Auf der Suche nach einer zweiten Erde
Professorin Heike Rauer, Direktorin des Instituts für Planetenforschung am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Berlin-Adlershof, im Interview mit der GDNÄ über ein neues Weltraumteleskop und ihre Arbeit mit jungen Leuten.
Ist Leben außerhalb der Erde möglich? Diese Frage beschäftigt die Menschen schon lange. Gibt es erdähnliche Planeten in unserem Sternensystem oder noch weiter entfernt im Weltall? Im Interview mit der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte (GDNÄ) berichtet die Physikprofessorin Heike Rauer, wie sie mit ihren Arbeiten für das Weltraumteleskop PLATO dazu beitragen will, solche Fragen zu beantworten.
Die Abkürzung PLATO steht für PLAnetary Transits and Oscillations of stars. Es handelt sich um ein wissenschaftliches Großvorhaben der europäischen Raumfahrtagentur ESA, an dem mehr als hundert Forschungseinrichtungen und die Raumfahrtindustrie mitwirken. Starten soll die 2014 ins Leben gerufene Mission Ende 2026.
Heike Rauer gehört zum Leitungsteam von PLATO. Mithilfe der Mission werde man bald abschätzen können, wie viele erdähnliche Planeten es überhaupt gebe, sagt die Berliner Wissenschaftlerin. „Die Atmosphären entdeckter Planeten können wir dann mit großen Teleskopen wie dem James-Webb-Space-Teleskop und dessen Nachfolgeprojekten näher untersuchen." PLATO zeichnet, wie Rauer berichtet, die kurzen Verdunkelungen auf, die entstehen, wenn Planeten in den Raum zwischen dem Stern, den sie umrunden, und dem Teleskop geraten. Darüber hinaus misst das Teleskop die seismischen Schwingungen der Sterne selbst. „Sobald wir diese Daten gesammelt betrachten, können wir nicht nur auf Masse und Radius der Planeten schließen, sondern auch ihr Alter bestimmen – und zwar wesentlich genauer, als dies bisher möglich ist.“
Bekannt sind heute mehr als fünftausend Planeten außerhalb unseres Sonnensystems, sogenannte Exoplaneten. Das nächste Planetensystem, Proxima Centauri, ist 4,24 Lichtjahre entfernt. Eine Reise zu diesen Planeten würde mit heutiger Technik Tausende Jahre dauern und wäre daher völlig ausgeschlossen. „Mit Weltraumteleskopen wie PLATO können wir jedoch wichtige Informationen über sie gewinnen", sagt Heike Rauer.
Das große Ziel sei es, Planeten zu finden, die habitabel sind, die also über Voraussetzungen für die Entstehung von Leben verfügen. Konkret suche man nach Planeten mit Oberflächen, auf denen es dauerhaft flüssiges Wasser und dementsprechend moderate Temperaturen gibt, sowie eine nicht zu dichte und nicht zu dünne Atmosphäre.
Bei ihren öffentlichen Vorträgen erlebe sie immer wieder, wie sehr sich das Publikum für ihre Arbeit interessiere. „Man will eben wissen, wie Planeten entstehen, wie sich Leben bildet und ob es auch um andere Sterne Planeten mit Leben gibt", sagt sie. „Heute können wir erstmals mit wissenschaftlichen Methoden Antworten auf diese Fragen finden – und über diese Arbeit berichte ich der interessierten Öffentlichkeit ausgesprochen gern.“
Mit ihrem Vortrag auf der Jubiläumstagung der GDNÄ in Leipzig zog Heike Rauer auch viele Jugendliche Teilnehmer in ihren Bann. Ihr sei es wichtig, Jugendlichen zu zeigen, was Forschung wirklich ausmacht und sie zum Weiterdenken anzuregen: „Die Astronomie eignet sich dafür besonders gut, denn sie beschäftigt sich mit den großen Fragen nach dem Woher und Wohin, was gerade junge Leute sehr anspricht. Oft lassen sie sich motivieren, auch schwierige Studiengänge in den Natur- und Ingenieurwissenschaften anzugehen und bis zum Abschluss durchzuhalten.“
Zur Person
Seit 2017 leitet Professorin Heike Rauer das Berliner Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit mehr als hundert Mitarbeitern. Die Physikerin ist gleichzeitig Professorin an der Freien Universität Berlin im Fachbereich Geowissenschaften, Fachrichtung Planetare Geophysik. Rauer forscht bereits seit 1997 am DLR-Institut für Planetenforschung und leitete dort über viele Jahre die Abteilung „Extrasolare Planeten und Atmosphären“. Davor, von 1995 bis 1997, war sie Forschungsstipendiatin der Europäischen Weltraumorganisation ESA am Observatoire de Paris-Meudon. 2004 hatte Rauer sich an der Technischen Universität Berlin habilitiert und lehrte dort als Professorin für Planetenphysik am Zentrum für Astronomie und Astrophysik. 1991 wurde sie mit einer Forschungsarbeit zu Plasmaschweifen von Kometen an der Universität in Göttingen promoviert. Heike Rauer erwarb ihr Diplom in Physik 1986 an der Leibniz-Universität in Hannover. Seit 2013 leitet sie das Instrumentenkonsortium für das ESA-Weltraumteleskop PLATO, das von 2026 an in der Milchstraße nach Planeten suchen wird. Zudem ist sie Mitglied des Wissenschaftsteams des „Next Generation Transit Survey“ am Paranal-Observatorium der Europäischen Südsternwarte ESO in Chile sowie Koordinatorin des DFG-Schwerpunktprogramms „Exploring the Diversity of Extrasolar Planets“.
Über die GDNÄ
Die Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte e. V. (GDNÄ) ist die einzige wissenschaftliche Gesellschaft in Deutschland, die über naturwissenschaftliche, technische und medizinische Fachdisziplinen hinweg allen Interessierten für eine Mitgliedschaft offensteht, auch Schülern, Studenten und naturwissenschaftlichen Laien. Insofern ergänzt und bereichert die GDNÄ die von Akademien und Fachgesellschaften geprägte Landschaft wissenschaftlicher Gesellschaften in Deutschland.
Die GDNÄ pflegt den wissenschaftlichen Austausch, fördert mit speziellen Programmen für Schüler, Lehrkräfte und Studierende die Wissenschaftsbildung und engagiert sich im Dialog mit der Gesellschaft – mit öffentlichen Vorträgen und Diskussionen sowie über ihre Website.
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