Stärkung der Rolle von Frauen in den Neurowissenschaften
Ein Aufruf zum Handeln für Chancengleichheit in der europäischen akademischen Welt
Eine neue Publikation mit dem Titel "A European perspective on structural barriers to women's career progression in neuroscience", die kürzlich in Nature Neuroscience erschienen ist, beleuchtet die anhaltenden geschlechtsspezifischen Unterschiede in den europäischen akademischen Neurowissenschaften. Trotz der steigenden Zahl von Frauen, die in diesen Bereich einsteigen, stellt der Übergang von der Postgraduiertenausbildung zu einer Führungsposition in der akademischen Welt für Wissenschaftlerinnen nach wie vor eine große Hürde dar.
Die aufschlussreiche Perspektive, verfasst von Ashley M. Bourke, Teresa Spanò und Erin M. Schuman, Neurowissenschaftlerinnen am Max-Planck-Institut für Hirnforschung in Frankfurt am Main, bietet eine durchdachte Diskussion der Herausforderungen, die den Aufstieg von Frauen behindern, und plädiert für transformative Veränderungen in der europäischen akademischen Welt.
Die Perspektive beleuchtet einen beunruhigenden und viel diskutierten Trend: Obwohl mehr als 50% der Doktoranden in den Neurowissenschaften Frauen sind, sinkt ihr Anteil auf der Postdoc-Ebene dramatisch und nimmt auf der Ebene der leitenden Forscher noch weiter ab. Zu diesem Rückgang tragen unter anderem tief verwurzelte gesellschaftliche Einstellungen und institutionelle Vorurteile bei. Von impliziten geschlechtsspezifischen Vorurteilen bei Einstellungsentscheidungen bis hin zu den Schwierigkeiten, familiäre Verpflichtungen mit den Anforderungen einer wissenschaftlichen Karriere zu vereinbaren, befasst sich die Perspektive mit den vielfältigen Hindernissen, mit denen Frauen auf ihrem wissenschaftlichen Weg konfrontiert sind.
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, schlagen die Autoren einen mehrgleisigen Ansatz vor. Eine zentrale Empfehlung ist die Ausweitung der Datenerhebung, um ein differenzierteres Verständnis der Probleme zu ermöglichen. Sie betonen, wie wichtig es ist, detaillierte, feldspezifische Daten zu erheben, um gezielte Interventionen zu ermöglichen. Darüber hinaus fordern Bourke et al. die Umsetzung einer familienfreundlichen Politik, einschließlich zugänglicher und erschwinglicher Kinderbetreuungseinrichtungen, und plädieren für eine Angleichung der häuslichen Arbeitsteilung durch gesetzliche Maßnahmen.
Sie betonen auch die entscheidende Rolle männlicher Verbündeter bei der Umgestaltung der akademischen Landschaft. Indem sie aktiv gegen Vorurteile vorgehen und sich für die Gleichstellung der Geschlechter einsetzen, können männliche Kollegen einen wichtigen Beitrag zur Förderung eines integrativen Umfelds leisten, in dem die Talente aller anerkannt und geschätzt werden.
Darüber hinaus rufen die Autorinnen akademische Einrichtungen, politische Entscheidungsträger und Berufsverbände dazu auf, gemeinsam sinnvolle Initiativen zu entwickeln. Sie betonen die Notwendigkeit einer gemeinsamen Anstrengung, um die Barrieren abzubauen, die Frauen daran hindern, in den Neurowissenschaften und anderen MINT-Fächern voranzukommen. Durch die Förderung eines gleichberechtigten Umfelds, in dem Talent kein Geschlecht kennt, kann die wissenschaftliche Gemeinschaft ein unvergleichliches Potenzial freisetzen, das zu bahnbrechenden Entdeckungen und Fortschritten führt.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Prof. Dr. Erin Schuman
Geschäftsführende Direktorin
Max-Planck-Institut für Hirnforschung
Max-von-Laue-Str. 4
60438 Frankfurt am Main
erin.schuman@brain.mpg.de
Originalpublikation:
Nature Neuroscience, 2023
DOI: https://doi.org/10.1038/s41593-023-01467-5