WR | Positive Evaluation des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr
Zehn Jahre nach der Zusammenführung des Militärgeschichtlichen Forschungsamts und des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Bundeswehr zieht der Wissenschaftsrat eine insgesamt positive Bilanz. Dem im Jahr 2013 entstandenen Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBw) bescheinigt er hochwertige Forschungs- und Transferleistungen zu Geschichte und Gegenwart der Bundeswehr in ihren Bündnissen.
„Angesichts der veränderten sicherheitspolitischen Lage ist es für die Bundeswehr und ihre Soldatinnen und Soldaten unabdingbar, ihr Traditions- und Selbstverständnis erneut kritisch zu reflektieren und auf seine Bedeutung für Gegenwart und Zukunft zu befragen“, betont Wolfgang Wick, Vorsitzender des Wissenschaftsrats. „Hierzu leistet das ZMSBw mit seiner Grundlagen- und Auftragsforschung sowie mit seinen vielfältigen Bildungs- und Vermittlungsangeboten einen wertvollen Beitrag.“ Für nicht minder wichtig hält der Wissenschaftsrat die Informations- und Beratungsleistungen, die das Zentrum für das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) und die Führungsebenen der Bundeswehr erbringt.
Nachdem das ZMSBw organisatorisch erfolgreich zusammengewachsen ist, sollte nun die interdisziplinäre Zusammenarbeit innerhalb der Einrichtung weiter gestärkt werden. Der Wissenschaftsrat begrüßt die Maßnahmen, die von der neuen Leitung des Zentrums hierfür etabliert wurden. Zugleich empfiehlt er, das Forschungsprogramm auch im Hinblick auf die fächerübergreifenden Leitthemen konzeptionell weiterzuentwickeln. Dabei sollte das Zentrum seine begonnene Öffnung für aktuelle Forschungsfragen und -methoden der Geschichts- und Sozialwissenschaften engagiert vorantreiben. Besonderen Forschungsbedarf sieht der Wissenschaftsrat etwa im Hinblick auf die Rolle des Militärs in der Geschichte des deutschen Kolonialismus und auf eine historische wie gegenwartsbezogene Geschlechterforschung. Auch seine bislang nur gering ausgeprägte Osteuropakompetenz sollte das ZMSBw unbedingt erweitern.
Generell ermuntert der Wissenschaft das Zentrum dazu, sich noch intensiver in die zivile Forschungslandschaft im In- und Ausland zu integrieren — durch gezielte Kooperationen mit Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen und durch eine Publikationsstrategie, die vermehrt auch auf internationale Fachzeitschriften setzt. Der wertvolle Datenschatz, über den das ZMSBw durch seine teilweise einzigartigen Einblicke in die Bundeswehr verfügt, sollte mit Hilfe eines neu einzurichtenden Forschungsdatenzentrums auch externen Forschenden zugänglich gemacht werden. Dies gilt beispielsweise für die Daten aus der hervorragenden Begleitforschung zum Afghanistaneinsatz der Bundeswehr.
Dringenden Verbesserungsbedarf sieht der Wissenschaftsrat hinsichtlich der Leitungsstruktur des Zentrums. Dort ist derzeit eine zivil besetzte wissenschaftliche Leitungsposition der militärisch besetzten Gesamtleitung nachgeordnet. Um die Position der wissenschaftlichen Leitung für hochqualifizierte Forschende noch attraktiver zu machen, spricht sich der Wissenschaftsrat für die Etablierung einer gleichrangigen Doppelspitze mit klar geregelten Zuständigkeiten aus. Zudem appelliert er an das BMVg, die wissenschaftliche Leitung künftig im Rahmen einer gemeinsamen Berufung mit einer Universität zu besetzen.
Mit der Evaluation des ZMSBw hat der Wissenschaftsrat die Begutachtung sämtlicher Ressortforschungseinrichtungen im Geschäftsbereich des BMVg abgeschlossen. „In den elf Einrichtungen haben wir zumeist deutliche Leistungssteigerungen im Vergleich zu den vorangegangenen Evaluationen festgestellt. In zahlreichen Gesprächen haben uns die Einrichtungen bestätigt, dass sie von den Empfehlungen des Wissenschaftsrats profitiert haben. Ich bin zuversichtlich, dass sich perspektivisch auch die Rahmenbedingungen für die Forschung verbessern werden, wenngleich das in einer derart komplexen Organisation wie der Bundeswehr Zeit benötigen wird“, resümiert Wick.
Originalpublikation:
Zur Stellungnahme - https://doi.org/10.57674/rh5y-c984