Gesundheitsökonomische Gespräche 2023: Green Health – Innovationspotential und Herausforderungen
Die diesjährigen Gesundheitsökonomischen Gespräche widmeten sich am 13.10.23 dem hoch aktuellen Thema „Green Health“. Dabei diskutierten die Expert*innen und Praktiker*innen aus dem Gesundheitsbereich beide Aspekte des Themas: Unter dem Titel „Klimawandel und Gesundheit“ wurden die Folgen des Klimawandels für die Gesundheit der Bevölkerung erörtert. Ein zweiter Themenblock befasste sich mit Ansätzen des Nachhaltigkeitsmanagements aus der Praxis und den damit verbundenen Innovationsimpulsen. Den politischen Impuls setzte Ministerialdirektor Daniel Stich vom rheinland-pfälzischen Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit (MWG).
„Die mit dem Titel ‚Green Health‘ assoziierten Megathemen Klimaschutz bzw. Sustainability und Gesundheit verbinden als Querschnittsthemen gesellschaftliche, politische, wirtschaftliche und wissenschaftliche Bereiche und haben auch für das Profil der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen eine besondere strategische Bedeutung“, erläuterte Hochschulpräsident Prof. Dr. Gunther Piller in seiner Begrüßung und ergänzte: „So starten im nächsten Jahr gleich zwei neue Studiengänge am Fachbereich Management, Controlling, HealthCare, ein Bachelor und ein Master, zum Thema Sustainability“.
Tiefer in die Thematik führte anschließend Prof. Dr. Eveline Häusler, Initiatorin und wissenschaftliche Co-Leiterin dieser inzwischen seit 20 Jahren bestehenden Veranstaltungsreihe, ein: Mit einem Anteil von etwa 5% der nationalen Treibhausgasemissionen weise der Gesundheitssektor einen tiefen ökologischen Fußabdruck auf. Dies gelte in ähnlicher Weise für Wasserverbrauch, Abfälle und weitere Faktoren. Gleichzeitig stünden Leistungserbringer, Krankenkassen und die industrielle Gesundheitswirtschaft, ebenso wie öffentliche Verwaltungen, vor großen Herausforderungen, wenn es darum ginge, den gesundheitlichen Folgen des Klimawandels zu begegnen, so Häusler in ihrer Einführung. „Die Auswirkungen des Klimawandels sind ein zentraler Aspekt bei der zukünftigen Gestaltung eines resilienten Gesundheitssystems. ‚Green Health‘ adressiert somit sowohl die Notwendigkeit, schädliche ökologische wie soziale Folgen im Zusammenhang mit Leistungen der Gesundheitsversorgung – sei es bei Produktion, Transport, Verwendung oder Entsorgung – zu reduzieren, als auch die Veränderung im Versorgungsbedarf“, so Häusler weiter.
Diese beiden Dimensionen des Themas griff auch Ministerialdirektor Daniel Stich vom Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit Rheinland-Pfalz auf. In seinem Impulsvortrag ging er sowohl auf nachhaltige Gesundheitsversorgung beginnend mit Präventivmaßnahmen zur Gesundheitsförderung über die Krankenversorgung bis zu Maßnahmen der Nachsorge und der Rehabilitation als auch auf die Folgen des Klimawandels für das Gesundheitswesen ein. „Der Klimawandel ist die größte globale Herausforderung und auch eine besondere Herausforderung unseres Gesundheitssystems“, so Stich mit Blick auf Studien der Weltgesundheitsorganisation WHO und ergänzte: „Auch Deutschland und Rheinland-Pfalz sind davon betroffen“. Vermehrte Antibiotikaresistenzen, steigende Borreliose-Gefahr, Auftreten von West-Nil-Fieber in nördlichen Breiten, erhöhte Keimbelastung in Gewässern und eine größere Zahl von Hitzetoten nannte Stich als Beispiele. Ressortübergreifende Maßnahmen zur Verringerung klimaschädlicher Emissionen sowie zur Anpassung an den Klimawandel zu ergreifen, sei daher von großer Wichtigkeit: Der Hitzeaktionsplan sei dafür ein Baustein, ebenso die Entsiegelung von Flächen, die Begrünung und Beschattung von Innenstädten oder die angestrebte Emissionsreduzierung von Einrichtungen des Gesundheitswesens wie beispielsweise Krankenhäusern, so Stich.
