Habeck besucht Loo:topia auf der re:publica 2023
Robert Habeck kann Scharnierrolle wahrnehmen
Das Forschungs- und Innovationsbündnis “Loo:topia” setzt sich für eine andere Art Sanitärversorgung ein. Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Robert Habeck besuchte den Loo:topia Garten auf der re:publica 2023 und erkannte den politischen Handlungsbedarf, um Kreislaufwirtschaft zu ermöglichen.
Klimawandel, Wasserknappheit, steigende Energie-, Dünger- und Nahrungsmittelpreise – das sind akute Probleme. Ein Ansatz, um all diese Herausforderungen anzugehen, ist ein zirkuläres Sanitärsystem, das viel Wasser und Energie spart und Nährstoffe recycelt.
Am Mittwoch hat der Minister den “Loo:topia Garten” auf der re:publica besucht und sich für das Potenzial der Kreislauf-Technologien begeistern lassen. Ariane Krause, Koordinatorin des BMBF-Projekts zirkulierBAR, stellte ihm die Vision einer Sanitärversorgung vor, die eine regionale Kreislaufwirtschaft ermöglicht.
Das ganze Gespräch ist als Video verfügbar, siehe Link unten.
„Also Kompostklos auf großem Niveau?“ - Stellschrauben für Klima- und Wasserschutz
“Alles beginnt in der Toilette”, so Wissenschaftlerin Ariane Krause. “Wenn wir unsere Ausscheidungen in der Toilette getrennt sammeln, können wir diese zu einem sicheren Dünger aufbereiten. Mit solchen ressourcen-orientierten Ansätzen sparen wir Energie und Trinkwasser und recyceln kostbare Nährstoffe wie Stickstoff und Phosphor.”
„Also Kompostklos auf großem Niveau?“, fasste der Vizekanzler die Kernbotschaft des Sanitärwende-Netzwerks selbst zusammen.
Mit der wertschöpfenden Nutzung menschlicher Ausscheidungen schonen Kommunen oder Städte nicht nur das Klima und die Umwelt, sondern verringern auch ihre Abhängigkeiten: Phosphor-Vorräte, die zur Produktion mineralisch-synthetischer Dünger vor allem in der Westsahara abgebaut werden, sind begrenzt und die industrielle Produktion von Stickstoff-Düngemittel bedarf enormer Mengen Erdgas. „Bei Phosphor sind wir so abhängig von Marokko, wie beim Erdgas von Russland”, erklärt Ariane Krause.
Die Wissenschaftlerin führte Robert Habeck einmal durch den Kreislauf – von den Toiletten über die Verwertung der Ausscheidungen zu Düngern für das Nährstoffrecycling bis hin zur Ausbringung auf dem Acker und dem Anpflanzen von Nahrung. „Riecht nach Erde“ stellte der Vizekanzler bei einer Geruchsprobe von Humusdünger aus Inhalten von Trockentoiletten fest. Der sogenannte H.I.T. wird in der deutschlandweit einzigen Verwertungsanlage für Trockentoiletteninhalte in Eberswalde hergestellt. Auch einen flüssigen Recyclingdünger aus menschlichem Urin, der in der Schweiz, Liechtenstein und Österreich bereits zugelassen ist, und auch hierzulande synthetischen Mineraldünger ersetzen könnte, unterzieht Habeck einem Geruchstest: „Riecht nicht.“
Bioabfall- und Düngemittelverordnungen müssen jetzt geändert werden, um Innovation nicht zu ersticken
Der Dialog mit Politiker:innen ist für Akteur:innen der Sanitär- und Nährstoffwende essenziell, weil zur zirkulären Verwendung von Nährstoffen in puren menschlichen Ausscheidungen aktuell noch keine gesetzliche Grundlage existiert. Während Gülle ungereinigt verwendet wird, ist aufwändig aufbereiteter menschlicher Urin oder Kot auf Feldern verboten. Die Politik ist dringend gefordert, den gesetzlichen Rahmen dem Forschungsstand und den Notwendigkeiten anzupassen.
“Die Toiletten, die Verwertungstechnologien, die Akzeptanz in der Landwirtschaft - alles ist da. Nun müssen Recyclingdünger aus wasserlos gesammelten menschlichen Ausscheidungen in das Abfallrecht und in die Düngemittelverordnung aufgenommen werden und mehr Reallabore genehmigt werden. Kreislaufwirtschaft bedeutet konkret, dass verschiedene Ressorts ineinandergreifen – was Abfall war, wird zum Rohstoff. In Deutschland ist alles haargenau geregelt - damit also das, was Abfall war, auch wirklich Rohstoff sein kann, braucht es nicht nur schöne Worte, sondern Änderungen der geltenden Regelungen, die in ihrer bisherigen Form als Bestandsschutz der fossilen Industrie fungieren. Andere Länder sind da schon viel weiter. Abfallprodukte können Ressourcen für die Landwirtschaft sein, das zeigt die integrierte Forschung. Nun liegt es an den Ministerien und ihrer Zusammenarbeit, die Früchte staatlich geförderter Innovationen auch zu ernten und nicht abzuwürgen. Robert Habeck kann in seiner Scharnierrolle das Thema Sanitär- und Nährstoffwende bei den entsprechenden Ministerien platzieren und damit den Weg für eine zukunftstaugliche Infrastruktur ebnen”, ist die Initiative überzeugt.
Drei Wünsche gibt das interdisziplinäre Netzwerk dem Minister mit: Wir brauchen nicht nur dringend eine Änderung der Bioabfall- und Düngemittelverordnung und mehr Reallabore, sondern es sollte ab sofort auch jeder Meter Kanalisation, der erneuert und repariert wird, die bereits spürbare Trockenheit berücksichtigen und neue Technologien für Trocken- und Trenntoiletten-Systeme mitbedenken. Politik muss vorausschauend agieren.“, ergänzt Ariane Krause, und betont: „Diese Regierung kann jetzt Grundlagen schaffen, die kritische Infrastruktur der Sanitärversorgung zukunftstauglich zu gestalten. Das Wasser ist knapp und wir brauchen Phosphor und Stickstoff für unsere Ernährungssicherheit.“
About Loo:topia
Loo:topia ist ein Netzwerk, ein Garten und eine Vision: Die Vision einer nachhaltigen Sanitär- und Nährstoffwende, die natürliche Kreisläufe schließt und Ressourcen schont.
Hinter Loo:topia stehen verschiedene Akteur*innen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft, die sich gemeinsam für ein neues Toilettenbewusstsein einsetzen. Auf der re:publica hat das Netzwerk in einem Garten die Ideen für die Besucher greifbar gemacht.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Dr.-Ing. Ariane Krause (krause@igzev.de)
Weitere Informationen:
https://zirkulierbar.de/
https://p2green.eu/
http://Video-Link: https://zirkulierbar.igzev.de/index.php/s/KCFHDMzxR2jxgwc
http://Foto-Link: https://zirkulierbar.igzev.de/index.php/s/3cyncWdRHTYP4D7
http://Zu Loo:topia auf der re:publica 2023 auf www.naehrstoffwende.org/lootopia-23/
http://Veröffentlichung „Ressourcen aus der Schüssel sind der Schlüssel“: https://www.naehrstoffwende.org/diskussionspapier-naehrstoff-und-sanitaerwende/