Unliebsame Arbeiten besser am Stück erledigen
Nicht alle Aufgaben, die täglich zu erledigen sind, machen Spaß – manche sind einfach nur anstrengend. Sollte daher an Tagen mit hoher Arbeitsbelastung lieber die ein oder andere angenehmere Aufgabe eingeschoben werden? Würde das die Motivation an Tagen mit hoher Arbeitsbelastung steigern? Eine wissenschaftliche Studie kommt zum gegenteiligen Ergebnis: Unangenehme Aufgaben sollten an anstrengenden Arbeitstagen am Stück erledigt werden, weil sonst die Erschöpfung nur noch stärker zunimmt.
Es gibt Aufgaben im Arbeitsalltag, die frustrierend und anstrengend sind. Andere machen Freude und gehen leicht von der Hand. Natürlich möchten wir alle uns tagtäglich am liebsten nur mit angenehmen Aufgaben beschäftigen, und aus psychologischer Sicht wäre das sogar ratsam. Aber im Arbeitsalltag ist das leider nicht durchgängig möglich. Also müssen wir regelmäßig auch Aufgaben angehen, die uns ein hohes Maß an Selbstkontrolle abverlangen. Wir müssen uns dazu überwinden und sollen dabei auch noch freundlich und professionell wirken. Das strengt an. Ist es da nicht sinnvoll, zwischendurch eine angenehme Aufgabe einzustreuen, die uns keine große Mühe bereitet? Vielleicht können wir uns danach mit frischem Schwung wieder der unliebsamen Aufgabe widmen.
Eine gemeinsame Studie der WHU – Otto Beisheim School of Management, der Trinity Business School in Dublin und der Schumpeter School of Business and Economics in Wuppertal kommt zu einem anderen Ergebnis. „An Tagen mit hoher Arbeitsbelastung macht es keinen Sinn, sehr unangenehme Aufgaben und sehr angenehmen Aufgaben abzuwechseln, weil dann der Kontrast zwischen den Aufgaben besonders deutlich wird“, erklärt Prof. Dr. Fabiola Gerpott, Co-Autorin der Studie und Inhaberin des Lehrstuhls für Personalführung an der WHU. Die Studienautor:innen haben herausgefunden, dass nicht nur die absoluten Arbeitsanforderungen einen Effekt auf die Ermüdung bei der Arbeit haben, sondern eben auch, wie man diese an einem Tag mit hohen Anforderungen verteilt. Hier ist es besser, nur einmal den inneren Widerstand zu Beginn einer unangenehmen Arbeitsaufgabe überwinden zu müssen und dann dabei zu bleiben, statt eine hohe Variabilität einzubauen. Denn auch wenn es anstrenged ist, den inneren Widerstand dafür zu überwinden, ist die Erschöpfung am Ende des Tages überproportional höher, wenn ständig zwischen sehr anstrengenden und sehr leichten Aufgaben gewechselt wird.
Darüber hinaus zeigen die Studienergebnisse, dass eine solch überproportionale Erschöpfung, die über die durchschnittliche Erschöpfung eines Tages mit unangenehmen Aufgaben hinausgeht, auch Konsequenzen für den folgenden Tag hat. Ist ein Arbeitnehmer abends besonders erschöpft, setzt auch die Regenerationsphase auf einem niedrigeren Niveau ein. Er kann seine inneren Ressourcen bis zum folgenden Arbeitstag nicht wieder vollständig aufladen und geht dementsprechend mit geringerem Engagement zu Werke. Ganz besonders gefährdet sind Menschen, die dem Burnout nahe sind, weil sie chronisch an großer emotionaler Erschöpfung leiden und generell mehr Energie aufbringen müssen, um Selbstkontrolle am Arbeitsplatz ausüben zu können. Für sie ist der Wechsel von unangenehmen und angenehmen Tätigkeiten besonders erschöpfend und sie benötigen intensivere Regenerationsphasen nach einem solchen Arbeitstag, um am nächsten Tag wieder leistungsfähig zu sein.
Die Autor:innen der Studie zeigen jedoch auch Wege auf, wie eine zu starke Erschöpfung an Tagen, an denen hohe Selbstkontrolle gefordert ist, minimiert werden kann: Arbeitsabläufe und -routinen können so organisiert werden, dass sie generell weniger Stress verursachen und unangenehme Aufgaben nicht unterbrochen werden müssen. Wichtig seien darüber hinaus klare Zuständigkeiten und weniger Zeitdruck. Außerdem können sportliche Aktivitäten, eine höhere Achtsamkeit und guter Schlaf die emotionale Erschöpfung reduzieren.
Möchten Sie ein Interview mit Prof. Dr. Fabiola Gerpott zu diesem Thema führen, wenden Sie sich bitte an presse@whu.edu.
Informationen zu den Personen
Prof. Dr. Fabiola H. Gerpott
Fabiola H. Gerpott ist Expertin für Leadership, Diversitätsmanagement und organisationales Verhalten an der WHU – Otto Beisheim School of Management und Inhaberin des Lehrstuhls für Personalführung. Sie engagiert sich dafür, dass Vielfalt von Führungskräften und Mitarbeitern in Organisationen mehr Wertschätzung erfährt. Dabei gilt ihr besonderer Fokus der Alters- sowie Geschlechtervielfalt in Führungspositionen.
Associate Professor Dr. Wladislaw Rivkin
Wladislaw Rivkin ist Assoicate Professor an der Trinity Business School, Dublin.
Prof. Dr. Stefan Diestel
Stefan Diestel ist Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Schumpeter School of Business and Economics der Universität Wuppertal.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Prof. Dr. Fabiola Gerpott: fabiola.gerpott@whu.edu
Originalpublikation:
Gerpott F. H./Rivkin, W./Diestel, S. (2023): Keep it steady? Not only average self-control demands matter for employees’ work engagement, but also
variability, in: Work & Stress, DOI: 10.1080/02678373.2023.2180784