Oberflächenaktivierung von Polymeren mithilfe einer neuen Mikrowellen-Atmosphärendruck-Plasmaquelle
Nichtthermische atmosphärische Plasmen eignen sich hervorragend zur Vorbehandlung von thermoplastischen Werkstoffen, um die Verklebbarkeit, Bedruckbarkeit oder Lackierbarkeit zu verbessern. Wesentliches Ziel ist dabei, die Oberflächenenergie zu erhöhen, um die aktivierte Bauteiloberfläche besser haftfähig zu machen.
Kompakte neue Plasmaquelle
Das Ferdinand-Braun-Institut gGmbH, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH) hat eine kompakte Plasmaquelle mit Mikrowellenanregung neu entwickelt. Inzwischen wurde untersucht, inwieweit sie sich zur Vorbehandlung von Kunststoffoberflächen eignet. Die Ergebnisse dieser Arbeiten, die zusammen mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern von INNOVENT e.V. erzielt wurden, sind nun in einer Studie veröffentlicht worden [1]. Bei dem neuen Gerät handelt es sich um eine hochintegrierte atmosphärische Niedertemperatur-Plasmaquelle, die einen Mikrowellen-Leistungsoszillator, einen Resonator, der das Plasma anregt, und die notwendige Steuerschaltung umfasst. Alle Komponenten sind in einem einzigen, miniaturisierten Gehäuse untergebracht. Als Arbeitsgas wird Luft verwendet.
Charakterisierung der Quelle und des Plasmas
Die Gasentladung der Plasmaquelle wurde mittels optischer Emissionsspektroskopie (OES) untersucht. Mit Blick auf die im Plasmajets angeregten Spezies wurden Emissionen von Stickstoffmonoxid (NO), Stickstoffmolekülen (N2), einfach ioniserten Stickstoffmolekülen (N2+) und von atomarem Sauerstoff (O) nachgewiesen. Die OES-Messungen wurden durch Abgasuntersuchungen ergänzt, bei denen entsprechende Ozon-, Stickstoffmonoxid- und Stickstoffdioxid-Messsensoren verwendet wurden. Die Gastemperaturen direkt am Ausgang der Plasmaquelle lagen bei etwa 200 °C, in einem realistischen Arbeitsabstand von rund 8 mm wurde eine Temperatur bei unter 100 °C gemessen. Unter praxisrelevanten Einsatzbedingungen wird die Plasmaquelle dynamisch über die zu funktionalisierende Oberfläche hinweg geführt. Hier lagen die Temperaturen zwischen 50 und 70 °C, je nach Abstand zur Probe und Verfahrgeschwindigkeit.
Deutlich gesteigerte Lackhaftung
Die kompakte Plasmaquelle wurde zur Vorbehandlung von unterschiedlichen Polymerwerkstoffen eingesetzt. Dazu zählten etwa Polypropylen PP, Polyamid PA6, Polyethylen LDPE und HDPE, Polycarbonat PC und Polymethylmethacrylat PMMA. Dabei erhöhte sich insbesondere der polare Anteil der Oberflächenenergie signifikant, auch die Haftfestigkeit von nachfolgend auf die aktivierten Oberflächen aufgebrachten Polyurethan-Lackierungen stieg deutlich. Die Adhäsionsfestigkeiten der Lackierungen, die mittels Stirnabzugstests bestimmt worden waren, überstiegen die Ausgangswerte, die für die nicht plasmabehandelten Proben gemessen wurden, um das bis zu Zehnfache. Als weitere Analysemethoden wurden an den vorbehandelten Bauteiloberflächen Rasterkraftmikroskopie- und Photoelektronenspektroskopie-Messungen eingesetzt.
Autor: Dr. A. Pfuch
Über INNOVENT
Die Industrieforschungseinrichtung INNOVENT e.V. analysiert, forscht und entwickelt seit über 25 Jahren in den Bereichen Oberflächentechnik, Primer und chemische Oberflächen, Magnetisch-Optische Systeme, Biomaterialen und Analytik. Das Institut aus Jena beschäftigt etwa 130 Mitarbeiter, leitet verschiedene Netzwerke und führt bundesweit Fachtagungen durch. INNOVENT ist Gründungsmitglied der Deutschen Industrieforschungsgemeinschaft Konrad Zuse.
www.innovent-jena.de
Über das Ferdinand-Braun-Institut
Das Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH) ist eine anwendungsorientierte Forschungseinrichtung auf den Gebieten der Hochfrequenzelektronik, Photonik und Quantenphysik. Es erforscht elektronische und optische Komponenten, Module und Systeme auf der Basis von Verbindungshalbleitern. Diese sind Schlüsselbausteine für Innovationen in den gesellschaftlichen Bedarfsfeldern Kommunikation, Energie, Gesundheit und Mobilität. Die enge Zusammenarbeit des FBH mit Industriepartnern und Forschungseinrichtungen garantiert die schnelle Umsetzung der Ergebnisse in praktische Anwendungen. Das Institut beschäftigt 370 Personen und hat einen Umsatz von etwa 45 Millionen Euro. Es ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft und Teil der »Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland«.
www.fbh-berlin.de
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
INNOVENT e. V. Technologienentwicklung Jena
Dr. Sebastian Spange / Dr. Sven Gerullis
Prüssingstraße 27B
07745 Jena
E-Mail: ss2@innovent-jena.de / sg@innovent-jena.de
Originalpublikation:
[1] V. Faldu, O. Beier, A. Pfuch, K. Horn, J. Zender, D. Wolf, T. Filler, W. Heinrich, U. Winterwerber, N. Lobo Ploch; „Polymer surface functionalization using a new µ-wave driven atmospheric pressure plasma-jet device“ Zeitschrift Kunststofftechnik / Journal of Plastics Technology 19 (2023) 2, p. 52
[2] https://www.fbh-berlin.de/forschung/forschungsnews/compact-atmospheric-pressure-u-wave-plasma-source-for-improved-adhesion-properties