Korruption verstehen und bekämpfen: Sozialwissenschaftler, Daten-Experten und Praktiker starten EU-Projekt FALCON
Während klar ist, dass Korruption großen Schaden anrichtet, ist sie ansonsten ein komplexes Phänomen, das sich nur schwer erfassen und messen lässt. Politische Entscheidungen gründen deshalb auf unzureichenden Informationen und es fehlt an technologischen Werkzeugen, die den Kampf gegen Korruption unterstützen. Diese Herausforderungen geht das kürzlich gestartete Horizon-Europe-Projekt »Fight Against Large-scale Corruption and Organised Crime Networks (FALCON)« an.
25 Partner aus 15 Ländern sind beteiligt an dem dreijährigen, interdisziplinären Projekt, das von der Europäischen Union mit 4,7 Millionen Euro unter Grant Agreement ID 101121281 gefördert wird. FALCON wird vom Institute of Communication and Computer Systems (ICCS), Griechenland, koordiniert; aus Deutschland ist das Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB beteiligt. Das Kick-off-Meeting fand am 20. und 21. September in Athen statt.
»Wir freuen uns, diese Aufgabe mit einem so exzellenten und vielfältigen Konsortium anzugehen, dem nicht nur technologische Forschungseinrichtungen und Unternehmen angehören, sondern auch Experten aus dem Bereich der Sozialwissenschaften und vor allem Strafverfolgungsbehörden aus sechs EU-Mitgliedstaaten«, sagte Dr. Evgenia Adamopoulou, Informatikerin am ICCS und leitende Koordinatorin von FALCON. »Wir verfügen also über alle erforderlichen Kompetenzen sowie über umfangreiche Erfahrungen aus früheren Projekten, die ebenfalls darauf zielten, Strafverfolgungsbehörden mittels Big-Data-Analysefunktionen zu unterstützen. Ich bin sicher, dass wir einen spürbaren Beitrag zur wirksamen Bekämpfung der Korruption sowohl auf politischer als auch auf operativer Ebene leisten können.«
Corruption Intelligence Pictures für einen evidenzbasierten, umfassenden Überblick
Ein Schlüsselkonzept innerhalb von FALCON sind die so genannten Corruption Intelligence Pictures (CIPs), die einen ganzheitlichen Blick auf bestimmte Korruptionsbereiche vermitteln sollen. Vier Korruptionsphänomene werden im Projekt als Pilotfälle behandelt: Betrug im öffentlichen Vergabewesen, Umgehung von Sanktionen durch Oligarchen und Kleptokraten, Korruption in Verbindung mit Schmuggel an Grenzübergängen und Interessenkonflikte politisch exponierter Personen.
Um diese CIPs zu etablieren, sie dann schrittweise zu verfeinern und zunehmend auf objektive Maßstäbe statt auf subjektive Bewertungen zu stützen, müssen die verschiedenen Disziplinen und Akteure des Konsortiums eng verzahnt kooperieren. Zunächst müssen neue Korruptionsindikatoren entwickelt und validiert werden, als verbesserte Informationsbasis für politische Entscheidungen. Anschließend wird FALCON – datengetrieben und unter Nutzung von Datenquellen und früheren Ergebnissen der Konsortialpartner – leistungsstarke Datenanalysetools, Datenpipelines und Anwendungen entwerfen und implementieren.
Software-Tools für Risikobewertung, Untersuchung und Entscheidungshilfe
Diese Software-Tools werden dazu beitragen, die CIPs zu aktualisieren und so eine umfassende Bewertung von Korruptionsrisiken und informierte politische Entscheidungen ermöglichen. Gleichzeitig werden sie auch die Ermittlung und Strafverfolgung in Einzelfällen unterstützen.
Auf technologischer Seite wird FALCON ein »common representational model« (»gemeinsames Repräsentationsmodell«) erstellen. Dabei handelt es sich um eine Art Wissensgraphen, der es ermöglichen wird, heterogene Daten aus einer Vielzahl von Quellen, wie z. B. öffentliche Ausschreibungen, Nachrichtenarchive, Kryptowährungs-Transaktionen oder Videoüberwachungsmaterial von Grenzübergängen, einheitlich zu vereinen, zu analysieren und zu fusionieren.
Fraunhofer IOSB übernimmt technische Koordination in FALCON
Methoden der künstlichen Intelligenz (KI) spielen bei dieser Analyse eine wichtige Rolle. Um den Schutz der Privatsphäre / Datenschutz zu gewährleisten und sicherzustellen, dass die entwickelten KI-Modelle unvoreingenommen, nichtdiskriminierend und vertrauenswürdig sind, sind die ethischen Anforderungen Gegenstand eines eigenen Arbeitspakets im Projekt.
In Deutschland ist das Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB in Karlsruhe Teil des FALCON-Konsortiums und wird seine umfassende Erfahrung in den Bereichen angewandte KI, interoperable Datenräume und -architekturen sowie Assistenzsysteme einbringen. Insbesondere wird das Institut für die technische Gesamtkoordination sowie für die Erstellung und Implementierung des »common representational model« verantwortlich sein.
Pressekontakt:
Ulrich Pontes, ulrich.pontes@iosb.fraunhofer.de, +49 721 6091-301
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