MINT-Bildung muss vor der eigenen Haustüre beginnen
Mehr hiesiger Nachwuchs in den MINT-Fächern zur Sicherung der regionalen Zukunftsfähigkeit: Das ist das Ziel einer neuen Kooperation der Wittenstein Stiftung mit der Universität Würzburg. Die Wittenstein Stiftung stellt dafür über einen Zeitraum von fünf Jahren rund eine Million Euro zur Verfügung.
„Fachkräftemangel: Deutschland fehlen rund 326.000 Mint-Experten“: Mit dieser Schlagzeile hat das Handelsblatt im November 2022 auf ein gravierendes Problem aufmerksam gemacht. Besserung scheint nicht in Sicht zu sein: „Immer weniger junge Menschen studieren in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik, den sogenannten MINT-Fächern“, so die Frankfurter Allgemeine Zeitung am 24. Januar 2023. Ein Mangel, der sich möglicherweise bald nicht nur international und deutschlandweit, sondern zuallererst auch auf die Wirtschaftskraft und den Wohlstand der Region auswirkt.
Kein Zweifel: Im MINT-Bereich hat Deutschland Nachholbedarf. Einen Beitrag dazu will jetzt die Wittenstein Stiftung gemeinsam mit der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) leisten. Die Stiftung mit Sitz im baden-württembergischen Igersheim/Harthausen stellt der Universität über einen Zeitraum von fünf Jahren rund eine Million Euro zur Verfügung. Finanziert werden damit im Wesentlichen zwei wissenschaftliche Studien, die im Raum Würzburg und Main-Tauber außerschulische MINT-Angebote und deren Wirksamkeit untersuchen. Auch überregionale und internationale Erfahrungen sollen dabei ausgewertet und nutzbar gemacht werden.
Studien sollen Erfolgsfaktoren aufzeigen
Koordiniert werden die beiden Studien vom M!ND-Center der JMU. Das Mathematische, Informatische und Naturwissenschaftliche Didaktikzentrum vernetzt die Lehrkräftebildung im MINT-Bereich an der JMU und ist seit seiner Gründung im Jahr 2009 außerschulischer MINT-Lernort in der Region Würzburg.
Ziel der einen Studie ist es zu ermitteln, welche Angebote im MINT-Bildungsbereich jenseits des Schulunterrichts in der Region bereits vorhanden sind – von der Jugendtechnikschule über Wettbewerbe und Schülerlabore bis zu Ausstellungen, Vorträgen und Betriebspraktika. An welche Zielgruppe sie sich wenden, wie sie untereinander vernetzt sind und was sie damit mit Blick auf die Gewinnung von Studierenden und Fachkräften bewirken, sind weitere Fragen, die diese Studie beantworten soll.
Im Fokus der zweiten Untersuchung stehen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer solcher Angebote. In Form einer Längsschnittstudie sollen Jugendliche, die eine der zahlreichen MINT-Veranstaltungen besucht haben, über zwei Jahre hinweg begleitet und regelmäßig befragt werden. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erhoffen sich Auskunft darüber, warum Jugendliche außerschulische MINT-Angebote besuchen, wann und warum sie sich für eine Ausbildung oder ein Studium in diesem Bereich entscheiden – oder eben nicht.
Ziel: MINT-Musterregion
Ihr Interesse gilt deshalb auch Schülerinnen und Schülern, die sich nicht über den Schulunterricht hinaus mit Mathematik, Informatik, Biologie, Chemie oder Physik beschäftigen wollen. Auch diese sollen über einen längeren Zeitraum hinweg nach ihren Gründen, ihrer Motivation, ihren Einstellungen und ihren Entscheidungen befragt werden. Schließlich interessieren sich Wirtschaft und Wissenschaft sehr dafür, wie auch in dieser Gruppe die Lust am Besuch solcher „außerschulischer Angebote“ geweckt werden kann, damit diese – im Idealfall – so attraktiv werden wie der Sportverein oder die Musikschule.
Dank der finanziellen Unterstützung der Wittenstein Stiftung kann die Universität Würzburg jetzt zwei Doktorandenstellen für Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler ausschreiben, deren Studien zu gegebener Zeit Antworten auf die zentrale Frage geben sollen: Was muss man wo tun, um mehr Nachwuchs für MINT-Fächer zu gewinnen? Die hieraus gesammelten Erkenntnisse sollen nicht nur in einen Nutzen für die Region selbst umgewandelt werden, sondern auch andernorts als taugliches Muster dienen, wie die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft durch MINT-Bildung gesichert werden kann.
Stimmen der Beteiligten
„Die großzügige Förderung der Wittenstein Stiftung ist ein nachdrücklicher Vertrauensbeweis in die Qualität unserer Forschung und ein wichtiges Zeichen für das Zusammenwachsen von Universität und Gesellschaft – auch mit Blick auf den Fachkräfte-Nachwuchs in den Unternehmen der Region. Wir danken der Wittenstein Stiftung herzlich für dieses Engagement.“ Prof. Dr. Paul Pauli, Präsident der Julius-Maximilians-Universität Würzburg
„Mit unserer Kooperation stärken wir nicht nur die naturwissenschaftliche Bildungsforschung an der Universität Würzburg, sondern die gesamte Wissensregion. Gemeinsam wollen wir wieder mehr junge Menschen für Natur- und Technikwissenschaften begeistern, denn nur so sichern wir Innovationskraft, Fortschritt und Wohlstand.“ Prof. Dr. Matthias Bode, Vizepräsident der Julius-Maximilians-Universität Würzburg für die Bereichen Innovation und Wissenstransfer.
„Durch die substantielle finanzielle Unterstützung der Wittenstein-Stiftung können wir gezielt zu Gelingensbedingungen außerschulischer MINT-Bildung forschen, Entwicklungspotenziale für unsere Region erkennen und nutzen, um so den Stellenwert von MINT in der Gesellschaft zu erhöhen.“ Prof. Dr. Thomas Trefzger, Leiter des Mathematischen, Informationstechnologischen und Naturwissenschaftlichen Didaktikzentrums (M!ND-Centre) der Universität Würzburg
„Es wird seit vielen Jahren an vielen Stellen viel Geld für die Förderung von MINT-Nachwuchs ausgegeben. Die Erfolge der Maßnahmen sind offenkundig allenfalls bescheiden. Wir müssen tiefer bohren, um herauszufinden, wo wie wahren Triggerpunkte sind und wie sich die Wirksamkeit entscheidend verbessern lässt. Mit der Universität Würzburg wollen wir bei den damit verbundenen Forschungsfragen gemeinsam ein Stück weiterkommen und dabei von Anfang an unsere Region Hohenlohe Franken erfolgreich weiterentwickeln.“ Dr. Manfred Wittenstein, Gründer und Kuratoriumsvorsitzender der Wittenstein Stiftung
„Mit der Universität Würzburg und dem M!ND-Center haben wir den idealen Partner für unser gemeinsames Forschungs- und auch Weiterentwicklungsprojekt gefunden. Wir sind davon überzeugt, damit einen wertvollen Beitrag zur Bewältigung einer großen Herausforderung für uns als Region und Gesellschaft insgesamt leisten zu können.“ Dr. Sascha von Berchem, Geschäftsführer der Wittenstein Stiftung