Aufklärung über Einkommensnachteile erhöht die Unterstützung für eine gerechtere Aufteilung von Elternzeit
Die Elternzeit ist für viele Paare der Einstieg in eine ungleiche Arbeitsteilung: Mütter unterbrechen ihre Erwerbsarbeit länger, um Zeit mit dem Kind zu verbringen – und erfahren dadurch langfristige Einkommensnachteile. Wesentliche Gründe für die meist ungleiche Aufteilung zwischen Mann und Frau sind bestehende traditionelle Geschlechternormen, Einkommensunterschiede innerhalb von Paaren sowie mangelnde Kenntnisse über die finanziellen Folgen. Welche Schlussfolgerungen würden Menschen über die Aufteilung der Elternzeit ziehen, wenn sie bessere Informationen über die wirtschaftlichen Konsequenzen hätten? Mit dieser Frage hat sich ein Team von Forschenden beschäftigt.
Das Ergebnis: Je umfassender Menschen zu den ökonomischen Auswirkungen der Elternzeit für Mütter und Väter informiert sind, umso eher unterstützen sie eine gleichberechtigte Aufteilung der Elternzeit. Für die Forschenden eine wichtige Erkenntnis, denn daraus lassen sich auch praktische Auswirkungen für politische Entscheidungsträger ableiten: „Die Befunde vertiefen unser Verständnis über normative Einflüsse familienpolitischer Maßnahmen“, bewertet Mitautorin Prof. Dr. C. Katharina Spieß, Direktorin des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB), die Ergebnisse der Studie, die mit Kolleginnen von der Universität Tübingen erstellt wurde.
Bessere Informationen führen zu stärkerer Unterstützung für eine egalitäre Aufteilung
Für die Untersuchung wurden auf Basis des deutschen GESIS-Panels Personen gebeten, die gesetzliche Elternzeit von maximal 14 Monaten für ein fiktives Paar aufzuteilen, das sein erstes Kind erwartet. Dabei wurden die Antworten der Befragten verglichen mit ihren Antworten, nachdem sie Informationen zu den wirtschaftlichen und beruflichen Konsequenzen der Elternzeit für Männer und Frauen erhalten hatten: Elternzeit führt bei Müttern oftmals zu finanziellen Nachteilen, Väter verzeichnen hingegen kaum Einbußen bei Löhnen oder Karriereschritten. Diejenigen, die über diese Informationen verfügten, akzeptierten eher eine längere Elternzeit des Vaters. Jüngere, noch Kinderlose, reagierten dabei stärker auf diese Informationen. Das hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass sie mit Elternschaftsnormen generell noch wenig persönlich in Kontakt gekommen sind. „Unsere Ergebnisse deuten klar darauf hin, dass die Bereitstellung von Informationen über einkommensbezogene Folgen der Elternzeit in bestimmten Einkommenskonstellationen zu einer erhöhten Akzeptanz von weniger traditionellen Aufteilungen der Elternzeit führt“, erklärt Spieß.
Wirkung der Information hängt von der Glaubwürdigkeit der Aussage ab
In der Studie betonen die Forschenden zudem die hohe Bedeutung der Ergebnisse für die Politikberatung. Allerdings: „Die Wirkung der Informationen hängt wesentlich vom Vertrauen in die Institutionen ab, von denen sie bereitgestellt werden“, meint Spieß. Wenn evidenzbasierte Informationen durch die Politik oder in den Medien wiederholt verbreitet werden, dann könnten sie ihr aufklärerisches Potenzial entfalten. Dies trifft sogar auf Gruppen zu, die noch nicht im Fokus der Familienpolitik stehen.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Prof. Dr. C. Katharina Spieß
Tel. 0611-75 2363
E-Mail: direktorin@bib.bund.de
Originalpublikation:
Philipp, Marie-Fleur, Büchau, Silke; Schober, Pia S.; Spieß, C. Katharina (2023): Parental Leave Policies, Usage Consequences, and Changing Normative Beliefs: Evidence From a Survey. Gender & Society (online first). doi.org/10.1177/08912432231176084