„Jetzt ist die Philosophie als Orientierungswissenschaft gefordert“ – die Bedeutung der Philosophie in Krisenzeiten
Die gestrige Akademische Feier der Hochschule für Philosophie München (HFPH) stand unter dem Zeichen der Bedeutung der Philosophie als Orientierungswissenschaft in Zeiten großer Herausforderungen und Unsicherheiten. Neben den Ansprachen des Bayerischen Wissenschaftsministers Markus Blume MdL und des Präsidenten der HFPH, Johannes Wallacher, hob auch die Festrede des Erkenntnistheoretikers, Dominik Finkelde SJ, die besondere Relevanz der Philosophie für das Heute hervor.
Kritisches Denken fördern
In einer Zeit, in der die Welt mit zahlreichen Herausforderungen wie Kriegen, dem zunehmenden Auseinanderbrechen unserer Gesellschaften oder der Klimakrise konfrontiert ist, war die diesjährige Akademische Feier der HFPH ein Anlass, um den Fokus darauf zu legen, welchen Beitrag die Philosophie und die Ethik zu einem Problemlösungsansatz leisten können. Bereits im Vorjahr unterstrich der Bayerische Staatsminister für Wissenschaft und Kunst Markus Blume MdL die Bedeutung der Philosophie als grundlegende Orientierungswissenschaft im akademischen Bereich und der gesamten Gesellschaft und bezeichnete die HFPH in diesem Zuge als „Diamant der bayerischen Hochschullandschaft“.
Dieser wörtlichen Auszeichnung Rechnung zu tragen, ist und bleibt Anspruch der HFPH. So betonte Professor Johannes Wallacher in seiner Rede angesichts der verschiedenen und sich wechselseitig verstärkenden Krisen:
„Insofern wird unser Auftrag als Hochschule, Menschen zum eigenständigen kritischen Denken zu ermutigen und zu befähigen, damit sie unsere unübersichtliche Welt besser verstehen und Toleranz und Frieden fördern können, umso bedeutsamer“. Als Begründung erläutert der Hochschulpräsident weiter: „Um einem sich ausbreitenden Freund-/Feind-Schema, das unsere Wirklichkeit vorschnell in Richtig und Falsch, Gut und Böse aufteilt, etwas entgegen setzen zu können, ist strukturierte Analyse, differenzierte Einordung und begründete Orientierung – und damit die Philosophie als die Orientierungswissenschaft gefordert.“
Auch Wissenschaftsminister Markus Blume MdL fand dazu treffende Worte:
„Das Zeitalter der ‚Zeitenwenden‘ fordert uns heraus: Kriege, Klima, Krisen – gleichzeitig großartige Chancen durch rasanten technischen Fortschritt und Innovation. Das alles braucht Einordnung und Reflexion – Algorithmen brauchen Aristoteles. Die HFPH gibt uns diese notwendige ethische Orientierung: Sie setzt Leitplanken im Denken auf der Grundlage unserer christlichen Werte – das macht sie zur Stütze unserer offenen und freien Gesellschaft und zu einem wertvollen Teil unserer Hochschulfamilie. In diesem Sinne: Ad multos annos!“
Die Wirklichkeit verstehen
Im Festvortrag ‘There is a Crack in Everything.‘ (L. Cohen) – Zum Verhältnis von Wissen und Wahrheit von Prof. Dr. Dominik Finkelde SJ, Professor für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuesten Zeit an der HFPH, wurde deutlich, dass die Philosophie Räume schafft, über das Bekannte und Bewiesene hinauszudenken und die Komplexität der Welt zu erfassen. Gerade die globalen Krisen zeigen, wie begrenzt unsere Fähigkeit ist, die Realität zu erfassen.
Finkelde SJ betonte, dass es Bereiche gibt, die wir nicht messen oder vollständig verstehen können: „Die Krisen der Gegenwart zeigen uns, inwiefern die uns umgebende Wirklichkeit immer kleiner ist als die Menge ihrer Teile. Es gibt ein Jenseits, das wir nicht einfangen und nicht einmal ausmessen können. Deshalb werden wir immer wieder von etwas Anderem überrascht. Die Philosophie stellt die Frage nach diesem Jenseits wie keine andere Disziplin. Sie tut dies als Geisteswissenschaft sowohl im Austausch mit der Geschichte des Denkens. Aber sie tut dies auch im Dialog mit den modernen Naturwissenschaften. Beides ist notwendig, um für das Unbekannte, wenn auch nicht vorbereitet, so doch immerhin wach zu sein.“
Feierlichkeiten zum Welttag der Philosophie
Die jährliche Akademische Feier der HFPH wurde in diesem Jahr am 23. November 2023 abgehalten. Bei der Veranstaltung, die jedes Jahr um den UNESCO Welttag der Philosophie gefeiert wird, kommen Freundinnen und Freunde der Hochschule sowie eine Gemeinschaft von interdisziplinären und internationalen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in der Münchner Kaulbachstraße zusammen, um sich der Wertschätzung der Philosophie und den Errungenschaften der Hochschule zu widmen. Während der Feierlichkeiten wurden unter anderem herausragende Nachwuchs-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler geehrt, die durch ihre akademischen Leistungen das Profil und den Anspruch der Hochschule weiter gestärkt haben.
An der Hochschule für Philosophie München (HFPH) stellen sich Lehrende und Studierende seit fast 100 Jahren gemeinsam den großen gesellschaftlichen Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft. Wir bilden Menschen in Philosophie aus, damit sie komplexe Zusammenhänge kritisch erfassen können und Orientierung in den existenziellen Fragen des Menschseins gewinnen. Das Studienangebot der vom Jesuitenorden getragenen und staatlich anerkannten Hochschule umfasst Studiengänge in Philosophie mit den Abschlüssen Bachelor, Master und Promotion ebenso wie berufsbegleitende Weiterbildungsstudiengänge mit Zertifikat oder Master-Abschluss. Im Zentrum des Münchner Universitätsviertels zeichnet sich die Hochschule durch besondere Lehr-/Lernprozesse auf Augenhöhe zwischen Studierenden und Lehrenden, eine familiäre Atmosphäre sowie inter- und transdisziplinären Austausch aus. Die Hochschule ist ein Ort des Dialogs und der Debatte, der auch über die Wissenschaft hinaus in die Gesellschaft hineinwirkt.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
www.hfph.de [Link zur Webseite der HFPH]