Wissenschaft und Schule eng verzahnt: Neue MINT-Kooperation in Bremen startet
Mehr Schulpraktikumsplätze und eine Challenge als Teil des Unterrichts – sechs Bremer Schulen und drei Forschungsinstitute kooperieren, um ein aufeinander abgestimmtes Programm für MINT-Nachwuchsförderung an den Start zu bringen. Am 17. und 18. April 2023 wurde die gemeinsame Absichtserklärung unterschrieben. Initiiert, gefördert und verantwortet wird das Vorhaben von der Stiftung Bremer Wertpapierbörse (BWB). Es ist auf zunächst zwei Jahre ausgelegt und wird bei Erfolg um ein weiteres Jahr verlängert. Das ZARM an der Universität Bremen ist neben dem Fraunhofer MEVIS und dem Cognitive Systems Lab eine der tragenden Forschungseinrichtungen dieser Initiative.
Worum geht es:
„Mit Themen aus der Raumfahrtforschung wollen wir unseren Beitrag im Rahmen der Kooperation leisten und die Schüler:innen an echte Wissenschaft heranführen “, so Dr. Benny Rievers, Wissenschaftler und Nachwuchsbeauftragter am ZARM. Was ihn an der Initiative überzeugt: „Wir können unser MINT-Engagement und unsere Begeisterung für den Weltraum viel zielgenauer einbringen. Schüler:innen müssen nicht erst den Weg zu uns finden, um mitzumachen. Wir können sie direkt dort erreichen, wo sie die meiste Zeit des Tages verbringen. Nämlich in der Schule, im Unterricht und auf dem Lernniveau, das ihren Fähigkeiten entspricht und ihnen Erfolgserlebnisse bringt.“
Pflichtpraktika und Unterrichtsprojekte sind für Schulen nichts Neues. Weil jedoch Bremer Schulen die Zeiträume und Ausgestaltung ihrer Praxiseinheiten individuell festlegen, passen diese nicht immer mit den alltäglichen Arbeitsabläufen und Themenschwerpunkten in einem Forschungsinstitut zusammen. „Sich nun besser aufeinander einzustellen, terminlich und organisatorisch abzustimmen und die Praxisprojekte mit dem Unterrichtsplan zu verzahnen, ist der Ansatz der neuen Kooperation“, erklärt Heinz Brandt, Vorstandsmitglied der Stiftung BWB. Was ihn freut: „Sechs Schulen, darunter Oberschulen wie auch Gymnasien, aus fünf verschiedenen Bremer Stadtteilen konnten wir für unsere Idee gewinnen. Diese bringen wir jetzt mit drei namhaften internationale Forschungseinrichtungen rund um den Campus der Uni Bremen zusammen. Zum Schuljahr 2023/2024 soll es losgehen.“
Worin besteht die Kooperation:
Die Kooperation fußt auf zwei großen Programmsäulen. Im ersten Teilprojekt verständigen sich die beteiligten Schulen und Forschungseinrichtungen auf feste Zeiten für die 14-tägigen Pflichtpraktika für Schüler:innen der Oberstufe. „Die Jugendlichen erfahren so frühzeitig durch ihre Schule nicht nur, dass wir am ZARM grundsätzlich Praktika anbieten, sondern direkt wann und in welchem Umfang. Umgekehrt können wir als Forschungsinstitut durch die koordinierte Vorgehensweise viel langfristiger und besser planen. Dies geht zugunsten einer höheren Qualität in der Betreuung der Praktika und zu einem Mehr an Praktikumsplätzen. Aus bisher 12 Plätzen werden 24“, erklärt Rievers.
Der zweite Projektteil der Kooperation besteht aus der sogenannten „Schüler:innen Challenge“. Hier entwickeln die Forschungsinstitute eine wissenschaftsnahe Aufgabenstellung, die in Form eines mehrwöchigen Wettbewerbs im Unterricht von den Schüler:innen erarbeitet wird. „Ein solches Praxisprojekt gelingt nur, wenn Lehrkräfte mit uns Wissenschaftler:innen im engen Austausch sind. Gemeinsam schätzen wir ein, auf welchem Wissensstand und Leistungsniveau die Schulklasse steht und wie die Challenge ausgearbeitet muss sein, damit sie als integraler und notenrelevanter Bestandteil des Unterrichts funktioniert“, betont Rievers. Er erklärt weiter: „Für unseren Raumfahrtschwerpunkt wollen wir eine Marsmission simulieren. Ein Challenge könnte z.B. darin bestehen, kleine Roboter für die Erkundung der Marsoberfläche zu programmieren, die die Landschaft kartografieren und sich fehlerfrei in unwegsamen Gelände bewegen können.“
Was ist das Ziel:
„Die Stiftung BWB hat die Kooperation ins Leben gerufen mit dem Ziel, vor Ort in Bremen dem Fachkräftemangel und den tendenziell zurückgehenden Studierendenzahlen in den MINT-Disziplinen etwas entgegenzusetzen“, erläutert Brandt. Für ihn müsse die studentische Nachwuchsförderung jedoch schon im Schulunterricht beginnen. Was ihn antreibt: „Wenn wir einen kleinen Beitrag dazu leisten können, die Motivation, das Engagement und die Aktivitäten der Beteiligten aus Schule und Wissenschaft zu synchronisieren und ein tragfähiges, schulalltagstaugliches Programm zu entwickeln, birgt dies unwahrscheinlich tolle Chancen. Tolle Chancen für die Schulen, Unterricht anders zu gestalten. Tolle Chancen für die Schüler:innen, sich auf Themenfeldern auszuprobieren, die auf den ersten Blick vielleicht nicht ihren Interessen entsprechen. Tolle Chancen für den Wissenschaftsstandort Bremen und seine Forschungseinrichtungen, die sich schon früh potentiellen Studierenden und Nachwuchsfachkräften präsentieren können.“ Denn wer schon in seiner Schulzeit die Gelegenheit hatte, die spannenden Seiten der MINT-Fächer praxisnah kennenzulernen, wird sich später vermutlich eher für einen MINT-Studiengang entscheiden.
Über die Beteiligten:
Die Stiftung Bremer Wertpapierbörse verantwortet federführend die „Kooperation zur studentischen Nachwuchsförderung“. Zu den involvierten Forschungseinrichtungen zählen das Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation und das Cognitive Systems Lab an der Universität Bremen, sowie das Fraunhofer-Institut für Digitale Medizin MEVIS. Die beteiligten Schulen sind das Alte Gymnasium in der Bahnhofsvorstadt, das Gymnasium Horn, das Schulzentrum am Rübekamp und das Schulzentrum des Sekundarbereichs II in Walle, das Kippenberg-Gymnasium in Schwachhausen sowie das Gymnasium Vegesack.
Weitere Informationen:
https://youtu.be/RjHJ35jgcIk
https://www.zarm.uni-bremen.de/de/presse/einzelansicht/article/taking-science-to-schools-new-stem-cooperation-is-launched-in-bremen.html
https://www.stiftung-bwb.de/