Forschungsprojekt belegt Potenzial von Photovoltaik für Gesundheitseinrichtungen in Ghana
Welche Rolle können Photovoltaik (PV)-Anlagen bei der Stromversorgung von Gesundheitseinrichtungen in Ghana spielen? Eine Gruppe von Forscherinnen und Forschern sowie Praktikerinnen und Praktikern verschiedener Disziplinen ist dieser Frage nachgegangen. Die Forschungsergebnisse des Projekts EnerSHelF (deutsch: Energieautarkie für Gesundheitseinrichtungen in Ghana) belegen das Potenzial der PV-Anlagen und zeigen, welche technischen, politischen und gesellschaftlichen Faktoren eine nachhaltige Energiewende in dem afrikanischen Staat befördern oder behindern. Darüber hinaus kann der interdisziplinäre Ansatz als Modell für ähnliche Projekte in der Zukunft dienen.
In Ghana sind Stromausfälle wie in vielen anderen Entwicklungs- und Schwellenländern so alltäglich, dass es sogar ein eigenes Wort dafür gibt. In verschiedenen Dialekten der Akan-Sprache, die in Ghana von etwa neun Millionen Menschen gesprochen wird, bezeichnet „Dumsor“ einen andauernden, unregelmäßigen und unvorhersehbaren Stromausfall. Diese Ausfälle und die generelle Instabilität des Stromnetzes sind vor allen Dingen für Gesundheitseinrichtungen mit großen Risiken verbunden. Medikamente können nicht mehr gekühlt werden oder lebensrettende medizinische Geräte fallen aus.
Das EnerSHelF-Projektteam, bestehend aus Expertinnen und Experten der Ingenieur- und Naturwissenschaften sowie der Entwicklungsökonomie, setzte mit seiner Arbeit bei Themen an, die die Weltgesundheitsorganisation (WHO) als wichtige Bausteine auf dem Weg in eine nachhaltige Zukunft sieht: „Die Energieversorgung von Gesundheitseinrichtungen verknüpft gleich zwei der 17 Entwicklungsziele der WHO miteinander. Dieser sogenannte Nexus von Gesundheit und Energie macht unser Vorhaben auch für ähnliche Projekte in anderen Entwicklungs- und Schwellenländern interessant“, sagt Professorin Katja Bender, die das Projekt gemeinsam mit Professorin Stefanie Meilinger geleitet hat. Beide Wissenschaftlerinnen arbeiten am Internationalen Zentrum für Nachhaltige Entwicklung (IZNE) der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (H-BRS).
Die Ergebnisse im Detail
Die Projektpartner kommen zu dem Schluss, dass es in Ghana Potenzial für Photovoltaik-Lösungen gibt. Besonders geeignet erscheint die Investition für private Betreiberinnen und Betreiber kleinerer Gesundheitseinrichtungen. Aufgrund der Unzuverlässigkeit des Stromnetzes ist ein Großteil dieser Zentren aktuell auf Dieselgeneratoren angewiesen, um die Versorgung von Patientinnen und Patienten sicherzustellen. Photovoltaik-Lösungen mit einem angeschlossenen Batteriespeicher könnten hier in Zukunft dazu beitragen, eine dauerhafte Stromversorgung sicherzustellen und gleichzeitig einen Beitrag zur Nachhaltigkeit liefern.
Wie das funktionieren kann, lässt sich in Akwatia im Süden des Landes sehen. Hier versorgt eine Photovoltaikanlage ein ländliches Krankenhaus mit Strom. Auch nach Projektende soll sie weiter im Betrieb bleiben. Als Blaupause für eine gelungene Stromversorgung dient die Anlage allerdings nicht: „Jeder Ort und jede Einrichtung haben besondere Anforderungen. Ein wichtiger Teil des Projektes bestand daher darin, die gegebenen Wetter- und Klimabedingungen im Detail zu analysieren und erstmals energiemeteorologische Wettervorhersagen in Ghana bereitzustellen und für die Systemsteuerung zu nutzen. Wir verstehen nun besser, welche Bedingungen für einen erfolgreichen Betrieb von PV-Anlagen erfüllt sein müssen“, sagt Professorin Stefanie Meilinger.
Aus diesen Erkenntnissen sind unter anderem mehrere Planungswerkzeuge hervorgegangen, die es in Zukunft erleichtern sollen, den spezifischen Bedarf und die Rolle von Gesundheitseinrichtungen für die ländliche Elektrifizierung, auch unter Einbeziehung der umliegenden Gemeinden, zu ermitteln und die Anlagen besser zu steuern und zu warten.
Photovoltaik-Anlagen könnten somit in Zukunft einen Beitrag für eine sicherere und nachhaltigere Stromversorgung im ghanaischen Gesundheitssektor leisten. Neben Fragen der Finanzierung sei es dabei wichtig, dass Betreiberfirmen gemeinsam mit Partnerinnen und Partnern vor Ort auf den Bedarf der Einrichtungen zugeschnittene Lösungen entwickeln, empfehlen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.
Das Team
Das Team im Projekt EnerSHelF besteht aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Internationalen Zentrums für Nachhaltige Entwicklung (IZNE) an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, dem Cologne Institute for Renewable Energy (CIRE) der TH Köln, dem Institut für Geographie an der Universität Augsburg (IGUA), dem Reiner Lemoine Institut (RLI), dem West African Science Service Center on Climate Change and Adapted Land Use (WASCAL), der University for Development Studies (UDS) aus Tamale/Ghana, dem The Brew-Hammond Energy Centre (TBHEC) an der Kwame Nkrumah University of Science and Technology (KNUST) in Kumasi/Ghana, sowie dem Industriepartner WestfalenWIND Beyond und dem Netzwerkpartner European Association of Development Research and Training Institutes (EADI). Vor Ort kooperierten die Forschenden mit dem St. Dominic's Hospital in Akwatia, dem St. Michaels' Hospital in Kumasi und dem Kologo Health Centre in Kologo.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Prof. Dr. Katja Bender
Hochschule Bonn-Rhein-Sieg
Internationales Zentrum für Nachhaltige Entwicklung (IZNE)
Grantham-Allee 20
53757 Sankt Augustin
Tel. +49 2241 865 9660
Katja.bender@h-brs.de
Prof. Dr. Stefanie Meilinger
Hochschule Bonn-Rhein-Sieg
Internationales Zentrum für Nachhaltige Entwicklung (IZNE)
Grantham-Allee 20
53757 Sankt Augustin
Tel. +49 2241 865 718
Stefanie.meilinger@h-brs.de
Weitere Informationen:
http://PM auf der Website der Hochschule mit Bildern zum Download: https://www.h-brs.de/de/kum/pressemitteilung/mit-sonnenenergie-zu-mehr-versorgungssicherheit-forschungsprojekt-belegt