Neue Modelle simulieren präzise das Verhalten von Meereis
Mathematikerin der Uni Magdeburg prüft neuen Ansatz auf Expedition zum Nordpol.
Die Mathematikerin Dr. Carolin Mehlmann von der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg entwickelt ein neues numerisches Modell, das die präzise Bewegung und Größe von Meereis an den beiden Erdpolen verlässlicher simulieren und vorhersagen wird. Auf einer Expedition zum Nordpol wird sie im August die Gültigkeit ihres neuen Berechnungsansatzes überprüfen.
Mit dem neuen Meereismodell wird es künftig möglich sein, die Größe und Dicke einzelner Eisschollen und deren Bewegungsrichtung detaillierter zu analysieren und damit eine präzisere Vorhersage über deren Verhalten zu treffen. „Ich beschäftige mich damit, wie das Eis treibt und was passiert, wenn Kräfte auf einzelne Schollen wirken, beispielsweise wenn Wind bläst. Diesen Zusammenhang möchte ich in einer Gleichung abbilden“, erklärt die Mathematikerin.
Bisherige Klimamodelle könnten nur beschreiben, wie sich Eisschollen im Mittel verhalten. Hierfür werden statistische Durchschnittswerte über eine große Anzahl von Schollen verwendet, so die Mathematikerin. „Durch den Klimawandel ist das Eis an den Polen viel loser, deswegen ist die Annahme, eine hinreichend große Anzahl von Eisschollen vorzufinden, nicht mehr überall gegeben. In den Gebieten, in denen man nicht mehr genug Eisschollen vorfindet, ist daher die Gleichung, die die gemittelte Schollenbewegung abbildet, nicht mehr richtig.“ Die Wissenschaftlerin erweiterte diese bisherigen Modelle und setzte bei ihrem Modell Partikel ein, die sich bewegen und miteinander interagieren. „Diese Partikel stehen für kleine Eisschollen. Ich modelliere also nicht mehr, wie sich alles im Großen und Ganzen im Mittel verhält, sondern wirklich die einzelnen Schollen.“
Das Modell sei vor allem spannend, um die sogenannte marginale Eiszone, die Grenzzone zwischen festem Eis an den Polen und dem offenen Ozean, abzubilden, in der sich viele kleine interagierende Schollen befänden, so Mehlmann weiter. „Diese Zone wird momentan in existierenden Klimamodellen vernachlässigt, da es keine Methoden gibt, um diese explizit darzustellen. Durch den Klimawandel wird diese Zone jedoch immer größer. Mit dem neuen Modell ist eine Abbildung nun möglich“, erklärt die Wissenschaftlerin.
Auf der anderen Seite gebe es auch Phänomene an den Polen, die man bis heute nicht erklären kann, so Mehlmann weiter. „Auf der Südhalbkugel zum Beispiel gab es einige Jahre, da hat das Eis zugenommen, obwohl die gängigen Modelle eine Abnahme vorausgesagt haben. Mein Modell könnte ein besseres Verständnis dieses Verhaltens liefern.“
Um ihre Annahmen und Berechnungen über das Meereis zu kontrollieren, wird Dr. Mehlmann im August bei einer Expedition zum Nordpol mit einem Forschungsschiff teilnehmen und dort Daten erheben. „Wichtig ist, dass mein theoretisches Modell dann genau das abbildet, was ich auch während der Expedition sehe. Ich habe also die Möglichkeit, direkt vor Ort das Modell zu kalibrieren und es abzugleichen.“
Für ihre außergewöhnliche Leistungen in der Forschung wurde Dr. Carolin Mehlmann mit dem Karin-Witte-Frauenförderpreis ausgezeichnet. Der mit 5.000 Euro dotierte Preis wird nach dem Willen der Stifterin, Karin Witte, an besonders begabte Wissenschaftlerinnen aus dem Bereich der Naturwissenschaften vergeben.
Das Forschungsvorhaben „Ein hybrides Meereismodell zur Messung des Einflusses der Kopplung von Meereis-Ozean-Atmosphäre auf der Skala von Meereisschollen auf die antarktische Meereisverteilung“ wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft DFG mit 300.000 Euro für drei Jahre gefördert.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Dr. Carolin Mehlmann, Fakultät für Mathematik, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Tel.: 0391-67-52027, E-Mail: carolin.mehlmann@ovgu.de