Post-Covid in Auswirkung auf Schlaf und Träume
Viele Dinge, die unser Leben beeinflussen, beeinflussen auch unseren Schlaf. So war es auch mit Corona. Schon im ersten Pandemie-Jahr stellten Schlafforscher auf der damals digitalen Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) erste Untersuchungen zum Einfluss von Covid-19 auf Schlaf und Träume vor. Dieses Jahr treffen sich die Experten in Berlin und auch dort werden die Nachwirkungen des Virus im Programm behandelt. Wir stellen Ihnen drei der Themen vor:
Eingesperrt in einer Kiste: Träume im Lockdown
Traumforscher wollen generell ergründen, wie sich das Wachleben auf die Traumwelt auswirkt. Und die Corona-Pandemie war ein Faktor, der sich sehr deutlich in den Träumen weltweit widerspiegelte. Dies zeigten internationale Studien, an denen der Mannheimer Traumforscher Prof. Michael Schredl beteiligt war, und über deren Ergebnisse er im Dezember auf dem Kongress der DGSM berichten wird. Einheitlich erwies es sich, dass diejenigen, die besonders stark unter den Coronamaßnahmen gelitten haben oder diejenigen, die sehr große Angst vorm Erkranken hatten, auch vermehrt Alpträume hatten. 10 und 15% der Befragten, gaben an, dass mit Beginn der Pandemie die Alpträume zugenommen haben. Die Inhalte der Träume gehen dabei von Sorgen, dass geliebte Menschen schwer erkranken oder dass trotz offenkundiger Gefahr keiner mehr Maske trägt, bis zum Szenario des Eingesperrtseins in einer Kiste als Sinnbild, dass man der Situation nicht entkommen kann. „Es ist typisch für mit Stress assoziierte Träume, dass diese nicht die eigentliche Situation wiedergeben, die den Stress auslöst. Hier wird dann oft metaphorisch geträumt“, erklärt Michael Schredl.
Eine spannende Erkenntnis seiner vielfältigen Alptraumforschungsprojekte ist, dass ein Großteil der Erwachsenen, die über viele Jahre schon Alpträume haben, diese nicht behandeln lassen, obwohl sie als belastend empfunden werden. Gründe hierfür könnten sein, dass man sich dafür schämt oder eine Auseinandersetzung damit vermeiden will. Woran es genau liegt, und wie man diese Menschen erreicht, damit beschäftigt sich aktuell die AG Traum der DGSM. An dieser Stelle gern der Hinweis, dass sich Betroffene jederzeit dorthin wenden können, wenn Sie Hilfe suchen! Auf der Homepage der DGSM (www.dgsm.de) finden sich Informationsmaterial, eine Liste mit Anlaufstellen in Deutschland und Fragebögen zum Thema. Prof. Schredl kann jedem nur raten, Alpträume auch als Chance zu verstehen: „Obwohl sie zunächst belastend sind, können Alpträume den Ausgangspunkt für die konstruktive Bewältigung von Ängsten bieten.“ Und die Therapie (Üben in der Vorstellung, die Alptraumsituation zu bewältigen) sei nicht nur kurz, sondern wirke schnell und gut.
Wirksame Behandlungen bei Post-COVID-Patienten sind da: die richtige Diagnose ist entscheidend
Auf Schlafveränderungen bei Post-COVID-Patienten bezieht sich der Vortrag zu „Schlafphänotypen und Biomarker bei Post-COVID-Syndrom“ von Neurologin und Psychiaterin Dr. Claudia Schilling. Die Leiterin des Schlaflabors am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim untersuchte Patienten, die viele Monate nach einer SARS-CoV-2-Infektion noch an neuropsychiatrischen Beschwerden wie Fatigue, kognitiven Störungen, Schlafstörungen oder Kopfschmerzen leiden, im Schlaflabor. „Ein sehr großer Anteil der Post-COVID-Betroffenen zeigt Veränderungen des Schlaf-Wach-Verhaltens“, sagt Claudia Schilling, „Dabei fällt auf, dass es ein breites Spektrum an Schlafstörungen gibt, viel Insomnie, aber auch häufige schlafbezogene Atmungsstörungen, und dies auch bei Menschen, die nicht dem typischen Risikoprofil entsprechen. Außerdem sehen wir vermehrt Hypersomnien, also Betroffene, die trotz gesunden Nachtschlafs an messbar erhöhter Tagesschläfrigkeit leiden. Wichtig ist es daher, die Schlafstörungen gezielt zu diagnostizieren, denn es stehen wirksame Behandlungen zur Verfügung, nur ist die Behandlung je nach Diagnose eine andere“. Mit Biomarker-Untersuchungen will die Arbeitsgruppe von Claudia Schilling nun möglichen Ursachen und Einflussfaktoren der Schlafveränderungen auf den Grund gehen.
