Wie zukunftsfähig sind Deutschlands Regionen?
Wie lebt man wo in Deutschland und wie steht es um die Zukunftsfähigkeit? Ein Team der ILS Research hat das im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung untersucht. Ein Ergebnis: Deutschland ist ein sozial und räumlich ungleiches Land, auch wenn einige strukturschwächere Gebiete im Vergleich zur letzten Studie 2019 aufholen konnten.
Das ILS hat eine Clusteranalyse mit ausgewählten repräsentativen Indikatoren, wie den Bruttogehältern, den kommunalen Schulden oder dem Wanderungssaldo, durchgeführt. Dabei werden die 400 kreisfreien Städte und Landkreise in Deutschland zu fünf Raumtypen mit ähnlichen Lebensverhältnissen und strukturellen Herausforderungen zusammengefasst. Die Ergebnisse ermöglichen einen detaillierten Blick auf einzelne Regionen. „Einige ländliche Räume, insbesondere auch im Osten Deutschlands, konnten in jüngerer Vergangenheit deutlich aufholen. Der pauschale Gegensatz zwischen Stadt und Land gilt nicht mehr“, so ILS-Wissenschaftler Dr. Bastian Heider. In einigen strukturschwachen Regionen sind etwa die Mediangehälter gestiegen und die Abwanderungsquoten gesunken. „In den Großstädten steigt hingegen die Gefahr sozialer Polarisierung und viele Menschen wandern ins Umland ab“, so Heider.
Angesichts des Klimawandels, geopolitischer Konflikte und wirtschaftlicher Krisen untersuchten die Forscher*innen auch die Zukunftsperspektiven und Krisensicherheit der unterschiedlichen Regionen in Deutschland. „Trotz der aktuellen Überlastungen und sozialen Polarisierungen werden Großstädte auch in Zukunft die wichtigsten Innovations- und Wachstumspole bleiben. Dazu gehören allerdings nicht nur dynamische Metropolen wie München, Hamburg oder Frankfurt, sondern auch einige Großstädte im Ruhrgebiet wie Essen, Dortmund oder Bochum, die aktuell immer noch mit den Folgen des Strukturwandels zu kämpfen haben“, erläutert Heider die Ergebnisse. „Einigen ländlichen Regionen wird es jedoch schwerfallen die anstehenden Herausforderungen, wie den demografischen Wandel oder die Dekarbonisierung, ohne größere strukturpolitische Unterstützung zu bewältigen.“
Das Forscher*innenteam bündelte die Ergebnisse der Studie in zwei Karten. Die Disparitätenkarte gibt einen Überblick über die unterschiedlichen Lebensbedingungen in deutschen Städten und Kreisen. Die Karte der Resilienz und Zukunftsfähigkeit zeigt die Zukunftsperspektiven und Krisensicherheit der unterschiedlichen Teilräume. Die Studie, das wissenschaftliche Gutachten sowie ein dazugehöriges WebGis sind auf der Internetseite der Friedrich-Ebert-Stiftung online.
Das wissenschaftliche Gutachten entstand am ILS unter Beteiligung von Dr. Bastian Heider, Benjamin Scholz, Jacqueline Radzyk, Jutta Rönsch, Dr. Sabine Weck sowie Prof. Dr. Stefan Siedentop (jetzt TU Dortmund). Die Datenaufbereitung erfolgte unter Mitarbeit von Jonas Siethoff, Jan Trosin und Dr. Christian Gerten.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Dr. Bastian Heider, Telefon: 0231 9051-154, E-Mail: bastian.heider@ils-forschung.de
Originalpublikation:
Heider, Bastian; Scholz, Benjamin; Siedentop, Stefan; Radzyk, Jacqueline; Rönsch, Jutta; Weck, Sabine (2023): Ungleiches Deutschland. Sozioökonomische Disparitäten 2023.
Wissenschaftlicher Hintergrundbericht. https://library.fes.de/pdf-files/a-p-b/20535.pdf