Neue Forschungsstudie über die selbstständige Modenkopplung von Lichtquellen eröffnet Chancen in der Quantentechnologie
Forscher des Paul-Drude-Instituts, Berlin und des Instituto Balseiro, Bariloche in Argentinien demonstrierten in einer Arbeit, die heute in Nature Communications veröffentlicht wurde, dass Lichtemitter mit unterschiedlichen Resonanzfrequenzen durch den Austausch von mechanischer Energie selbständig ihre relativen Energien asynchron fest aufeinander einstellen können. Diese Erkenntnis ebnet den Weg zu besser kontrollierbaren Lichtquellen und zur GHz/THz-Umwandlung, welche für die Quantentechnologie von Bedeutung ist.
Oszillatoren mit geringfügig unterschiedlichen Resonanzfrequenzen neigen dazu ihre Frequenzen fest auf eine gemeinsame Frequenz einzustellen, sobald sie miteinander interagieren. Dieses Phänomen wurde ursprünglich von Christiaan Huygens – dem Erfinder der Uhr – schon im 17ten Jahrhundert an einem System von zwei Pendeln, die am gleichen Träger befestigt sind [1,2], beobachtet. Huygens bemerkte zunächst, dass es schwierig ist, zwei Pendel mit exakt gleicher Oszillationsfrequenz zu erhalten, was aber notwendig ist, um präzise Uhren herzustellen. Wenn er jedoch die Pendel an einem gemeinsamen Träger aufhing, fingen die Uhren langsam an ihre Bewegungen zu synchronisieren und nach einiger Zeit oszillierten sie dann mit der gleichen Frequenz.
Dieser gerade beschriebene Synchronisierungsprozess ist eine allgemeine Eigenschaft von oszillierenden Systemen, welche als Modenkopplung oder Entrainment bezeichnet wird. Er findet in einer Vielzahl von Oszillatoren statt – angefangen von der für GPS notwendigen sehr präzisen Zeitsynchronisation bis hin zur Synchronisation der menschlichen biologischen Uhr, die den Tagesrhythmus regelt. Der Mechanismus, der hinter dieser Synchronisation steckt, ist alles andere als trivial. Um ihn zu verstehen, müssen wir uns erst einmal bewusst machen, dass die Energie eines Pendels von seiner Frequenz und Bewegungsamplitude abhängt. Weiterhin kann ein Pendel mit einer Frequenz innerhalb eines schmalen Bandes oszillieren. Diese Bandbreite hängt von der Rate ab, mit der das Pendel Energie verliert (d.h. wie schnell das Pendel zum Stillstand kommt). Das Einrasten der Frequenzen der beiden Huygensschen Pendel beruht auf dem Energieaustausch über den gemeinsamen Träger. Dieser Prozess erfordert, dass die schmalen Frequenzbänder der beiden Pendel überlappen und dass die Energieübertragung sehr viel schneller als das Abklingen der Oszillationen abläuft. Sofern diese Bedingungen erfüllt sind, wird Energie zwischen den Pendeln hin und her transferiert bis ihre Schwingungen auf eine einzige Frequenz einrasten. In diesem eingerasteten Regime findet kein Energieaustausch mehr statt.
In Huygens Experiment schwingen die Pendel mit fast gleichen Frequenzen. Eine neue Studie vom Paul-Drude-Institut und vom Instituto Balseiro legt dar, wie man die Bewegung von Pendeln, die sehr unterschiedliche Resonanzfrequenzen haben, synchronisieren kann. Dabei ist die Differenz der Frequenzen Δω weit größer als das Frequenzband jedes einzelnen Pendels. Dieses Szenario ergibt sich, wenn die Pendel unterschiedliche Längen und damit unterschiedliche Resonanzfrequenzen haben, wie dies im oberen Teil der Abbildung 1 illustriert ist. Dieser Prozess – das asynchrone Einrasten der Frequenzen – ist für diverse Anwendungen relevant. Dazu gehören Phasenregelkreise (PLL) in elektronischen Schaltungen oder auch Generatoren von Radiowellen oder Lichtstrahlen mit einer genau definierten Frequenzdifferenz.
In ihrer Veröffentlichung demonstrieren Chafatinos et al. [3] ein integriertes Feld von asynchron eingerasteten Laser-ähnlichen Emittern, die bei Frequenzen ausstrahlen, welche sich um das Vielfache einer genau definierten Frequenz ωₘ unterscheiden (vergl. Abbildung 1, unteres Feld). Das Laserähnliche Licht wird von einem Feld von µm-großen Emittern ausgestrahlt, welche in einen hybriden optomechanischen Halbleiterresonator mit einer mechanischen Resonanzfrequenz ωₘ von ungefähr 20 GHz eingebettet sind. Die Emitter werden von einem externen Dauerstrich-Laserstrahl angeregt. Chafatinos et al. zeigen, dass die Emitter bei Laseranregung ihre individuellen Energien selbst anpassen bis sie die Bedingungen für das asynchrone Einrasten erfüllen. Dann stellt sich der relative energetische Abstand zwischen den Emittern durch Austausch von mechanischen Energiequanten automatisch auf ein Vielfaches von ωₘ ein.
