Typische Verletzungen bei jungen Fußballerinnen
Mädchen, die in Jungenteams Fußball spielen und trainieren, haben ein deutlich erhöhtes Verletzungsrisiko. Das zeigt eine Studie des Nachwuchsförderzentrums für Juniorinnen der Uni Würzburg.
In der Premier-League-Partie des FC Arsenal gegen Manchester United hat sich die Fußballspielerin Leah Williamson das Kreuzband gerissen. Das wäre der Fachpresse eigentlich keine Meldung wert gewesen, hätte der FC Arsenal nicht schon drei weitere Verletzungen gleicher Art in der laufenden Saison zu beklagen. Einzig positiver Nebeneffekt dieser Verletzungsserie: Das Thema „Verletzungsprävention im Frauenfußball“ wurde verstärkt in den Blick genommen.
Dabei wurde deutlich, dass die medizinische Forschung bislang nur wenig über die Bedingungen typischer Verletzungen bei Frauen weiß, zumindest nicht im Profisport. Erst jetzt startet die VBG als zentrale Versicherungsgesellschaft im Auftrag des Deutschen Fußball-Bund (DFB) ein Verletzungsregister für Spielerinnen – für die Männer gibt es das schon lange.
Noch düsterer sieht die Forschungslage bei Juniorinnen im Leistungsfußball aus. Bisherige Studien beziehen sich zumeist nur auf Junioren und stammen aus den USA, Spanien oder Australien. Für Deutschland liegen keine Daten zu Verletzungsarten und -häufigkeiten im Juniorinnen-Fußball vor.
127 Fußballerinnen für Studie befragt
Aus diesem Grund hat das Nachwuchsförderzentrum für Juniorinnen an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) schon vor der Corona-Pandemie die bundesweit erste Studie gestartet, die sich mit diesem Thema befasst. 127 Fußballerinnen der zweiten bis vierten Frauenligen wurden zu ihren Verletzungshistorien im Juniorinnen-Alter befragt.
Die Ergebnisse der Autoren Heinz Reinders, Sascha Goebel und Olaf Hoos sind jetzt in der Fachzeitschrift „Leistungssport“ des Deutschen Olympischen Sportbundes DOSB veröffentlicht. Sie zeigen, dass Verletzungen der unteren Extremitäten und insbesondere Verletzungen der Bänder sowie Prellungen und Muskelzerrungen aufgetreten sind. Spielerinnen der U15 und U17 sind davon besonders betroffen.
Gehirnerschütterungen sind häufig
Aber auch eine andere immer wieder diskutierte Verletzungsform kann das Team um Studienleiter Professor Heinz Reinders nachweisen: Jede sechste Spielerin berichtet von einer Gehirnerschütterung als Erst- oder Zweitverletzung. Der DFB diskutiert mittlerweile über diese Verletzung und strebt Veränderungen gerade im Nachwuchsbereich an, um die jungen Talente zu schützen.
Eine Veränderung wünschen sich die Autoren der Studie aufgrund der Ergebnisse schon jetzt. „Das Verletzungsrisiko ist für Mädchen, die in Jungenteams trainieren und spielen, deutlich erhöht. Das gilt gerade auch für das Thema Gehirnerschütterungen“, so JMU-Sportmediziner Dr. Sascha Goebel. Zudem sei in der U17 bei Spielerinnen in Jungenteams oder mit Doppelspielrecht im Vergleich zu reinen Juniorinnen-Teams das Erschöpfungserleben besonders hoch. „Und geistige und körperliche Erschöpfung erhöht das Verletzungsrisiko enorm.“
Aber auch Verletzungen der Bänder nehmen signifikant zu, wenn Spielerinnen in Jungenteams trainieren und spielen: Der Studie zufolge steigt das Verletzungsrisiko in der U17 um über 40 Prozent. „Das können wir nicht auf die leichte Schulter nehmen“, so Heinz Reinders, „denn Erstverletzungen in der Jugend führen zu ungünstigen Verläufen in der weiteren Biographie, gerade weil Prävention und medizinische Versorgung mit Ausnahme der Bundesliga noch sehr uneinheitlich sind.“
Wichtiger Schritt der Sensibilisierung
Dass sich nun die an Trainerinnen und Trainer im Leistungssport gerichtete Fachzeitschrift „Leistungssport“ des Themas und der Studienergebnisse angenommen hat, sehen die Autoren als wichtigen Schritt der Sensibilisierung. Professor Olaf Hoos, Leiter des JMU-Sportzentrums: „Wir müssen das Thema sehr viel stärker in die Ausbildung der Trainerinnen und Trainer, aber auch der zukünftigen Sportlehrkräfte integrieren.“
Eine Sensibilisierung sehen die Autoren unterdessen auch beim Verband. „Der DFB macht sich mit seinem Förderprogramm für den weiblichen Fußball auf den richtigen Weg und auch der Dialog mit dem Bayerischen Verband bahnt sich an“, freut sich Reinders über die Perspektive, die eigene Forschung nicht nur im Nachwuchsförderzentrum für Juniorinnen, sondern auch darüber hinaus anwenden zu können.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Prof. Dr. Heinz Reinders, Nachwuchsförderzentrum für Juniorinnen, Universität Würzburg, T +49 931 31-85563, heinz.reinders@uni-wuerzburg.de
Originalpublikation:
Reinders H., Goebel S., Hoos O. (2023). Bedingungen für typische Verletzungen im Leistungsfußball der Juniorinnen. Leistungssport 03, Seiten 42-47.
Weitere Informationen:
https://www.paedagogik.uni-wuerzburg.de/nfz-juniorinnen/startseite/