Geschlechtsspezifische Antwort auf verminderte Insulinaktivität
Studie an Mäusen zeigt verbesserte Gesundheit im Alter nur bei Männchen
Insulin ist nicht nur ein Regulator des Blutzuckerspiegels, sondern hat auch Einfluss auf die Lebenserwartung. Wird der Insulin-Signalweg gehemmt, leben Tiere länger. Doch welches Gewebe ist dafür entscheidend? Und reagieren Männchen und Weibchen auf die gleiche Weise? Forschende des Max-Planck-Instituts für Biologie des Alterns in Köln haben den Insulin-Signalweg in verschiedenen Geweben von männlichen und weiblichen Mäusen gezielt heruntergefahren. Ihre Studie zeigt, dass die Lebenserwartung der Mäuse nur dann steigt, wenn der Insulin-Signalweg im gesamten Körper gehemmt wird. Bei männlichen Mäusen reichte jedoch die Unterdrückung im Gehirn aus, um die Gesundheit der Tiere im Alter zu verbessern.
Der Insulin-Signalweg ist einer der zentralen Stoffwechselwege, der in vielen Tiermodellen nachweislich die Lebensspanne beeinflusst und wahrscheinlich auch beim Menschen für ein gesundes Altern wichtig ist. "Wir wollten wissen, welches Organ für den beobachteten Effekt auf die Lebensspanne bei Mäusen verantwortlich ist und ob dieser geschlechtsspezifisch ist", erklärt Maarouf Baghdadi, Erstautor der Studie. In einem umfassenden Ansatz nahm er jedes Stoffwechselorgan (Leber, Muskel, Fett und Gehirn) ins Visier, indem er das Gen IRS1 im Signalweg speziell in dem jeweiligen Organ der Mäuse ausschaltete und so den Signalweg hemmte.
Die Forschenden fanden heraus, dass kein gewebespezifischer Knock-out ausreicht, um die Lebensspanne bei Männchen oder Weibchen zu verlängern. "Dieses Ergebnis war für uns überraschend, da zuvor gezeigt wurde, dass eine gewebespezifische Hemmung des Insulin-Signalwegs bei Würmern und Fliegen ausreicht", sagt Baghdadi. Die Forschenden spekulieren, dass der Grund für diese Beobachtung darin liegen könnte, dass andere Varianten des Gens, die bei Säugetieren vorkommen, die Aufgabe von IRS1 übernehmen und so dessen Verlust kompensieren könnten.
Knock-out im Gehirn verbessert die Gesundheit alter männlicher Mäuse
Als die Forschenden jedoch den Gesundheitszustand der Tiere mit zunehmendem Alter untersuchten, stellten sie einen signifikanten Unterschied fest. Bei männlichen Mäusen beobachteten sie nach einem spezifischen Knock-out im Gehirn einen Anstieg der Aktivität und des Energieverbrauchs bei alten Tieren. Bei ihrer Suche nach der Ursache entdeckten sie ein erhöhtes Stresssignal im Gehirn der Mäuse. "Eine leichte Erhöhung des Stresses kann zu einer verbesserten Funktion der Zellen führen. Das ist wie beim Muskeltraining. Ständiges, aber moderates Training hält die Zellen fit. Das könnte eine Erklärung für die bessere Gesundheit sein", sagt Baghdadi.
Die Studie eröffnet neue Möglichkeiten zur Verbesserung der Gesundheit im Alter. Sie zeigt aber auch, dass Therapeutika geschlechtsspezifisch eingesetzt werden sollten. "Dies ist eine unerwartete Folge der verminderten Insulinsignalisierung im Gehirn und unterstreicht, dass sich die Wege zum gesunden Altern zwischen Männern und Frauen unterscheiden", ergänzt Linda Partridge, Direktorin am Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns, die die Studie leitete.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Dr. Maarouf Baghdadi, mbaghdadi@age.mpg.de
Originalpublikation:
Maarouf Baghdadi, Tobias Nespital, Andrea Mesaros, Sandra Buschbaum, Dominic J. Withers, Sebastian Grönke, Linda Partridge
Reduced insulin signalling in neurons induces sex-specific health benefits
Science Advances, 22. Februar 2023
Weitere Informationen:
http://FAQ zum Thema Altern:
https://www.age.mpg.de/de/gesund-alt-werden/faq