Asynchrones Einrasten von gekoppelten Pendeln kann durch deren Kopplung an einen mechanischen Resonator mit der Frequenz ωₘ, welche nahe einem Vielfachen von Δω liegt (d.h. Δω = n ωₘ , n ist eine ganze Zahl), erreicht werden. Ein solcher mechanischer Resonator ist im oberen Teil der Abbildung 1 als Federaufhängung des Pendelträgers illustriert. Der Energieaustausch über den mechanischen Oszillator sorgt für die Frequenzverschiebung, die für das Einrasten benötigt wird. Tatsächlich kann gezeigt werden, dass die Bedingungen für das asynchrone Einrasten dieselben wie beim gewöhnlichen Einrasten sind, sofern diese Frequenzverschiebung berücksichtigt wird. Ein analoger Prozess findet in dem Feld der Lichtemitter im unteren Teil der Abbildung 1 statt. Hier regt die optomechanische Wechselwirkung Schwingungen an [4] und sorgt gleichzeitig für die Energieverschiebung, die für das asynchrone Einrasten benötigt wird. Interessanterweise wurde kürzlich über ein ähnliches asynchrones Einrasten in einem ganz anderen Zusammenhang berichtet: Der Pitangus sulphuratus, ein amerikanischer Vogel, kann die Frequenzverschiebung seiner beiden Stimmbänder einrasten [5].
Die Studie von Chafatinos et al. demonstriert ein neues Konzept für optomechanische Materialien basierend auf Feldern von µm-großen Zentren, welche stark mit eingesperrten GHz-Vibrationen wechselwirken. Diese Ergebnisse ebenen den Weg zur ultraschnellen kohärenten mechanischen GHz-Kontrolle von Lichtquellen und Zustandsübergängen für Quantentechnologien.
Literatur
[1] https://physicsworld.com/a/the-secret-of-the-synchronized-pendulums/
[2] Ramirez et al., Phys. Rep. 6, 1 (2016)
[3] Chafatinos et al., Nat. Comm. (in press) (2023)
[4] Chafatinos et al., Nat. Comm. 11, 4552 (2020)
[5] Doeppler et al., Phys. Rev. E 102, 62415 (2020)
Organisationen
1 Centro Atomico Bariloche and Instituto Balseiro, Comisión Nacional de Energía
Atomica (CNEA)- Universidad Nacional de Cuyo (UNCuyo), 8400 Bariloche, Argentina ´
2 Instituto de Nanociencia y Nanotecnología (INN-Bariloche), Consejo Nacional de Investigaciones Científicas y Tecnicas (CONICET), Argentina
3 Paul-Drude-Institut für Festkörperelektronik, Leibniz-Institut im Forschungsverbund Berlin e.V., Hausvogteiplatz 5-7, 10117 Berlin, Germany
4 Departamento de Física Aplicada II, Universidad de Sevilla, E-41012 Sevilla, Spain
5 TQC, Universiteit Antwerpen, Universiteitsplein 1, B-2610 Antwerpen, Belgium
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Dr. Paulo V. Santos
Paul-Drude-Institut fur Festkörperelektronik, Leibniz-Institut im Forschungsverbund Berlin e.V.
Hausvogteiplatz 5-7, 10117 Berlin, Germany
Email: santos@pdi-berlin.de
Dr. Alex Fainstein
Centro Atomico Bariloche and Instituto Balseiro, Comisión Nacional de Energía Atomica (CNEA), Universidad Nacional de Cuyo (UNCuyo)
8400 Bariloche, Argentina
Email: afains@cab.cnea.gov.ar
Originalpublikation:
Asynchronous locking in metamaterials of fluids of light and sound
Authors: D. L. Chafatinos, 1,2 A. S. Kuznetsov, 3 A. A. Reynoso, 1,2,4 G. Usaj, 1,2,5 P. Sesin,1,2 I.Papuccio,1,2 A. E. Bruchhausen, 1,2 K. Biermann,3 P. V. Santos, 3 and A. Fainstein 1,2
Nature Communications
DOI: 10.1038/s41467-023-38788-9
Weitere Informationen:
https://nextcloud.pdi-berlin.de/index.php/s/L8FcrfoxLaRbaqS Medienpaket mit Bildern, Animationen usw. unter diesem Link verfügbar