Die innovative Kraft von offenen Bildungsmaterialien (OER)
Offene Bildungsmaterialien können frei verwendet, verändert und verbreitet werden. Das bietet große Chancen, Lernmaterialien einfacher an individuelle Bedürfnisse anzupassen. Dr. Caroline Surmann, Abteilungsleiterin Digitalisierung in der Bildung beim DLR Projektträger, zur Innovationskraft von Open Educational Resources (OER).
Frau Dr. Surmann, das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat vergangenes Jahr eine OER-Strategie für freie Bildungsmaterialien zur Entwicklung digitaler Bildung auf den Weg gebracht. Welche Bedeutung hat dieses Thema aus Ihrer Sicht?
Caroline Surmann: Das besondere an OER ist ihre Lizenzierung. Diese erlaubt es, die rechtlichen Gegebenheiten zu schaffen, sodass die Materialien weiter vervielfältigt, verwendet, verändert, vermischt und verbreitet werden können. Damit ist die Chance verbunden, dass Lehr- und Lernmaterialien einfacher an individuelle Bedürfnisse angepasst werden können – zum Beispiel an die von Menschen mit Einschränkungen oder von benachteiligten Gruppen. Das bedeutet einen riesigen Vorschub für individuelle Lernsettings. OER sind daher aus meiner Sicht ein zukunftsweisendes Thema, das die Bildungslandschaft nachhaltig prägen wird.
Welche Rolle hat der DLR Projektträger bei der Entwicklung dieser Strategie gespielt?
Surmann: Die OER-Strategie wurde in einem partizipativen Prozess erarbeitet, den der DLR Projektträger maßgeblich mitgestaltet hat. Bereits im Frühjahr 2021 fanden drei Online-Konsultationen statt, an denen sich rund 80 Personen aus der Fach-Community beteiligt haben. Dafür haben wir als Expertinnen und Experten für das Thema OER beim DLR Projektträger einen mehrstufigen Beteiligungsprozess entwickelt: In drei Themengebieten wurden Thesen formuliert, die durch die Fach-Community kommentiert wurden – also beispielsweise Forschende, Fachleute aus Pädagogik und IT sowie gemeinnützige Vereine und Verlage.
Welche zukünftigen Potenziale sehen Sie, wenn die Umsetzung von OER gelingt?
Surmann: Die weitere Verbreitung von OER lässt erwarten, dass sich neue Bildungspraktiken weiter etablieren. Nehmen Sie das Beispiel Wikipedia, das ja die meisten kennen. Hier arbeiten viele Autorinnen und Autoren gemeinsam an einem Text, sie ergänzen ihr Wissen, tauschen sich zu einem Thema untereinander aus und erstellen gemeinsam einen Artikel. Ähnliches kann man sich auch gut in einem Lernsetting vorstellen, in dem Lernende zusammen ein Produkt erarbeiten – begleitet durch eine Lehrperson. Hierdurch lassen sich gleich mehrere Kompetenzen vermitteln: Kooperation, Recherche, Strukturierung und Aufbereitung von Wissen, um nur einige zu nennen. Dies ist ein Beispiel für eine sogenannte offene Bildungspraktik, mit der jungen Menschen die Kompetenzen vermittelt werden, die sie heutzutage benötigen.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Dr. Caroline Surmann
Abteilungsleiterin Digitalisierung in der Bildung
Bereich Bildung, Gender
Caroline.Surmann@dlr.de
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