Aktualisierung der »Daten zur informellen Pflege«
Fraunhofer FIT hat sein jährliches Fact Sheet zur informellen Pflege veröffentlicht. Es bietet einen umfassenden Überblick über die aktuellen Daten zu informell Pflegenden und Pflegebedürftigen aus verschiedenen Quellen. Das Fact Sheet wurde erstmals im Jahr 2020 erstellt und hat sich seitdem als zentrale Diskussionsgrundlage für die Planung von Politikreformen im Bereich der informellen Pflege etabliert.
Als Diskussionsgrundlage für die Planung von Reformen im Bereich der informellen Pflege ist es sinnvoll, die Gruppe der betroffenen Personen eingrenzen und charakterisieren zu können. Dafür stellt die Abteilung Mikrosimulation und Ökonometrische Datenanalyse des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Informationstechnik FIT seit 2020 jährlich Daten zu Pflegebedürftigen und informell Pflegenden auf Basis unterschiedlicher Quellen zusammen. In diesem Jahr wurden erstmalig auch die regelmäßigen Berichte verschiedener Krankenkassen mit einbezogen.
Die alle zwei Jahre erhobene Pflegestatistik des Statistischen Bundesamtes liegt bereits seit Ende 2022 vor. Ihr zufolge waren Ende 2021 rund 5 Millionen Menschen pflegebedürftig, davon wurden 84 Prozent ambulant versorgt. Die neuesten Erhebungen des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) aus dem Jahr 2021 dagegen wurden erst vor kurzem veröffentlicht. Laut SOEP verbringen in Deutschland etwa 7,1 Millionen Personen regelmäßig Zeit mit informellen Pflegetätigkeiten. Davon waren 5,0 Millionen erwerbsfähig, also bis 65 Jahre alt und ohne Rentenbezug. Etwa 4,1 Millionen Pflegende waren erwerbstätig, was einem Anteil an den erwerbsfähigen Pflegenden von 82 Prozent entspricht und die Bedeutung der informellen Pflege für Wirtschaft und Arbeitsmarkt verdeutlicht.
Der Frauenanteil unter allen Pflegenden liegt bei etwa 57 Prozent und unter den Erwerbsfähigen bei fast 59 Prozent. Gut 40 Prozent der informell Pflegenden verbrachten mindestens zehn Stunden wöchentlich mit Pflegetätigkeiten. Weibliche Pflegende verbringen durchschnittlich mehr Zeit mit Pflegetätigkeiten und sind seltener erwerbstätig. Im Falle einer Erwerbstätigkeit arbeiten sie durchschnittlich weniger Stunden und haben ein geringeres Einkommen.
Seit dem Jahr 2019 sind nicht nur die Zahl der informell Pflegenden, sondern auch der Anteil erwerbsfähiger und junger Pflegender tendenziell gestiegen. So waren 2019 noch 27,8 Prozent der informell Pflegenden unter 50 und 16,3 Prozent unter 40 Jahre alt. 2021 waren 31,6 Prozent unter 50 und 17,8 Prozent unter 40 Jahre alt. Gleichzeitig ist auch der durchschnittliche Pflegeumfang in Stunden pro Woche gestiegen, und zwar bei weiblichen Pflegenden stärker als bei männlichen. Erwerbstätige Frauen pflegten 2019 durchschnittlich 11,3 Stunden pro Woche, erwerbstätige Männer 8,6 Stunden. Bei den Frauen waren es 2021 mit 13,6 Wochenstunden durchschnittlich mehr als zwei Stunden mehr, bei den Männern mit 9,5 Wochenstunden eine knappe Stunde mehr. Möglicherweise sind diese Entwicklungen zumindest teilweise Folgen der Corona-Pandemie und nicht unbedingt dauerhaft. Die erhöhte Sterblichkeit in Pflegeheimen, der Wegfall von formellen Unterstützungsangeboten und die vermehrte Heimarbeit haben sowohl die Notwendigkeit als auch die Möglichkeit, informelle Pflegetätigkeiten zu übernehmen, erhöht.
Interessierte können das Fact Sheet mit allen relevanten Informationen zu Pflegenden und Pflegebedürftigen hier herunterladen: https://s.fhg.de/daten-zur-informellen-pflege-2023