Grundschullehramt auf neuen Wegen: Ergebnisse des Heidelberger bildungspolitischen Gesprächs
"Grundschullehramt auf neuen Wegen": Ende Juli haben sich Bildungsexpert:innen zum Lehrkräftemangel und insbesondere zur Situation der Grundschule ausgetauscht. Die Pädagogische Hochschule Heidelberg war Gastgeberin dieses bildungspolitischen Gesprächs, für das sie hochkarätige Expert:innen aus Politik, Verbänden, Hochschulen und Schulen gewinnen konnte. Durch das Programm der drei aufeinander folgenden Podien sowie unter Einbezug des informierten Publikums vor Ort und an den Bildschirmen führte Wissenschaftsjournalist Armin Himmelrath.
Zu Gast waren auf Podium 1 „Gesellschaft“ Gerhard Brand, Bundesvorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung, Monika Stein, Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, und Rita Haller, zweite Vorsitzende des Landesschulbeirats Baden-Württemberg. Auf Podium 2 „Praxis“ diskutierten Sabine Horn, Rektorin Geschwister-Scholl-Schule Heidelberg, Referendar Patrick Götzinger und Studentin Franca-Juliana Brunke. Podium 3 „Politik“ bestand aus den Landtagsmitgliedern Nadyne Saint-Cast, Bündnis 90/Die Grünen, und Dr. Stefan Fulst-Blei, SPD, sowie Prof. Dr. Peter Kirchner, Sprecher der PH-Prorektor:innen Studium und Lehre.
Rektorin Prof.in Dr.in Karin Vach unterstrich in ihrem Eingangsstatement, „dass wir Lehrer:innen brauchen, die mit einem ausgezeichneten Professionswissen Kindern Bildungschancen eröffnen, die mit viel Engagement unterrichten und die auch in Krisen stark sind. Wir können es uns als Gesellschaft nicht leisten, dass die Schere zwischen den Kindern aus privilegierten Familien und Kindern mit weniger Startchancen immer größer wird. Wenn wir Schule neu denken wollen, müssen wir auch unsere Lehramtsstudiengänge weiterentwickeln“.
Einig waren sich die Podiumsteilnehmer:innen, dass gerade den frühen Bildungsprozessen in der Grundschule eine enorme Bedeutung zukommt, da hier die Weichen für die Zukunft gestellt werden. Einigkeit bestand aber auch in der Einschätzung, dass die Grundschule sich zurzeit in einer überaus schwierigen Situation befindet und dringend Unterstützung braucht. Es müsse sofort etwas gegen den Lehrkräftemangel getan und Anreize für das Studium des Grundschullehramts geschaffen werden, so das Credo auf den unterschiedlichen Podien.
Bei der Suche nach Lösungsmöglichkeiten wurde die Angleichung der Gehälter von Grundschullehrkräften mit anderen Schularten gefordert. Ein anderer Ansatz war, dass Praktikantinnen unterstützend eingesetzt werden könnten, gerade mit Blick auf Herausforderungen, die durch große heterogene Klassen, Kindern mit unterschiedlichen Bedarfen und herkunftsbedingten Disparitäten entstanden sind. Ebenfalls diskutiert wurde die Möglichkeit der wissenschaftlichen Qualifizierung und regelmäßigen Fortbildung von Quereinsteiger:innen, bei denen auch Migrant:innen mitgedacht wurden.
Kontroversen entstanden über die Frage, ob duale Studienmodelle eine Möglichkeit sein könnten, neue Zielgruppen für Lehramtsstudiengänge zu gewinnen. Die Befürworter:innen sehen darin die Chance, dass Studierende bei ausreichender wissenschaftlicher Qualifizierung Schulen schon früh im Studienverlauf unterstützen könnten. Durch die Bezahlung der Tätigkeit an den Schulen würde nicht nur ein hoher Anreiz geschaffen, sondern für Studierende auch erleichtert werden, den Lebensunterhalt zu finanzieren. Solche Modelle könnten zudem Quereinsteiger:innen aus anderen Bereichen ansprechen. Ein duales Studium könnte darüber hinaus auch helfen, frühe Studienabbrüche zu vermeiden, da die Bindung an die jeweilige Schule schon frühzeitig erfolgte.
Die Kritiker der dualen Modelle betonten hingegen die sehr gute Qualität der Ausbildung an den Pädagogischen Hochschulen und sehen bei den Studiengängen momentan keinen konkreten Änderungsbedarf, wofür auch die geringe Abbruchquote spricht. In der Einführung eines dualen Modells sehen sie die Gefahr, dass die grundständigen Studiengänge an Attraktivität verlieren würden.