Förderung nachhaltiger globaler Textillieferketten: Einige Erfolge, aber kein übergeordnetes Konzept
Das Deutsche Evaluierungsinstitut der Entwicklungszusammenarbeit (DEval) bescheinigt der deutschen Entwicklungspolitik Erfolge in der Förderung nachhaltiger globaler Textillieferketten. So führt Deutschland in Partnerländern wie Bangladesch zahlreiche Maßnahmen durch, um die Arbeitssicherheit in Textilfabriken zu erhöhen und die Umweltverschmutzung zu senken. Einkaufende inländische Unternehmen werden darin unterstützt, ihren unternehmerischen Sorgfaltspflichten nachzukommen. Es fehlt aber ein übergeordnetes Konzept, um die Maßnahmen besser miteinander zu verknüpfen und somit nachhaltige Textillieferketten effektiver zu fördern. Zu diesem Schluss kommt eine neue DEval-Evaluierung.
Gute Ansätze in Deutschland
Vor zehn Jahren ist die Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch eingestürzt. Bis heute gilt das Unglück als eines der größten in der Geschichte der Textilindustrie. Das DEval hat in einer neuen Evaluierung geprüft, inwieweit die deutschen Ziele bei der Förderung nachhaltiger Textillieferketten in Bangladesch und im Inland erreicht worden sind. Dazu die Teamleiterin der Evaluierung, Dr. Angela Heucher: „In Deutschland hat die deutsche Entwicklungszusammenarbeit Zertifizierungen, Beratungsangebote und Vernetzungsmöglichkeiten für einkaufende Unternehmen geschaffen, damit diese ihren unternehmerischen Sorgfaltspflichten aktiver nachkommen.“ Zudem attestiert die Evaluierung dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) eine wichtige Rolle bei der Einführung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes – kurz Lieferkettengesetz –, das am 1. Januar 2023 in Kraft getreten ist.
Veränderungen in Bangladesch reichen nicht aus
Deutschland gilt als wichtigster entwicklungspolitischer Geber im Textil- und Bekleidungssektor Bangladeschs. Als Teil der Evaluierung hat das DEval daher vor Ort eine umfangreiche Fallstudie durchgeführt. „Die deutsche Entwicklungspolitik spricht in Bangladesch relevante Herausforderungen in der Textillieferkette an, wie Umweltverschmutzung durch Textilfabriken oder Arbeitssicherheit“, so Heucher. „Die bisher erzielten Veränderungen reichen jedoch nicht aus, um den Ressourcenverbrauch und negative Umweltfolgen zu verringern und um Arbeiter*innen umfassend vor Arbeitsunfällen zu schützen.“ Einen Grund hierfür sieht das DEval darin, dass der deutschen Entwicklungszusammenarbeit ein umfassendes Konzept für die Förderung nachhaltiger globaler Textillieferketten fehlt.
Mehr Kohärenz nötig
Zum Erreichen seiner entwicklungspolitischen Ziele im Textilbereich führt Deutschland eine Vielzahl von Maßnahmen durch und nutzt dazu ein breites Spektrum an Instrumenten, beispielsweise Weiterbildungen für Arbeiter*innen in den Partnerländern, Beratung für deutsche Unternehmen sowie den politischen Dialog. Damit diese einzelnen Instrumente gezielt ausgewählt und als „Instrumenten-Mix“ besser zusammenwirken können, empfiehlt das DEval dem BMZ, für diesen Bereich ein handlungs- und wirkungsorientiertes übergeordnetes Konzept zu erstellen. Ebenso empfiehlt das Institut eine enge Abstimmung mit anderen Ressorts sowie internationalen Gebern. „Dem BMZ ist bei der Erstellung des Lieferkettengesetzes eine gute Kooperation mit anderen beteiligten Ministerien gelungen“, so Amélie Gräfin zu Eulenburg, Abteilungsleiterin für nachhaltige Wirtschafts- und Sozialentwicklung am DEval. „Solch erfolgreiche Bemühungen sind auch auf internationaler Ebene vonnöten, etwa bei der Verabschiedung eines europäischen Lieferkettengesetzes.“
Über die Evaluierung
Die Evaluierung hat die Förderung nachhaltiger globaler Lieferketten im Textilsektor durch das BMZ untersucht. Dabei sollte ermittelt werden, inwieweit die deutsche Entwicklungszusammenarbeit geeignete Instrumente eingesetzt und die angestrebten Ziele bei der Förderung nachhaltiger Textil-lieferketten im Inland und in Bangladesch als wichtigem Partnerland erreicht hat. Hierfür wurde das Portfolio der deutschen Entwicklungszusammenarbeit für den Zeitraum 2014-2021 analysiert. Zudem wurden umfangreiche Fallstudien in Bangladesch und in Deutschland durchgeführt.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Amélie Gräfin zu Eulenburg
Abteilungsleitung Nachhaltige Wirtschafts- und Sozialentwicklung, Integritätsbeauftragte
Tel.: +49 (0)228 336907-930
E-Mail: amelie.eulenburg@DEval.org
Originalpublikation:
https://www.deval.org/fileadmin/Redaktion/PDF/05-Publikationen/Berichte/2023_Lieferketten/2023_DEval_Lieferkettenbericht_2023_WEB.pdf