Das LIAG feiert 75 Jahre Geophysik in Hannover
Forschende des LIAG und seiner Vorgängerinstitutionen setzen seit 75 Jahren angewandte geophysikalische Methoden zur Erkundung des oberflächennahen und nutzbaren Untergrundes ein und entwickeln Mess- sowie Auswertungsverfahren stetig weiter. Dies ist Voraussetzung zur Beantwortung von Forschungsfragen beispielsweise zu Grundwasser, Geogefahren, Georeservoire als Energiequelle, zum Beispiel Erdwärme, und Energiespeicher. Rund 130 eingeladene Gäste, darunter der Niedersächsische Umweltminister Christian Meyer und der Staatssekretär im Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung, Frank Doods, nahmen am 15. November an der Jubiläumsfestveranstaltung teil.
Eins der Highlights der Veranstaltung bildete die Einrahmung der Podiumsdiskussion „Klimaneutral heizen mit Geothermie – wie können Open Data, Forschung und Digitalisierung Veränderungen voranbringen?“ in den November der Wissenschaft, woran unter anderem der Niedersächsische Umweltminister Christian Meyer teilnahm. So wurden Fragen und Anliegen in diesem aktuellen Thema im Bereich Forschung, Politik und Gesellschaft zu Potenzialen und Risiken in Deutschland und Niedersachsen öffentlich mit der Bevölkerung diskutiert. Das LIAG ist Partner der Initiative Wissenschaft Hannover, die den November der Wissenschaft alle zwei Jahre organisiert.
Meyer gratulierte der LIAG zum 75-jährigen Bestehen und hob die Bedeutung der Forschung für die Wärmewende hervor: „Um Niedersachsens ehrgeizige Klimaziele zu erreichen, müssen wir auch die klimaschonende Tiefengeothermie mit aller Kraft vorantreiben. Effizient Wärme aus einer umweltfreundlichen und nahezu unerschöpflichen Energiequelle zu gewinnen ist ein wichtiger Baustein beim Klimaschutz. Vom Niedersächsischen Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) wurden bereits 20 sogenannte Erlaubnisfelder zur Aufsuchung von Erdwärme vergeben. Da es derzeit keine spezielle Richtlinie zur Förderung von Geothermie gibt, hat das Umweltministerium die Voraussetzungen für eine Förderung aus dem Wirtschaftsförderfonds für zwei Pilot- und Demonstrationsprojekte geschaffen. Denn das sogenannte Fündigkeitsrisiko stellt oft ein großes Hemmnis bei der Realisierung entsprechender Projekte dar.“
Geophysik-Forschung seit Beginn der Erdwärmenutzung als Besonderheit in der Geschichte
Das LIAG beziehungsweise seine Vorgängerinstitutionen beschäftigen sich im Rahmen der Geophysik-Expertise seit Beginn der Erdwärmenutzung am längsten mit der Geothermie – seit 1953. So waren Forschende schon mit geophysikalischen Untersuchungen am ersten Geothermie-Standort Larderello in der Toskana in Italien mit dabei. Bereits früh wurden Geothermie-Atlanten erstellt, die schließlich im geothermischen Informationssystem GeotIS als digitales Informationsportal für die Geothermie in Deutschland in mehreren aufbauenden geförderten Projekten gebündelt sind.
Eröffnung mit Grußworten und Podiumsdiskussion zur Relevanz der Geophysik
Die Eröffnung durch den Staatssekretär im Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung, Frank Doods, bildete den Auftakt der Veranstaltung. Schnell wurde deutlich: Die langjährige Spezialisierung auf oberflächennahe geophysikalische Anwendungen, die Geräte- und Dateninfrastruktur sowie die daraus resultierende Kompetenz in der Kombination vielfältiger geophysikalischer Methoden zeichnen heute das LIAG als eine in Deutschland einzigartige Forschungseinrichtung aus. Das LIAG bekam seinen Namen jedoch erst im Jahr 2008. Es ist damals als GGA-Institut aus der Abteilung "Geowissenschaftliche Gemeinschaftsaufgaben" (GGA) des ehemaligen Niedersächsischen Landesamtes für Bodenforschung hervorgegangen. Die so genannten "Geowissenschaftlichen Gemeinschaftsaufgaben" wurden durch die Höchster Vereinbarungen vom 1. Juni 1948 gegründet.
