Bayerische Gymnasiastinnen in Rostocker „Molekularküche“
Eigens aus dem unterfränkischen Elsenfeld kommen Hanna und Lena Fries – nicht um am Strand zu entspannen, sondern um mit Kittel und Schutzbrille im Chemielabor zu verbringen. Beim diesjährigen Landesausscheid „Jugend forscht“ im Freistaat Bayern gewannen die beiden Zwölftklässlerinnen in der Sparte Chemie den Sonderpreis: ein dreiwöchiges Forschungspraktikum am Leibniz-Institut für Katalyse, LIKAT, in Rostock. Noch bis zum 7. September erfahren sie, was es braucht, um Substanzen für katalytische Prozesse maßzuschneidern – von der Idee übers Experiment bis zur Analyse. Dafür geben sie gern drei Ferienwochen her.
Den Sonderpreis gewannen sie zu dritt, leider wurde ihre Freundin wurde kurz vor dem Forschungspraktikum krank, berichten Lena und Hanna. Gemeinsam hatten sie am Julius-Echter-Gymnasium in Elsenfeld am Main hatten die Zwillinge Lena und Hanna Fries für ihr diesjähriges Siegerprojekt aus Johanniskraut einen Katalysator präpariert, der unter Lichteinfluss chemische Reaktionen beschleunigt. „Bewirkt wird das durch einen Stoff namens Hypericin im Johanneskraut“, erläutert Lena, und Hanna ergänzt: „Wir wollten erkunden, wie sich seine katalytische Aktivität messen lässt.“
Chemie in Farbe
Die Photokatalyse ist ein angesagter Zweig in der chemischen Forschung. Die Idee zu solch einem Schülerexperiment fanden die Mädchen in der Literatur. Man stelle sich ein Gläschen vor, gefüllt mit einer gelben Substanz, die sich unter Lichteinfluss blau färbt. „Die Farbe zeigt an, dass der Photokatalysator aktiv ist“, sagen Hanna und Lena. Doch natürlich ist es überraschend. Und es weckt Neugier. Was passiert da im Reagenzglas? Die Mädchen untersuchten u.a. den Einfluss unterschiedlicher Wellenlängen auf das Hypericin und sie experimentierten mit unterschiedlichen Farbstoffen.
Schöne Chemie? Für Lena und Hanna eindeutig: „Jaaa!“ Immerhin verbringen sie drei Wochen ihrer Ferienzeit nicht entspannt am Strand, sondern neugierig und konzentriert im Labor und vor dem Monitor. Hanna bei Dr. Timm Peppel in der Abteilung “Photokatalytische CO2-Reduktion“. Lena bei Dr. Ralf Jackstell, der neue Liganden entwickelt, das sind die molekularen Schutzhüllen eines Katalysators. „Lena erlebt hier echte Molekularküche“, sagt Ralf Jackstell. Mit allem, was dazu gehört – bis zur Dienstbesprechung. Lena: „Unglaublich, was da auf einen Forscher so zukommt!“
Einstieg über die Biologie
Jedes Jahr schnuppern am LIKAT neue Schülerinnen und Schüler in die Chemie hinein. „Wenn wir uns motivierten Nachwuchs in der Forschung wünschen, müssen wir uns selbst um ihn kümmern“, sagt Dr. Jackstell. Die Schüler-Praktika hatte er vor gut zwanzig Jahren am LIKAT eingeführt. Schon in seinem Lehramtsstudium für Mathe und Chemie war ihm klar geworden, dass Motivation für das Fach unter Heranwachsenden vor allem eines erforderte: Motivation unter dem Lehrpersonal. An der Schule und in der Wissenschaft.
Hanna und Lena können das bestätigen. Sie hatten sich immer für Biologie interessiert, berichten sie. Ihr Biolehrer aber wollte gern den Wettbewerb „Jugend forscht“ an ihr Julius-Echter-Gymnasium holen, das eher sprachlich orientiert ist. Und er vermochte Hanna, Lena und ihre Freundin für die Chemie zu gewinnen. „Da hatten wir noch gar keinen Chemieunterricht!“ Allerdings eine Idee davon, dass die biologische Welt auf viel Chemie basiert, wie allein schon die Photosynthese zeigt, die Grundlage allen Lebens.
2022 schon einmal Bundessieger
Mit ihrem ersten „Jugend-forscht“-Projekt, es ging um die Rückgewinnung von Phosphor aus Abwasser, hatten sie im vergangenen Jahr den Sieg im bundesweiten Ausscheid errungen. Was ihnen u.a. ein Ticket zum Internationalen Forscherwettbewerb der Jugend, traditionsgemäß in den USA, einbrachte. So fuhren sie in diesem Jahr im Mai zu dritt nach Dallas, wo sich die Jugendforscher der Welt trafen.
Weil es ihnen im Schullabor über die Jahre so viel Freude machte, haben sie jetzt, in ihrem letzten Schuljahr, auf Landesebene mit einem neuen Projekt weitergemacht. Und wieder einen Preis gewonnen. In Rostock fühlen sich Hanna und Lena hochwillkommen. Vor allem berührt sie, dass ihre Gesprächspartner und „Lehrer“, von der Austausch-Studentin aus Ungarn bis zum Instituts-Direktor, sich so viel Zeit nehmen, ihnen alles, was neu für sie ist, zu erklären. Und für die beiden ist vieles neu. Hanna: „Über die CO2-Reduktion zum Beispiel weiß ich zwar, womit sie startet und was dabei herauskommt, aber der chemische Prozess ist hier schon sehr speziell.“
Für den Strand in Warnemünde bleibt dann auch noch ein bisschen Zeit – nach Feierabend.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Dr. Martha Höhne
Tel.: 0381 1281 382
Mail: martha.hoehne@catalysis.de
Dr. Ralf Jackstell
Tel.: 0381 1281 128
Mail: ralf.jackstell@catalysis.de
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