Projekt TWON gestartet: Mit digitalen Zwillingen den Einfluss von Social Media auf die Demokratie erforschen
Das FZI Forschungszentrum Informatik untersucht gemeinsam mit einem internationalen Konsortium im Rahmen des EU-geförderten Projektes TWON (Twin of Online Social Networks) die Effekte von sozialen Netzwerken auf die demokratische Debattenkultur. Ziel ist es, der Europäischen Kommission am Ende des Projektes entsprechende strategische Empfehlungen für etwaige Regulierungen von Technologiefirmen oder Plattformbetreibenden vorzulegen.
Online Social Networks beeinflussen durch die Gestaltung ihrer inneren Mechanismen wie beispielsweise algorithmisches Ranking die Verbreitung von Nachrichten und damit das Verhalten ihrer Nutzer*innen. Während solche Entscheidungen häufig aus wirtschaftlichen Gründen getroffen werden, zielen viele Forderungen nach einer Moderation veröffentlichter Inhalte durch soziale Medien darauf ab, schädliche Folgen für demokratische Debatten zu minimieren. Trotz solcher Forderungen nach Eingriffen gibt es keine einheitliche Methode zur Abschätzung der Auswirkungen, die eine Änderung der algorithmischen Parameter eines sozialen Netzwerks mit sich bringt. Vor allem die Komplexität solcher Systeme macht es schwierig, die Ergebnisse isolierter Experimente in eine Schätzung der Gesamtwirkung zu übertragen.
Das übergeordnete Ziel des Forschungsprojekts ist, mithilfe eines digitalen Zwillings den Einfluss von Social Media Plattformmechanismen, wie etwa der Filterung oder Personalisierung von Inhalten, auf demokratische Debatten zu identifizieren. So sollen einerseits demokratiefördernde Metriken identifiziert werden, und andererseits eine für Politik, Zivilgesellschaft und Plattformbetreiber unabhängige Diskussionsgrundlage für etwaige Regulierungsmaßnahmen oder auch Designempfehlungen für Plattformbetreiber zu schaffen.
Mit Digitalen Zwillingen, der Modellierung von Netzwerken und KI-Ansätzen zu simulierten Social Networks
Schlüssel zum Erreichen des Projektziels ist die Entwicklung eines digitalen Zwillings von Social Network Plattformen, mit dem gezielt Diskussionsthemen sowie zum Beispiel Filter- und Personalisierungsmechanismen simuliert werden können. Plattform-Design-Entscheidungen und deren Auswirkung auf demokratische Debatten können so untersucht und geprüft werden. Um eine authentische Umgebung zu erzeugen, wird auf Grundlage theoretischer Erkenntnisse zu Netzwerken und Mechanismen Künstlicher Intelligenz zurückgegriffen.
Vorschläge für den Gesetzgeber und Projektresultate in den öffentlichen Diskurs tragen
Zusammen mit den Konsortialpartnern erforscht und evaluiert das FZI mit Hilfe von Case Studies den Einfluss, den Plattform-Design-Entscheidungen auf die Qualität und die Art von demokratischen Debatten im virtuellen Raum haben. Basierend auf den Forschungsergebnissen formuliert das Konsortium an den Gesetzgeber gerichtete Vorschläge für eine bessere Regulierung von sozialen Netzwerken und bietet Stakeholdern, etwa Social Media Manager*innen, Unterstützung bei der Verbesserung ihrer Plattformen an. Durch verschiedene vom FZI entwickelte partizipative Formate, wie etwa Citizen Labs, strebt das Konsortium außerdem an, die Methodik und Resultate des TWON-Projekts mit einer europäischen Öffentlichkeit zu teilen und zu diskutieren. Das gewonnene Feedback aus dem öffentlichen Raum kann direkt im Projekt weiterverarbeitet werden.
Das Projekt wird mit Mitteln der Europäischen Kommission, speziell dem Horizon Europe-Rahmenprogramm, über eine Laufzeit von drei Jahren finanziert. Im April 2023 fanden sich die Konsortialpartner für den Kick-Off des Projektes in Amsterdam zusammen und arbeiten seitdem an der Realisierung der Vision. Im Executive Board des EU-Projekts arbeitet FZI-Abteilungsleiter Dr. Jonas Fegert mit.
Über das Projekt:
Das Forschungsprojekt TWON wird von der Europäischen Union mit knapp 3 Mio. Euro über drei Jahre (04/2023 – 03/2026) gefördert. Das internationale Konsortium setzt sich aus acht Universitäten und Partnern aus Forschung, Zivilgesellschaft und Wirtschaft zusammen.
Konsortialpartner im Projekt sind:
· Universiteit van Amsterdam (Konsortialleitung)
· FZI Forschungszentrum Informatik
· Institut Jozef Stefan
· Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
· Robert-Koch-Institut
· Slovenska Tiskovna Agencija
· Universität Belgrad
· Universität Trier
Über das FZI Forschungszentrum Informatik
Das FZI Forschungszentrum Informatik mit Hauptsitz in Karlsruhe und Außenstelle in Berlin ist eine gemeinnützige Einrichtung für Informatik-Anwendungsforschung und Technologietransfer. Es bringt die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse der Informationstechnologie in Unternehmen und öffentliche Einrichtungen und qualifiziert für eine akademische und wirtschaftliche Karriere oder den Sprung in die Selbstständigkeit. Betreut von Professoren verschiedener Hochschulen entwickeln die Forschungsgruppen am FZI interdisziplinär für ihre Auftraggeber Konzepte, Software-, Hardware- und Systemlösungen und setzen die gefundenen Lösungen prototypisch um. Mit dem FZI House of Living Labs steht eine einzigartige Forschungsumgebung für die Anwendungsforschung bereit. Das FZI ist Innovationspartner des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und strategischer Partner der Gesellschaft für Informatik (GI).
Weitere Informationen
Valérie Hasler, Communications
FZI Forschungszentrum Informatik
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