„Mit dem Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik und seiner Vorgängerinstitutionen können wir auf 75 Jahre Erfahrung in der Geophysikforschung in Niedersachsen zurückblicken. Hierzu spreche ich im Namen der Niedersächsischen Landesregierung meine herzlichen Glückwünsche aus“, erklärt Staatssekretär Frank Doods. „Die Niedersächsische Landesregierung sieht das Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik als einen wichtigen Bestandteil der nationalen Forschungslandschaft an und hält sowohl die methodische und wissenschaftliche Kompetenz als auch die Beratungsleistung des Instituts im Zusammenhang mit aktuellen gesellschafts-, wirtschafts- und umweltpolitischen Fragen zur Erforschung und Nutzung des Untergrundes für unverzichtbar.“
Vorstellung von Forschungslinie und Highlights am LIAG
Prof. Dr. Martin Sauter, der seit knapp einem Jahr das Institut leitet, nutzte die Gelegenheit, um die Weiterentwicklung der zukünftigen Forschungslinie zu präsentieren. Neben Grundwasser(-systemen) und Geogefahren wird der Forschungsthemenbereich „Georeservoire als Energiequelle und Energiespeicher“ die dritte Säule der Themenschwerpunkte für die Geophysikforschung bilden. „Ich freue mich sehr, dass wir im Rahmen des Jubiläums die langjährige Expertise des LIAG feiern und auf die Forschungserfolge zurückblicken, die die gesamte LIAG-Belegschaft erarbeitet hat“, erklärt Prof. Dr. Martin Sauter. „Zukünftig werden wir diese Expertise in den drei Forschungsthemen Grundwasser, Geogefahren und Georeservoire bündeln und für exzellente Arbeiten weiterentwickeln.“
Planung von Handlungsmaßnahmen im Zuge des Klimawandels
Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Verbänden und Forschung diskutierten anschließend die Frage: Welche Rolle spielt die Geophysik bei der Planung von Handlungsmaßnahmen im Zuge des Klimawandels? Dabei wurden die verschiedenen Aspekte hinsichtlich des Grundwassermanagements, der Energieversorgung sowie der Geogefahren und Landschaftsgenese beleuchtet.
Geophysik-Show mit Oberbürgermeister Belit Onay sorgt für Überraschung
Und da ist sie: Die Jubiläumstorte. Mit verschiedenen geophysikalischen Methoden wurde diese von Dr. Insa Cassens als Forschungsreferentin mit Unterstützung des Oberbürgermeisters von Hannover sichtbar gemacht.
Wissenschaftliche Vorträge im Rahmen der neuen Forschungslinie
Es folgten Vorträge zu Wasserstoff im zukünftigen Energiesystem von Prof. Dr. Richard Hanke-Rauschenbach der Leibniz Universität Hannover, zu Karst Grundwasserressourcen von Dr. Linda Luquot, vom Centre National de la Recherche Scientifique – Géosciences Montpellier, zur Erdbebenforschung an der Schnittstelle von Geologie und Geophysik von Dr. Christian Brandes der Leibniz Universität Hannover. Den Abschluss bildete Mike Müller-Petke, Leiter der Grundwasserforschung am LIAG, mit seinem Vortrag zur Rolle der Geophysik für das Management küstennaher Grundwassersysteme im Klimawandel. Jan Egge Sedelies, Redakteur der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung, moderierte die Veranstaltung.
Festveranstaltung als Teil einer Jubiläumswoche
Den Auftakt der Jubiläumswoche bildete bereits am 14. November das LIAG-Seminar mit dem Vortrag von Prof. Dr. Gerald Gabriel und Dr. Rodolfo Christiansen zum Thema „Natürlicher Wasserstoff als saubere Energiequelle? Geophysikalische Exploration“ zu dem wegweisenden Projekt HyAfrica zur Erforschung der Entstehung und den Nutzungsmöglichkeiten von natürlichem Wasserstoff in Afrika. Die langfristige gemeinsame Forschungs- und Innovationspartnerschaft zwischen der Europäischen Union und der Afrikanischen Union im Bereich der erneuerbaren Energien (LEAP-RE) fördert das Projekt mit einem Budget von fast einer Million Euro.
Nach der Festveranstaltung zeigen Forschende am 16. November, praxisnah über eine Ausstellung von Exponaten und Mitmach-Experimenten im aufhof, wie Angewandte Geophysik für die Beantwortung von Forschungsfragen in den Bereichen Grundwasser, Geogefahren und Geothermie funktioniert. Vor Ort sichtbar ist die 2,5 Meter große LIAG-Drohne mit einem Drohnensimulator. Ein Nachbau des am LIAG entwickelten Salzwassermonitoringsystems SAMOS zeigt, wie die elektrische Leitfähigkeit genutzt werden kann, um Strukturen und beispielsweise Versalzungsprozesse im Untergrund zu erfassen. Zudem verdeutlicht die mobile seismischen Miniquelle ELVIS, die ebenfalls eigens am LIAG entwickelt wurde, wie LIAG-Forschende unter anderem oberflächennahe Verläufe von Störungen abbilden, die Erdbebenpotenzial haben können. Unter anderem mit Bohrkernen, Bohrkernscans und Logging-Tools, zeigt die Ausstellung die Erforschung der Potenziale des Untergrundes für die Erdwärmenutzung in Deutschland innerhalb des Forschungsbereichs Georeservoire im Hinblick auf die Geothermie.
Weitere Informationen:
http://www.leibniz-liag.de