Ostmitteleuropa und seine Sündenböcke
Leipzig. Die traditionelle Jahresvorlesung des Leibniz-Instituts für Geschichte und Kultur des östlichen Europa (GWZO) widmet sich am 3. April dem Phänomen der gesellschaftlichen Projektion von Verantwortung auf bestimmte Personen oder Gruppen: Sündenböcke. Schwerpunkt der Betrachtung bildet dabei das östliche Europa, insbesondere Ungarn im 20. und 21. Jahrhundert. Festredner des Abends ist der renommierte ungarische Historiker Prof. Dr. Attila Pók.
Schuld sind immer die Anderen. Der „Sündenbock“ ist uralt und biblisch. Unter dem Titel „Alte und neue „Sündenböcke“ im östlichen Europa: Perspektiven auf Ungarn und darüber hinaus“ geht der Festvortrag unserer diesjährigen Oskar-Halecki-Vorlesung der Frage nach, wie im östlichen Europa Schuldzuweisung als Strategie und Mittel eingesetzt wird, um die Verantwortung für eigene Fehler und die sich daraus ergebenden Konsequenzen auf Andere zu übertragen. Wozu dienen Sündenböcke im modernen politischen Denken? Und können Sie gar konstruktiv sein? | Das vollständige Programm: https://kurzelinks.de/43c5
Festredner Prof. Dr. Attila Pók bringt sich seit Jahrzehnten in die internationale Geschichtswissenschaft vor allem mit Studien zur Geschichte des modernen Nationalismus sowie zur Historiographiegeschichte im 19. und 20. Jahrhundert ein. Bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2018 war er am Institut für Geschichte der Ungarischen Akademie der Wissenschaften tätig – zuletzt als Stellvertretender Direktor und Mitglied des Akademiepräsidiums. Pók ist Vorsitzender des Academic Council im European Network Remembrance and Solidarity und war 2007-15 Generalsekretär der Hungarian Historical Society, seitdem ist er Vize-Präsident. Zwischen 1999 und 2013 wirkte er zudem regelmäßig als Gastprofessor für Geschichte an der Columbia University in New York City.
Dem GWZO ist Attila Pók seit 2015 durch seine Mitgliedschaft im Wissenschaftlichen Beirat verbunden. Als dessen Vorsitzender hat er den Aufnahmeprozess des Instituts in die Leibniz-Gemeinschaft (2017), dessen darauffolgende Strukturanpassung und forschungsprogrammatische Neuausrichtung sowie die erfolgreiche erste Evaluierung des GWZO als Leibniz-Einrichtung im April 2022 begleitet. Nach zwei Amtszeiten scheidet er nun aus diesem Gremium aus. Mit der estnischen Kunsthistorikerin Prof. Dr. Krista Kodres und dem ungarischen Archäologen Prof. Dr. Tivadar Vida werden im Rahmen der GWZO-Jahresvorlesung zudem zwei weitere langjährige Mitglieder unseres Wissenschaftlichen Beirates mit Verdiensten für das Institut festlich verabschiedet.
Oskar-Halecki-Vorlesung
Zur jährlichen Oskar-Halecki-Vorlesung lädt das GWZO führende Forschende, aber auch Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens aus dem In- und Ausland ein, die zu einem mit der Untersuchungsregion und dem Forschungsspektrum des Instituts verbundenen aktuellen Thema referieren. Die Festvorträge werden anschließend publiziert und im Open Access der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Prominente Referent*innen waren etwa der ehemalige Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher, die Schriftstellerin und Historikerin Dr. Olesya Khromeychuk und der führende Repräsentant der Solidarność-Bewegung in Polen Karol Modzelewski. | https://kurzelinks.de/vdls
Das GWZO
Das Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur des östlichen Europa (GWZO) erforscht historische und kulturelle Entwicklungsprozesse in der Region zwischen Ostsee, Schwarzem Meer und Adria. Grundlegend für das GWZO sind der breite zeitliche Rahmen seiner epochenübergreifenden Forschungen, der am Übergang von der Spätantike zum frühen Mittelalter ansetzt und bis in die Gegenwart reicht, sowie die ausgeprägte Interdisziplinarität. In der Grundlagenforschung des GWZO werden Methoden und Konzepte aus den Disziplinen und Fächern der Archäologie, Mediävistik, Literaturwissenschaft, der Osteuropastudien, der Geschichtswissenschaft, der Kunstgeschichte und Architekturgeschichte als auch der interdisziplinären Kulturwissenschaften miteinander verknüpft. Es kommen zudem naturwissenschaftliche Ansätze zum Tragen. Sein konstant breites Fächerspektrum bildet ein Alleinstellungsmerkmal des GWZO, nicht nur im Hinblick auf Deutschland, sondern auch im weltweiten internationalen Vergleich. Es trägt universitätskomplementär damit zu einem elaborierten Verständnis der historischen und heutigen Entwicklungen in den Staaten, Gesellschaften und Kulturen des östlichen Europas bei. Das Institut ist eng mit der Universität Leipzig verbunden. Es gibt gemeinsame Berufungen und eine enge Zusammenarbeit in Forschung, Lehre und Karriereausbildung. Vielfältige Kooperationsbeziehungen bestehen ebenfalls mit zahlreichen wissenschaftlichen Einrichtungen im östlichen Europa. | https://www.leibniz-gwzo.de
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Prof. Dr. Maren Röger
Tel. + 49 341 97 35 560
maren.roeger@leibniz-gwzo.de
Weitere Informationen:
https://www.leibniz-gwzo.de/de/transfer/oskar-halecki-vorlesung