Studierende stemmen Grindelwald-Projekt
Maschinenbau-Studierende konstruieren Rennwagen in Anlehnung an ein bei Kindern beliebtes Rutschauto für Extrem- und Familiensport in ihrem Konstruktionssystematik-Kurs und bringen ihn danach sogar noch vom Rechner auf die Rennstrecke.
Mit 50 Kilometer pro Stunde, noch gut abbremsbar im Sommerbob bergab die asphaltierte Grindelwald-Strecke in der Schweiz bezwingen – Für diese Anforderungen haben drei Maschinenbau-Studierende ein Rutschauto für Erwachsene konstruiert und gebaut. Den Rahmen dafür bot ihnen im fünften Studiensemester der Kurs 3D-CAD I – Konstruktionssystematik. „Für diesen Kurs schreibe ich Projekte aus, die ich bei Firmen und Kolleg*innen angefragt habe, die die Studierenden dann fachspezifisch erarbeiten“, erklärt Kursleiter Sven Klimaschewski. Das Grindelwald-Rutschauto-Projekt ist eines von gut zehn Projekten gewesen, aus denen die rund 25 Studierenden im Wahlpflichtmodul auswählen konnten. „Wir fanden das direkt ziemlich interessant, ein Projekt, das man auch privat angehen wollen würde“, ordnet Julius Ottmüller ein, der zusammen mit seinen Kommilitonen Timo Schneider und Nils Blohm ein Team bildete. „Zunächst haben sie das Projekt nur auf Papier bearbeitet, immer im Gespräch mit dem Auftraggeber“, erklärt Sven Klimaschewski, „das ist unsere Intention, dass die Studierenden in Firmen reinschnuppern, reale Anforderungen und Hürden kennenlernen“. In diesem Fall trafen seine Studierenden auf keine klassische Firma, sondern auf den Extremsportler Alex Elsässer aus der Schweiz. Die zunächst theoretische Mission: Ein antriebsloses Fahrzeug konstruieren, mit dem er die Grindelwald-Strecke runterheizen könnte – als saisonale Sport-Alternative für Extremrodler*innen, aber auch ausgelegt als potenzielles Freizeitsportgerät für Familien, das an Verleihstationen rausgegeben werden könnte. Der Rollenrodelsport hat Nachwuchsprobleme. Die Idee von Alex Elsässer war, sich über das bekannte Modell aus Fürth – also über ein gewohntes Konzept von Lenkrad und Bremse - an den Sport ranzutasten. „Das Fahrzeug sollte ein Spagat sein zwischen Freizeit- und Sportgerät“, sagt Maschinenbau-Student Timo Schneider.
Für die drei Studierenden ging es zunächst um die Planung, konstruktionsmechanisches Design. Das Fahrzeug sollte eine erwachsene Person mit einem Gewicht bis zu 90 Kilogramm tragen und für eine durchschnittliche Größe von 1,80 Meter gut fahrbar sein. „Unsere Idee war, die Fußraste in der Länge verstellbar zu planen – um das Gerät von Kindern bis zu großen Erwachsenen fahrbar zu machen“, erklärt Julius Ottmüller. Das Ergebnis überzeugte Alex Elsässer und auch Sven Klimaschewski: „Sie haben sehr gut abgeschlossen“; für den Extremsportler sogar so gut, dass er am liebsten das Ergebnis nicht nur digital sehen, sondern auch anfassen wollte. Sein Vorschlag: Die drei sollten es fertigen. Und das wollten sie auch. „Wenn man so viel Zeit in etwas steckt, will man auch sehen, ob alles klappt und es testen lassen“, sagt Timo Schneider. Den Raum dafür bot eine Projektarbeit, ebenfalls ein Modul des Studiums, das die drei im sechsten Semester angingen. „Für uns ist dabei wichtig, dass sie ein Thema fachlich vertiefen – Basis der Bewertung ist die Belegarbeit und eine Powerpoint-Präsentation“, erklärt Sven Klimaschewski. Das Material für den Bau ihres Fahrzeugs haben sie quasi selbst gestellt. Das Gehäuse haben Julius Ottmüller, Timo Schneider und Nils Blohm mit dem 3D-Drucker, der in Haus 19 von Studierenden für Studierende aufgebaut wurde, selbst gedruckt.
Aber das Ganze funktionierte nicht ohne Weiteres, sondern bot auch Hürden, erinnert sich Nils Blohm. „Das ist ganz normal“, sagt Sven Klimaschewski, „am Computer ist es noch ganz einfach zu konstruieren und in der Realität treten Probleme auf, die einen von der Serienreife abhalten – zumindest erstmal“. In Serie haben die drei aber schon mal vorgedacht. „Wir haben eine Multifunktionalität der Fußraste – in der Länge ist sie auf die Körpergröße des Fahrers einstellbar und auch eine Anhängerkupplung. Vorn gibt es eine Öse. So könnte man bis zu fünf Fahrzeuge hintereinander hängen, um sie zu transportieren“, erklärt Julius Ottmüller. Ein vielversprechender Anfang für die Zeit nach dem Studium, aber in jedem Fall ein Projekt, das jeder der Involvierten sofort wieder angehen würde.