Starke Erschöpfung bei Post-Covid-Patienten erschwert schlafmedizinische Einschätzung
Zu Beginn der Pandemie war nicht klar, was für Langzeitfolgen sich daraus entwickeln würden. Betroffene von Long-Covid berichteten auch hier recht früh über Schlafstörungen und Tagesschläfrigkeit. Sehr schnell wurde dann klar, dass die Vielzahl der Post-Covid-Betroffenen in der Praxis nur mit Mühe versorgt werden kann. „Etwa zwei Drittel unserer Post-COVID-Patienten leiden unter chronischer Erschöpfung, medizinisch als Fatigue bezeichnet. Um darunter genau diejenigen Patienten zuverlässig filtern zu können, die aufgrund ihrer Tagesschläfrigkeit zur weiteren Diagnostik unbedingt ins Schlaflabor müssen, nutzten wir einen Fragebogen“, erklärt Solveig Menrad, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Interdisziplinären Zentrums für Schlaf- und Beatmungsmedizin am Universitätsklinikum Jena. Dieses Vorgehen sollte die Diagnostik von Schlaferkrankungen, wie der Narkolepsie, verbessern, die nach einer SARS-CoV-2- Erkrankung auftreten könnten. Jedoch wurde die eigene Tagesschläfrigkeit im Fragebogen von ca. 50% der Teilnehmer als so hoch eingeschätzt, dass diese für eine Schlaflabordiagnostik in Frage gekommen wären. „Dazu hätten wir keine Kapazitäten gehabt, und so haben wir zum Gegenchecken den Pupillographischen Schläfrigkeitstest hinzugezogen, der eine objektive Erfassung erhöhter Tagesschläfrigkeit ermöglicht. Danach blieben nur noch etwa 2% der Patienten, die objektiv gesehen einer Testung im Schlaflabor bedurften“, so Solveig Menrad. Der hohe Leidensdruck der Patienten, die stark unter ihrer Erschöpfung leiden und viele Ruhephasen am Tag benötigen, könnte diese Abweichung erklären. In einem Vortrag berichtet Solveig Menrad von den praktischen Erfahrungen dieser Screenings, die mit Sicherheit auch anderen Behandlern von Post-Covid-Betroffenen bei der Diagnostik helfen können.
An eine Post-Covid-Ambulanz wird man vom Hausarzt überwiesen. Momentan gibt es aufgrund der hohen Patientenzahlen an vielen Orten lange Wartezeiten.
Das Motto der 31. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM), die vom 07.-09.12. in Berlin stattfindet, lautet „Schlaf in Zeiten des Wandels“. Im Programm wird es Vorträge und Diskussionen zu den Themen Schlaf und Umwelt – Licht, Lärm, Schlafumgebung und Klima(wandel) geben, aber auch zum Schlaf in Krisenzeiten, zu den Herausforderungen des (Arbeits-)Lebens und des sozialen Miteinanders.
Weitere Pressemitteilungen finden Sie online unter https://dgsm-kongress.de/allgemeine-informationen/presse.
Medienvertreter sind herzlich zur Teilnahme am Kongress und der vorab am
4.12. 2023 um 11 Uhr stattfindenden Online-Pressekonferenz
eingeladen!
Zur Akkreditierung senden Sie bitte eine Mail an romy.held@conventus.de!
Weitere Informationen:
http://www.dgsm.de
http://www.dgsm-kongress.de/allgemeine-informationen/presse