Hamburgs Jugendliche sind werteorientiert und industriefreundlich
NORDMETALL legt in Zusammenarbeit mit der NORDAKADEMIE eine umfassende Jugendstudie für Hamburg vor. Die Umfrage dokumentiert die Erwartungen junger Menschen kurz vor dem Abitur an Arbeit und Zukunft und stellt diese den Anforderungen von Unternehmerinnen und Unternehmern an potenzielle neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gegenüber. Im vergangenen Jahr feierte die Jugendstudie in Schleswig-Holstein ihre Premiere.
In Hamburg wurden von NORDMETALL nach Zustimmung der Behörde für Schule und Berufsbildung mehr als 1.100 Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen zehn bis 13 befragt, die an neun Gymnasien, sechs Stadtteilschulen und drei Beruflichen Gymnasien unterrichtet werden. Die insgesamt 18 Schulen sind vom Gymnasium Poppenbüttel bis zur Beruflichen Schule Hamburg Harburg, von der Stadtteilschule Rissen bis zur Allermöher Gretel-Bergmann-Schule über die ganze Stadt verteilt. Ebenso beantworteten bis zum Sommer Geschäftsführungen, Personal- und Ausbildungsleitungen aus 61 Hamburger Betrieben mit rund 104.000 Beschäftigten und Schwerpunkt in der Metall- und Elektroindustrie verschiedene Fragestellungen.
Zentrale Ergebnisse der NORDMETALL-Jugendstudie sind unter anderem:
Die befragten Jugendlichen ticken traditionell, was klassische Werte der Arbeitswelt angeht: Sorgfalt und Zuverlässigkeit (83 Prozent), Disziplin und Pünktlichkeit (74 Prozent), aber auch Kommunikationsfähigkeit (71 Prozent) halten sie für „sehr wichtige“ Eigenschaften im Berufsleben. Damit liegen Hamburgs Jugendliche vor den Schleswig-Holsteinern. Demgegenüber halten Hamburger Arbeitgeber die Arbeitsmotivation (93 Prozent), die Teamfähigkeit (65 Prozent) oder die Lernbereitschaft (60 Prozent) ihrer Beschäftigten für besonders wichtig.
Hamburger Jugendliche schätzen Mathematik (33 Prozent), Englisch (35 Prozent) und Deutsch (21 Prozent) weit weniger als die Betriebe, von denen 93, 77 und 80 Prozent diese Fächer für wichtig oder sehr wichtig halten.
Die Schleswig-Holsteinischen Jugendlichen hatten vor einem Jahr eine höhere Affinität zum Fach Englisch und eine geringere zum Fach Deutsch gezeigt. Auffällig ist in Hamburg die höhere Wertschätzung für Englisch in den Stadtteilschulen (55 Prozent) gegenüber Gymnasien (32 Prozent) und Beruflichen Gymnasien (33 Prozent). Umgekehrt bekunden 37 Prozent der Befragten in Beruflichen Gymnasien besonderes Interesse an Mathematik, aber nur 22 Prozent der Stadtteilschüler und 33 Prozent der Gymnasiasten. Jungen sind in der Hansestadt deutlich mathematikaffiner (39 Prozent) als Mädchen (27 Prozent).
Auch die betrieblich wichtigen Fächer Physik (zehn Prozent) und Informatik (sechs Prozent) stießen bei den Schülerinnen und Schülern auf geringeres Interesse als in den Betrieben. Arbeitgeber messen ihnen mit 48 beziehungsweise 59 Prozent eine wesentlich größere Bedeutung zu.
Bei den betrieblichen Berufsfeldern stehen unter Jugendlichen vor allem Projektmanagement und Marketing hoch im Kurs. Betriebe suchen hingegen besonders intensiv Personal für Reparatur und Instandsetzung, Service und Montage sowie das Führen oder Programmieren von Maschinen und Geräten. Die NORDAKADEMIE sieht sich als duale Hochschule in der Rolle eines Bindeglieds zwischen Schule und Arbeitsmarkt optimal aufgestellt und wird die Vorteile des dualen Studiums weiter herausstellen.
Die meisten Hamburger Jugendlichen wünschen sich vor allem eine gute Bezahlung (96 Prozent, deutlich mehr als in Schleswig-Holstein), eine interessante und sinnvolle Tätigkeit (95 Prozent) sowie Aufstiegsmöglichkeiten, Spaß bei der Arbeit und einen sicheren Arbeitsplatz (jeweils 93 Prozent). Zugleich unterschätzen sie den Einstiegsverdienst in der M+E-Industrie nach der Berufsausbildung ausgesprochen stark um mehr als ein Drittel. NORDMETALL wird die Anstrengungen verstärken, um die sehr guten Verdienstmöglichkeiten in der Industrie von inzwischen mehr als 1.100,- Euro im Monat für Azubis und mehr als 60.000,- Euro pro Jahr im Durchschnitt für Langzeitbeschäftigte deutlicher zu machen.
Bei Bewerbungen junger Menschen achten Betriebe vor allem auf die Noten in speziellen Fächern wie Mathematik, Deutsch und Englisch, Betriebspraktika und IT-Kenntnisse. Die Gesamtnote des Abschlusses rangiert erst an vierter Stelle.
