Das Innere des Körpers durch Zeit und Raum erkunden
• Internationale Konferenz in Kiel beschäftigt sich mit unterschiedlichen Körperwahrnehmungen von der Steinzeit bis heute
• Workshop speziell für Menschen mit Sehbehinderung bietet integrative Komponente
• Paralleler Start der Online-Ausstellung “Comparative Guts”
Manchmal hilft das Bauchgefühl bei schwierigen Entscheidungen, manchmal sind Gefühle im Bauch aber auch medizinische Warnzeichen. Je nach Zusammenhang hat das Innere unseres Körpers offenbar unterschiedliche Bedeutungen. Und: Verschiedene Menschen nehmen ihren Körper unterschiedlich wahr. Was wussten Menschen früherer Jahrhunderte und Jahrtausende über das Innere ihres Körpers? Was verbanden sie damit? Wie unterscheidet sich die Wahrnehmung der inneren Organe zwischen verschiedenen Kulturen?
Diesen Fragen gehen in der kommenden Woche zwei Veranstaltungen in der Kunsthalle zu Kiel nach: die dreitägige internationale Konferenz „Comparative Guts“ (deutsch etwa: „Vergleichende Verdauungsorgane“) und der Workshop „Der gefühlte Körper“. Während sich die Konferenz vor allem an ein wissenschaftliches Publikum richtet, wendet sich der Workshop speziell an Menschen mit Sehbehinderung. Beide Veranstaltungen wurden organisiert von einem Team um die klassische Philologin und Medizinhistorikerin Chiara Thumiger vom Exzellenzcluster ROOTS an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.
Während der Konferenz vom 7. bis 9. Juni tauschen Expertinnen und Experten aus den Geschichtswissenschaften, der Archäologie, der Kunstgeschichte, der Medizingeschichte, der Anthropologie, aber auch Künstlerinnen und Künstler neueste Erkenntnisse der Medizingeschichte und der Forschung zur Körperwahrnehmung seit der Antike aus.
„Dieses Thema eignet sich gleichzeitig hervorragend, um auch eine integrative Perspektive aufzunehmen. Deshalb haben wir zusammen mit den Kunsthistorikerinnen Almut Rix und Michaela Wilken das Tagungsprogramm um den Workshop ‚Der gefühlte Körper‘ erweitert. Gemeinsam mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern wollen wir der Frage nachgehen, wie Menschen mit einer Sehbehinderung ihren Körper und speziell ihre Organe wahrnehmen“, erklärt Dr. Thumiger.
Die Organisatorinnen haben dafür Künstlerinnen und Künstler sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eingeladen, die ein abwechslungsreiches fünfstündiges Programm bieten. „Der Ansatz ist multisensorisch, das heißt die verschiedenen Aktionen sprechen das Gehör, den Tastsinn und auch den Geruchssinn an“, verspricht Dr. Thumiger.
Parallel zu den Veranstaltungen in der Kunsthalle wird die Online-Ausstellung „Comparative Guts“ freigeschaltet, an deren Zusammenstellung neben dem Exzellenzcluster ROOTS auch das Chinazentrum der CAU und dessen Leiterin Prof. Dr. Angelika Messner einen wesentlichen Anteil hatten. Die Ausstellung zeigt fast 200 Abbildungen und Fotos – von steinzeitlichen Felsritzungen über Lehrbücher der chinesischen Medizin und mittelamerikanischen Bildzeugnissen bis hin zu modernen Kunstaktionen.
Sie alle beschäftigen sich ebenfalls in verschiedensten Formen mit den menschlichen und tierischen inneren Organen. „Der Fokus liegt dabei vor allem auf den Organen, die sich im Inneren des unteren Rumpfes befinden. Sie sind es, die traditionell mit Ernährung und Verdauung in Verbindung gebracht werden, aber auch mit emotionaler, ethischer und metaphysischer Bedeutung ausgestattet sind, je nach Darstellung und Erzählung“, erklärtChiara Thumiger.
30 internationale Expertinnen und Experten tragen aus ihren jeweiligen Fachbereichen Texte bei, die die Bilder wissenschaftlich fundiert einordnen. Mehr als 20 „Histories“ ordnen die Bilder in unterschiedliche kulturelle, soziale, historische oder sensorisch Zusammenhänge ein.
„Die große Bandbreite des gezeigten Bildmaterials zielt bewusst darauf ab, eine westliche oder gar rein europäische Sicht zu vermeiden. Sinnliche Erfahrung und Wissen über den Körper, erlernte Anatomie, religiöse Gefühle, medizinische Praktiken, Emotionen, politische Empfindungen, dekorative Absichten, Kunst – jedes dieser Elemente zeugt von menschlichen Überlegungen über unser verkörpertes Leben, und jedes ist auf seine eigene Weise gültig“, fasst Dr. Thumiger den Ansatz der Ausstellung, aber auch der Veranstaltungen in der Kieler Kunsthalle zusammen.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Dr. Chiara Thumiger
Exzellenzcluster ROOTS
E-Mail: cthumiger@roots.uni-kiel.de
Weitere Informationen:
https://comparative-guts.net/ Die Online-Ausstellung „Comparative Guts“
https://www.uni-kiel.de/de/veranstaltungen/detailansicht/news/20230525-conf-comparativeguts Die internationale Konferenz „Comparative Guts“ vom 7.-9. Juni 2023 in der Kunsthalle zu Kiel
https://www.uni-kiel.de/de/detailansicht/news/20230525-comparativeguts Der Workshop ‘Der gefühlte Körper: ein multisensorischer Ansatz’ für und mit einem sehbehinderten Publikum am 9. Juni 2023 in der Kunsthalle zu Kiel