Ethikrat: Solidarität mit Jüdinnen und Juden – Antisemitismus entschieden entgegen treten
Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel haben antisemitische Äußerungen und Übergriffe im ganzen Land zugenommen. Dazu erklärt der Deutsche Ethikrat:
„Der grausame Terrorakt der Hamas am 7. Oktober hat zu unermesslichem Leid in Israel geführt und in der Welt Entsetzen ausgelöst. Er erschüttert auch uns zutiefst. Seitdem kommt es weltweit, aber auch in Deutschland, zu antisemitischen Aufrufen, Demonstrationen und Übergriffen. Der Antisemitismus erstarkt wieder bzw. wird neuerlich sichtbar und salonfähig.
Es ist die traurige Wahrheit, dass jüdisches Leben in Deutschland auch vor dem 7. Oktober immer wieder bedroht wurde. Was viele in der Folge der Aufarbeitung der Gräuel der Nazizeit und des Holocaust – fälschlicherweise – für weitgehend überwunden hielten, ist in erschreckendem Ausmaß in Deutschland wieder aufgebrochen: Jüdinnen und Juden werden bedroht, sind Anfeindungen, Verunglimpfungen, Hass bis hin zu tätlichen Angriffen ausgesetzt. Gebäude, in denen Jüdinnen und Juden leben und arbeiten, werden markiert und beschmiert, Einrichtungen jüdischen Lebens, von der Kita bis zum Friedhof, werden angegriffen. Im Alltag, in den sozialen Medien, aber auch auf deutschen Straßen werden offen antisemitische Äußerungen getätigt. Zu oft herrscht dazu Schweigen, zu oft wird verharmlost, relativiert.
All das darf nicht sein. Der Antisemitismus – die Ablehnung und Bedrohung jüdischen Lebens, die Einschüchterungen und Diffamierungen von Jüdinnen und Juden – ist immer und in jeder Form abzulehnen und darf schon gar nicht noch mehr zunehmen, so wie dies gegenwärtig zu beobachten ist. Dem müssen wir entschieden entgegentreten. Jüdinnen und Juden müssen in Deutschland in Sicherheit und Freiheit leben können.
Wer jüdisches Leben in Deutschland bedroht, es aus unserer Mitte zu verdrängen versucht, stellt sich gegen die Grundwerte unseres Gemeinwesens und unserer Verfassung. Es ist Aufgabe des Staates, dafür Sorge zu tragen, dass effektiver Schutz gewährt wird. Rechtsvorschriften sind rigoros zu befolgen und anzuwenden; es darf keine Milde gegenüber dem wiedererstarkenden Antisemitismus geben.
Wir alle, also die Gesellschaft als Ganze, sind verantwortlich. Öffentliche Institutionen müssen ihre Stimme gegen Antisemitismus erheben. Alle in Deutschland lebenden Menschen sind zu Zivilcourage, Anstand und ggf. Widerstand aufgerufen – im öffentlichen Raum, aber auch im eigenen privaten und beruflichen Umfeld. Wir fordern dazu auf, im Sinne eines dringend benötigten Zeichens zwischenmenschlichen Zusammenhalts aktiv auf Jüdinnen und Juden sowie deren Institutionen, Verbände und Vertretungen zuzugehen und deutlich zu machen, dass sie nicht allein sind. Ihr Leid und ihre Sorge berühren uns tief. Wir stehen jetzt und in Zukunft an ihrer Seite. Wer sie angreift, greift uns alle an.“