Nach der Schule steht das Studium an einer Hochschule bei 44 Prozent der befragten Jugendlichen an erster Stelle. 18 Prozent wollen sich selbständig machen. 16 Prozent bevorzugen ein duales Studium, 14 Prozent eine duale Berufsausbildung. Mit 50 Prozent ist die Gruppe der Unentschlossenen bezüglich eines dualen Studiums am größten (38 Prozent bezüglich Hochschulstudium und 36 Prozent bezüglich dualer Berufsausbildung). Die NORDAKADEMIE wird auch in enger Zusammenarbeit mit Hamburger Unternehmen und mit NORDMETALL ihr Schulmarketing weiter verstärken, um Schülerinnen und Schülern noch früher und klarer die Vorzüge eines dualen Studiums an der norddeutschen Hochschule der Wirtschaft aufzuzeigen.
Schulpraktika und die Familie prägen die Berufsorientierung der Hamburger Schülerinnen und Schüler. Das geben jeweils rund zwei Drittel der befragten Jugendlichen an. NORDMETALL und die NORDAKADEMIE werden neue Kommunikationsformate etablieren, um Betriebspraktika bekannter und interessanter zu machen, die Beratungskompetenz der Eltern zu erhöhen und das Wissen über die Berufswelt insbesondere der M+E-Industrie zu stärken.
Während 52 Prozent der Hamburger Jugendlichen die Berufsorientierung an ihren Schulen als gut oder sehr gut bezeichnen und nur 17 Prozent als mangelhaft oder ausreichend, bewerten die Hamburger Arbeitgeber diese Schulangebote zu null Prozent als sehr gut, zu 17 Prozent als gut und zu 36 Prozent als mangelhaft oder ausreichend.
Hamburger Jugendliche sind flexibel und passen sich dem Bedarf der Betriebe an, wenn es um mobiles Arbeiten oder bezahlte Überstunden geht. Jungen bevorzugen einen Job in Vollzeit (77 Prozent), Mädchen nur zu 48 Prozent, 46 Prozent von ihnen möchten nach Bedarf zwischen Voll- und Teilzeit wechseln können. Mehr als die Hälfte der befragten Abiturientinnen und Abiturienten strebt eine Führungsposition an (61 Prozent der Jungen, 49 Prozent der Mädchen), was deutlich über den in Schleswig-Holstein gemessenen Werten liegt. Jungen zeigen sich insgesamt zuversichtlicher als Mädchen, ebenso Schülerinnen und Schüler, die in Zukunft Führungsverantwortung anstreben.
Fans der MINT-Fächer können sich zu 42 Prozent vorstellen, in der M+E-Industrie zu arbeiten, unter allen Jugendlichen sind es 17 Prozent. Die Hamburger Jugendlichen wollen heimatnah arbeiten und bevorzugen eher europäische als süddeutsche Arbeits- und Lebensstandorte.
Peter Golinski, Geschäftsführer Bildung, Arbeitsmarkt Fachkräfte bei NORDMETALL:
„Die Rahmenbedingungen in der Metall- und Elektroindustrie und die Vorstellungen der Ham-burger Jugendlichen von ihrer beruflichen Zukunft passen offenbar gut zusammen – in Sa-chen Arbeitszeit, Bezahlung und bei den Karrierewegen. Aber es gibt auch noch viel zu tun: Die Berufsorientierung muss gestärkt werden, in möglichst vielen Schulfächern. Die M+E-Industrie wird Praktika noch stärker als bisher bewerben. Auch das Duale Studium muss noch stärker beworben werden, besonders in den Oberstufen der Schulen. Die Unternehmen sollten ihre Angebote noch intensiver an potentielle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter herantra-gen. Die Sprachförderung in Deutsch und Englisch sollte gestärkt werden. Und insbesondere Eltern an Stadtteilschulen sollten intensiver motiviert werden, ihre Kinder bei der Berufswahl zu unterstützen.“
Prof. Dr. Stefan Wiedmann, Präsident und Vorstand NORDAKADEMIE:
„Die Wirtschaft in Hamburg trifft auf eine gegenüber dem Arbeitsleben positiv gestimmte Nachwuchsgeneration. Die vom Arbeitsmarkt besonders nachgefragten IT- und Technik-Skills kann die NORDAKADEMIE in ganz besonderem Maße bedienen. Umso wichtiger ist es, die jungen Menschen für diese Berufsbilder und somit für die damit einhergehenden (Natur-) Wissenschaften zu begeistern. Die NORDAKADEMIE ist der Katalysator, um junge Menschen zu potenziellen Nachwuchs- und Führungskräften in den Hamburger Unternehmen werden zu lassen. Im engen Kontakt mit den Unternehmen in Norddeutschland und insbesondere in Hamburg haben wir im Blick, wie sich Berufsbilder entwickeln und welche Kompetenzen im Unternehmensalltag künftig benötigt werden. So richten wir unsere Studiengänge und Qualifikationen immer wieder an der gelebten Praxis aus – im dualen Bachelor- als auch im berufsbegleitenden Masterstudium.“
Weitere Informationen:
https://meinarbeitgeberverband.de/fileadmin/meinarbeitgeberverband/Wirtschaft-und-Statistik/NM_Jugendstudie_2023_final_.pdf