Nierenkrankheiten: Häufig, teuer und unterschätzt
Nierenkrankheiten sind häufig und gefährlich, bekommen gesamtgesellschaftlich aber kaum die Aufmerksamkeit, die es benötigt, um die Forschung, Versorgung und vor allem die Prävention zu verbessern. Dabei würden davon alle profitieren: Die Betroffenen, denen viel Leid erspart bliebe, den Kostenträgern, da eine kostenintensive Therapie deutlich seltener zum Einsatz kommen müsste, – und die Umwelt, da die Dialyse viel Energie und Wasser erfordert und viel Abfall verursacht. Die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) plädiert daher für mehr gesamtgesellschaftlichen Einsatz zur Prävention von Nierenkrankheiten.
Nierenerkrankungen sind sehr häufig, gut 10% der Bevölkerung leidet an einer chronischen Nierenerkrankung – die meisten Betroffenen, ohne es zu wissen. Zwar sind „nur“ gut 90.000 Menschen auf eine regelmäßige Dialysetherapie angewiesen, weil ihre Nieren komplett den Dienst versagt haben, doch schätzungsweise sind insgesamt über 9 Mio. Menschen in Deutschland von einer chronischen Nierenkrankheit betroffen. Dabei handelt es sich um eine langsame, schleichende Erkrankung. Die Organfunktion nimmt über die Jahre ab, bei einigen schneller, bei einigen langsamer. Meistens ist es so, dass dieser Prozess von den Betroffenen über eine lange Zeit gar nicht bemerkt wird. Stellen sich Symptome ein (Unwohlsein/Übelkeit, körperliche Schwäche, Müdigkeit etc.), ist die Erkrankung oft schon sehr weit fortgeschritten, so dass die Notwendigkeit einer Nierenersatztherapie häufig nicht mehr abgewendet werden kann.
Hinzu kommt: Eine chronische Nierenkrankheit (CKD) zieht viele Folgekomplikationen nach sich. Es kommt zu Bluthochdruck und Urämie (was bedeutet, dass harnpflichtige Stoffe nicht ausgeschieden werden, sondern im Blut vorhanden sind). Das schädigt die Gefäße und das Risiko für Herzinfarkte oder Schlaganfälle steigt. Eine CKD gehört daher zu den Hauptrisikofaktoren für kardiovaskuläre Erkrankungen. Hinzu kommen viele andere Begleit- und Folgeerkrankungen (z. B. Anämie, Elektrolytstörungen, Juckreiz, Krämpfe, auch Depression).
Die anteilsmäßig häufigsten Ursachen für eine chronische Nierenkrankheit sind der Diabetes mellitus und Bluthochdruck. Zusammen sind diese Volkskrankheiten für mehr als die Hälfte aller „Dialysefälle“ verantwortlich. Da die Zahlen der Menschen mit Diabetes und Bluthochdruck steigen, ist auch von einer noch weiter zunehmenden Zahl CKD-Betroffener auszugehen. Daraus entstehen enorme Belastungen für den einzelnen und exorbitante sozioökonomische Belastungen für die Gesellschaft. Insgesamt werden schon heute 24 Mrd. Euro für die Versorgung von CKD-Patientinnen und -Patienten ausgegeben, das sind knapp 12 Prozent der Gesundheitsausgaben.
Die Prävention von Nierenkrankheiten hat damit nicht nur eine persönliche Dimension, die einzelnen Betroffenen viel Leid ersparen kann, sondern auch eine gesellschaftliche: Neben den ökonomischen Aspekten spielen auch zunehmend ökologische eine Rolle. Der geschätzte Verbrauch für die Behandlung von weltweit 2 Millionen Dialysepatientinnen und -patienten pro Jahr beläuft sich auf 156 Mrd. Liter Wasser, 1,62 Mrd. kWh Stromverbrauch und führt zu 625.000 Tonnen Plastikmüll.
Was muss aus Sicht der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie geschehen? „Wir brauchen ein Deutsches Nieren-Gesundheitszentrum (DNGZ), das Forschung fördert, so dass neue zielgerichtete Therapien entwickelt werden können, um Nierenkrankheiten zu stoppen“, erklärt Prof. Dr. Hermann Pavenstädt, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie (DGfN). „Außerdem benötigt unser Fach eine bessere Sichtbarkeit in der Bevölkerung und Politik, um wichtige Präventionsmaßnahmen bekannter zu machen und umzusetzen. Wir müssen zudem die optimale Versorgung unserer Patientinnen und Patienten sicherstellen und mehr in die Entwicklung neuer, ‚grünerer‘ Dialysetechnologien investieren.“ Die Fachgesellschaft wünscht sich dafür einen engen Schulterschluss mit Politik und Gesellschaft.
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