Erfolgreiche GWZO-Schau »Leningradski Feminism 1979« nun auch online erlebbar
Die Ausstellung »Leningradski Feminism 1979« erinnert an die Geschichte der Frauenbewegung in Sowjetrussland und lädt jüngere und ältere Menschen zu einem Dialog über Gleichstellung, Diversität und Menschenrechte in Russland ein.
Die im Jahr 2020 erstmals gezeigte Ausstellung wurde gemeinsam von deutschen und russischen Wissenschaftler*innen, Aktivist*innen und Künstlerinnen unter der Leitung des Kultur- und Literaturwissenschaftlers Philipp Venghaus und der Germanistin und Kulturwissenschaftlerin Olessja Bessmeltsewa in den Jahren vor dem russischen Angriff auf das gesamte Territorium der Ukraine und u.a. in Kooperation mit der internationalen Menschenrechtsorganisation Memorial erarbeitet. Nun liegt sie auch digital vor – ein wichtiges Zeichen in einer Zeit, in der kritische Geschlechterforschung an russischen Universitäten massiv politisiert wird und die Forscher*innen unter Druck geraten. Auch die russische Kuratorin der Ausstellung, Olessja Bessmeltsewa, lebt inzwischen im Exil.
Im Herbst 1979 veröffentlichten einige Frauen in Leningrad im Samisdat (Selbstverlag) illegal die erste feministische Zeitschrift der Sowjetunion. In ihrem »Journal für Frauen über Frauen« berichteten sie über den Alltag von Frauen, die Situation von Alleinerziehenden, Gewalt in Geburtskliniken, Schwangerschaftsabbrüche, Frauen in Gefängnissen und häusliche Gewalt. Das waren nicht nur in sowjetischen Zeiten Tabuthemen. Die Autorinnen wurden vom KGB verfolgt, des Landes verwiesen oder zu Lagerhaft verurteilt. Die Zeitschriften wurden in den Westen geschmuggelt. Die dortige feministische Bewegung reagierte begeistert und übersetzte die Zeitschrift in viele Sprachen. Erstmals präsentiert die Ausstellung »Leningradski Feminism 1979« nach mehr als 40 Jahren die Akteurinnen und ihre Geschichte, fragt nach den Hintergründen und Folgen. In Video- und Audiointerviews haben Akteur*innen von damals und Wissenschaftler*innen von heute das Wort.
2019 wurde die Ausstellung zur Leningrader Frauenbewegung von 1979 erstellt und seither in Russland, Deutschland und Österreich gezeigt. Die digitale Version der Schau macht diesen wichtigen Teil der sowjetischen Geschichte nun online zugängig und wirkt so dem Fehlen einer sowjetischen bzw. russischen Überlieferung von Erfahrungen feministischen Engagements nachhaltig entgegen. Zur Online-Ausstellung: https://leningradski-feminism.leibniz-gwzo.de/ (wird Anfang Dezember freigeschaltet)
Kurator*innen: Olessja Bessmeltsewa, Philipp Venghaus
Digitale Umsetzung: Philipp Venghaus, Tim Grützner
Grafik-Design: Tim Grützner (GRUETZNER TRIEBE)
Wissenschaftliche Betreuung: Dr. Christine Gölz (†), GWZO
Koordination: Dr. Susanne Jaeger, GWZO
Eine Produktion des Leibniz-Instituts für Geschichte und Kultur des östlichen Europa (GWZO), die auf einer Zusammenarbeit mit Memorial / Benjamin-Joffe-Stiftung St. Petersburg aus den Jahren 2018/19 basiert, damals finanziert aus Mitteln des Auswärtigen Amts der Bundesrepublik Deutschland.
Wir laden alle Interessierten zu einer hybriden Ausstellungseröffnung ein!
»Leningradski Feminism 1979«
7. Dezember 2023, 14 Uhr
Ort: Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur des östlichen Europa (GWZO), Reichsstraße 4-6 (Specks Hof), 04109 Leipzig, 4. Etage, Konferenzraum /Online
Link zur Online-Anmeldung: https://eu01web.zoom.us/meeting/register/u5Usc-mppzwvGNBf3XNbubgnhT_qGbjezloX
Das Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur des östlichen Europa (GWZO) erforscht historische und kulturelle Entwicklungsprozesse in der Region zwischen Ostsee, Schwarzem Meer und Adria. Grundlegend für das GWZO sind der breite zeitliche Rahmen seiner epochenübergreifenden Forschungen, der am Übergang von der Spätantike zum frühen Mittelalter ansetzt und bis in die Gegenwart reicht, sowie die ausgeprägte Interdisziplinarität. In der Grundlagenforschung des GWZO werden Methoden und Konzepte aus den Disziplinen und Fächern der Archäologie, Mediävistik, Literaturwissenschaft, der Osteuropastudien, der Geschichtswissenschaft, der Kunstgeschichte und Architekturgeschichte als auch der interdisziplinären Kulturwissenschaften miteinander verknüpft. Es kommen zudem naturwissenschaftliche Ansätze zum Tragen. Sein konstant breites Fächerspektrum bildet ein Alleinstellungsmerkmal des GWZO, nicht nur im Hinblick auf Deutschland, sondern auch im weltweiten internationalen Vergleich. Es trägt universitätskomplementär damit zu einem elaborierten Verständnis der historischen und heutigen Entwicklungen in den Staaten, Gesellschaften und Kulturen des östlichen Europas bei. Das Institut ist eng mit der Universität Leipzig verbunden. Es gibt gemeinsame Berufungen und eine enge Zusammenarbeit in Forschung, Lehre und Karriereausbildung. Vielfältige Kooperationsbeziehungen bestehen ebenfalls mit zahlreichen wissenschaftlichen Einrichtungen im östlichen Europa. | www.leibniz-gwzo.de
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Dr. Susanne Jaeger
susanne.jaeger@leibniz-gwzo.de