Abteilungen.
In die QSR-Auswertung, deren Ergebnisse im Gesundheitsnavigator der AOK abrufbar sind, sind die Ergebnisse von mehr als 47.000 AOK-Fällen aus 352 Kliniken eingeflossen, die in den Jahren 2018 bis 2020 mindestens 30 Mandeloperationen bei AOK-versicherten Kindern oder Erwachsenen durchgeführt haben. Die einzelnen Indikatoren werden im Navigator zu einer klinikbezogenen Gesamtbewertung zusammengefasst: Die 20 Prozent der Kliniken, die am schlechtesten abschneiden, erhalten einen „AOK-Lebensbaum“, die 60 Prozent durchschnittlich abschneidenden Kliniken zwei, die 20 Prozent besten Kliniken drei „AOK-Lebensbäume“.
Im Verfahren zur „Qualitätssicherung mit Routinedaten“ des WIdO werden Unterschiede bezüglich Alter, Geschlecht und Vorerkrankungen der Patientinnen und Patienten berücksichtigt, um einen fairen Vergleich zwischen den einzelnen Kliniken zu garantieren. Bei der Ausgestaltung der sogenannten Risikoadjustierung wird das WIdO von Expertinnen und Experten aus der klinischen Praxis beraten.
Erstmals klinikbezogene Informationen zur Indikationsqualität
Eine stationäre Mandeloperation kann notwendig werden, wenn die Mandeln häufig oder anhaltend entzündet sind oder durch ihre Größe die Atemwege einengen. Bei Bedarf wird die teilweise oder vollständige Entfernung der Gaumenmandeln (Tonsillotomie oder Tonsillektomie) auch mit der Entfernung der Rachenmandel (Adenotomie) verbunden. Laut ärztlichen Leitlinien ist die Operation zur Entfernung der Mandeln wegen einer Entzündung aber in der Regel erst angezeigt, wenn die Betroffenen zuvor mehrfach wegen bakterieller Mandelentzündungen behandelt worden sind. Diese Vorgabe wird jedoch nicht immer eingehalten. Daher hat das WIdO auch den Anteil der Patientinnen und Patienten in der jeweiligen Klinik ausgewertet, bei denen die Entscheidung zur Operation den Leitlinien-Vorgaben nicht widerspricht. Für diese Auswertung zur Indikationsqualität werden auch die Abrechnungsdaten aus der ambulanten Versorgung herangezogen. Bei den AOK-Versicherten mit einer Mandeloperation wegen häufiger oder dauernder Entzündung wird in den anonymisierten Daten überprüft, ob sie im Jahr vor der OP in mindestens zwei Quartalen wegen Halsschmerzen in ärztlicher Behandlung waren. Auch bei der Indikationsqualität zeigen sich im Ergebnis deutliche Unterschiede zwischen den besten und den schlechtesten Kliniken. So lag der Anteil der Patientinnen und Patienten, bei denen im Jahr vor der OP nicht in mindestens zwei Quartalen eine Halsschmerz-Diagnose dokumentiert worden ist, im schlechtesten Viertel der Kliniken bei 26,4 Prozent oder höher. Im besten Viertel der Kliniken war der Anteil mit bis zu 14,4 Prozent nur etwa halb so hoch
QSR-Informationen zu insgesamt 13 Operationen und Behandlungen
Informationen zur Behandlungsqualität aus dem QSR-Verfahren gibt es neben den Mandeloperationen aktuell zu zwölf weiteren Operationen und Behandlungen: Knieprothesenwechsel, Einsatz eines künstlichen Knie- oder Hüftgelenkes bei Arthrose, Operation nach hüftgelenksnahen Oberschenkelbruch, Hüftprothesenwechsel, Gallenblasenentfernung bei Gallensteinen, Blinddarmentfernung, Leistenbruch-OP, Operation bei gutartiger Prostatavergrößerung und zur Prostataentfernung bei Prostatakrebs, therapeutische Herzkatheter (PCI) bei Patienten ohne Herzinfarkt sowie kathetergestützte Aortenklappen-Implantationen (TAVI). Die Ergebnisse der Auswertungen werden angezeigt, wenn Nutzerinnen und Nutzer des AOK-Gesundheitsnavigators nach Informationen zu einer der genannten Behandlungen suchen.
Weitere Informationen:
http://Nähere Informationen zum Verfahren der Qualitätssicherung mit Routinedaten (QSR): www.qualitaetssicherung-mit-routinedaten.de