Mehr Sicherheit für Radfahrende in beengten Straßenverhältnissen
Der Radverkehr ist ein wichtiger Baustein für die Erreichung der nationalen und europäischen Klimaziele. Darum forcieren Deutschland, Österreich und die Schweiz den zügigen Ausbau des Radwegenetzes. In beengten Straßenverhältnissen wird eine sichere Radverkehrsführung jedoch zur Herausforderung. Ein länderübergreifendes Konsortium unter der Leitung der Salzburg Research Forschungsgesellschaft untersucht neben der objektiven Sicherheit auch das subjektive Sicherheitsempfinden und erarbeitet nun evidenzbasierte Empfehlungen für die zukünftige Planung von Radfahrinfrastruktur bei Engstellen.
In beengten Straßenverhältnissen, speziell in kritischen Querschnitten mit nur sechs bis 8,5 Metern Fahrbahnbreite, häufen sich Konflikte und Zwischenfälle mit den verschiedenen Verkehrsteilnehmenden. „In beengten Straßenverhältnissen sind Überholmanöver mit wenig Abstand zwischen Fahrzeug und Fahrrad, sogenannte „Dooring“-Unfälle mit parkenden Fahrzeugen, aber auch Konflikte mit Zu-Fuß-Gehenden, wenn Radfahrende in den Seitenraum ausweichen, vorprogrammiert“, sagt Sven Leitinger, Forscher im auf Bewegungsdaten spezialisierten Forschungsinstitut Salzburg Research.
Die Regelwerke in Deutschland, Österreich und der Schweiz beinhalten zwar einige Empfehlungen zur Radverkehrsführung auf derartigen Streckenabschnitten, allerdings gibt es große Unterschiede in den Regelwerken und auch in der Praxis. Neue Lösungsmöglichkeiten wie Überholverbote von Fahrrädern, Schutzstreifen auf Außerortsstraßen, Fahrrad-Piktogramm-Ketten oder Begegnungszonen werden diskutiert und teilweise auch angewandt.
Erstmals Daten zu objektiver Sicherheit und subjektivem Sicherheitsempfinden
Ein länderübergreifendes Konsortium aus Deutschland, Österreich und der Schweiz erarbeitet nun evidenzbasierte Handlungsempfehlungen für die Radverkehrsführung speziell in beengten Straßenverhältnissen sowie fachlich fundierte Abwägungen zwischen verschiedenen Lösungsalternativen.
Erstmalig wird in dieser Forschungsarbeit auch eine vergleichende empirische Datengrundlage zur objektiven Sicherheit sowie zum subjektiven Sicherheitsempfinden für repräsentative Streckenabschnitte und unterschiedliche Radverkehrsführungen geschaffen. Für die Messung der objektiven Sicherheit kommen sowohl mobile wie auch stationäre Sensortechnologien – Ultraschall, LIDAR und Video – zum Einsatz. Damit werden beispielsweise Überholvorgänge von Kraftfahrzeugen objektiv bewertet. „Zusätzlich zu den objektiven Sensordaten erheben wir in allen drei DACH-Ländern auch das subjektive Sicherheitsempfinden mittels Befragungen und Sensorik zur Messung von Stress“, so Leitinger weiter.
Evidenzbasierte Handlungsempfehlungen für die Radverkehrsführung
Auf Basis der empirischen Daten entwerfen die Forscherinnen und Forscher einen Handlungsleitfaden für die Radverkehrsplanung in Ländern und Kommunen. Außerdem werden Methoden zur evidenzbasierten Bewertung von Radverkehrsführungen abgeleitet, um einzelne Lösungen auch nachhaltig zu beobachten und zu bewerten. Die Empfehlungen werden Mitte 2024 zur Verfügung stehen.
Über das Forschungsvorhaben RADBEST
Das länderübergreifende Projekt RADBEST wird durch ein multidisziplinäres sowie multinationales Konsortium bearbeitet:
- Salzburg Research Forschungsgesellschaft mbH (A, Projektkoordination): langjährige Erfahrung zur Erhebung von empirischen Datengrundlagen im Radverkehr
- Universität Salzburg, Fachbereich Geoinformatik (A): GIS-basierte Radverkehrsplanung und -simulation, Bewertung der objektiven und subjektiven Radverkehrssicherheit
- Steinbeis Transferzentren GmbH an der Hochschule Karlsruhe, Prof. Eckart, Professur für Verkehrsökologie (D): langjährige Erfahrung mit Natural-Cycling-Studien, Abstandsmessung, Vertretung BMDV Stiftungsprofessur Radverkehr
- Ostschweizer Fachhochschule, Kompetenzzentrum Fuss- und Veloverkehr, Prof. Hagedorn (CH): langjährige Erfahrungen in der Schweizer Radverkehrsplanung sowie Richtlinienarbeit
- con.sens verkehrsplanung zt gmbh (A): langjährige Erfahrung in der österreichischen und deutschen Radverkehrsplanung sowie Richtlinienarbeit
- KFV (Kuratorium für Verkehrssicherheit) (A): langjährige nationale und internationale Erfahrung zu Radverkehrssicherheit sowie Richtlinienarbeit
RADBEST ist eine beauftragte F&E-Dienstleistung des Österreichischen Bundesministeriums für Klimaschutz (BMK), des Deutschen Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) und des Schweizer Bundesamts für Strassen (ASTRA) unter dem Programmmanagement der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft mbH (FFG). Die Studie wird im Zeitraum zwischen 1. November 2022 und 30. Juni 2024 erstellt.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Mag. Sven Leitinger, Salzburg Research Forschungsgesellschaft mbH (Projektleitung)
+43.662.2288-282 | sven.leitinger@salzburgresearch.at