Den Zusammenhang von Klimaschutz, Klimaanpassung und Gesundheitsschutz am Beispiel der Kommunen erläuterte anschließend Dr. med. Michael Eichinger von der Universitätsmedizin Mannheim und Mainz in seinem Vortrag „ Klimawandel und Gesundheit: Klimaschutz als Gesundheitsschutz“ genauer. Der Leiter der Arbeitsgruppe Versorgungsforschung im Kindes- und Jugendalter an der Universität Mainz und der Arbeitsgruppe ‚Planetary Health‘ an der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg zeigte sich wie Stich überzeugt davon, dass die Klimakrise gleichzeitig eine Gesundheitskrise sei und zudem eine soziale Krise nach sich zöge. Das „planetare Polytrauma“ sei allein in den Jahren 2015 bis 2023 weit vorangeschritten und damit auch die Gesundheitsgefährdungslage. ‚Planetary Health‘ müsse daher als zentrales Querschnittsthema in den Governmentstrukturen implementiert und transdisziplinäre Kooperationen sektorenübergreifend eingerichtet werden. Die Entwicklung, Implementierung und Evaluation von Interventionen, die sich positiv auf Umwelt und Gesundheit auswirken, stünden dabei im Vordergrund. Die gute Nachricht dabei: „Es gibt wenig Zielkonflikte zwischen den einzelnen Ressorts“, zeigte sich Eichinger überzeugt.
Im zweiten Themenblock befassten sich die Gesundheitsökonomischen Gespräche mit innovativen Ansätzen des Nachhaltigkeitsmanagements aus der beruflichen Praxis: Burak Isiksal, Leiter des Ressorts Infrastruktur, Bau und Einkauf an der BG Klinik Ludwigshafen, gab Einblick in die Perspektive der Krankenhäuser; Elke Ruppert von der Siemens Betriebskrankenkasse in die Perspektive der Krankenkassen. Anschließend referierte Thomas Hugendubel von der Roche Pharma AG zum Thema Nachhaltigkeitsmanagement aus Sicht der Pharma-Industrie, ergänzt um den Beitrag von Christina Loch, Leiterin der Stabsstelle CSR & Nachhaltigkeit beim Caritasverband Speyer, aus der Perspektive der Pflege. Hierbei sowie bei der anschließenden Podiumsdiskussion wurde deutlich, dass anspruchsvolle Nachhaltigkeitsziele sich nur erreichen lassen, wenn die Akteure entlang der gesamten Wertschöpfungskette und berufsgruppenübergreifend zusammenarbeiten. Nachhaltigkeit hat somit das Potential, ein weiterer Treiber der sektorenübergreifenden Zusammenarbeit zu werden, so das Fazit.
Nicht zuletzt die Studierenden waren beeindruckt von den praxisnahen Erfahrungen und Impulsen, die von den Referentinnen und Referenten geteilt wurden. Eine wesentliche Erkenntnis aus studentischer Sicht war, dass das Thema Nachhaltigkeit alle Teilsektoren der Gesundheitsversorgung auf vielfältige Weise betrifft und bereits aktiv aufgegriffen wird.
Einen weiteren Aspekt des Themas brachte Prof. Dr. Verena Vogt vom Universitätsklinikum Jena nach der Mittagspause in die Diskussion ein: In ihrem Vortrag „Überversorgung reduzieren“ wies sie aus ökologischer Sicht auf die problematischen Folgen von Fehl- und Überversorgung hin.
Feierliche Verleihung der Förderpreise Gesundheitsökonomie:
Den Abschluss der Gesundheitsökonomischen Gespräche bildete auch in diesem Jahr die Verleihung der vom Förderverein Gesundheitsökonomie (GiP) gestifteten Preise für die beste Bachelor- und Masterarbeit. Vanessa Gergereder erhielt den mit 700 Euro dotierten Preis für ihre Bachelorarbeit „Führung im Rahmen von New Work am Beispiel der Führungsleitlinie der Siemens-Betriebskrankenkasse“; Saskia Staiger den mit 800 Euro dotieren Preis für ihre Masterarbeit „Health Literate Organizations – ein Konzept für Einrichtungen der Altenhilfe in Deutschland?“. Die Preise überreichte Rüdiger Burkhard, der 2. Vorsitzenden des Fördervereins Gesundheitsökonomie.
Zum Hintergrund: Gesundheitsökonomische Gespräche
Die Gesundheitsökonomischen Gespräche bringen seit 20 Jahren Expertise, Entscheiderinnen und Entscheider aus allen Bereichen der Gesundheitsversorgung, der Politik und der Wissenschaft an der Hochschule zusammen und geben Impulse, um die Herausforderungen, vor denen diese innovative Branche steht, im Interesse einer leistungsfähigen medizinischen Versorgung erfolgreich zu meistern. Die Gesundheitsökonomischen Gespräche 2024 finden am 08. November 2024 statt.
Gefördert werden die Gesundheitsökonomischen Gespräche durch den Förderverein Gesundheitsökonomie an der Hochschule Ludwigshafen e.V.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen
Institut für Management, Ökonomie und Versorgung im Gesundheitsbereich (IMÖVG)
Simone Kuhn
Tel. 0621 5203-197
imoevg@hwg-lu.de
Weitere Informationen:
http://www.hwg-lu.de/studium/bachelor/gip/gesundheitsoekonomische-gespraeche