Nachwuchsförderung mit den „Young Investigator Awards“ – Verleihung auf dem Kongress der Deutschen Hochdruckliga
Auf dem 47. Wissenschaftlichen Jahreskongress der Deutschen Hochdruckliga 2023 werden zahlreiche Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler mit dem Young Investigator Award geehrt. Die Preisträgerinnen und Preisträger haben die Gelegenheit, ihre Arbeiten im Rahmen des wissenschaftlichen Kongressprogramms in der Best Abstract Session vorzustellen, die Preisübergabe erfolgt im festlichen Rahmen auf dem Gesellschaftsabend des Kongresses.
Die Deutsche Hochdruckliga hat sich aktive Nachwuchsförderung auf ihre Fahne geschrieben und unterstützt junge Forscherinnen und Forscher mit der Auslobung der „Young Investigator Awards“ (YIA) für innovative Forschungsarbeiten. In diesem Jahr werden folgende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für ihre Arbeiten ausgezeichnet.
Dr. Christian Beger von der Medizinischen Hochschule Hannover erhält für zwei Abstracts einen YIA. Er hatte eine Praxisbefragung zur medikamentösen Behandlung von Hypertonie und Dyslipidämie in deutschen Hausarztpraxen durchgeführt. Ziel war die Erfassung der Häufigkeit der zur Behandlung der Hypertonie und der Hypercholesterinämie eingesetzten Substanzklassen. Wie sich im Ergebnis zeigte, wurden zur Behandlung der Hypercholesterinämie Statine und Ezetimib am häufigsten eingesetzt, was den aktuellen Leitlinienempfehlungen entsprach. Im Hinblick auf die Behandlung von Bluthochdruck war das jedoch nicht so. Es zeigte sich, dass Betablocker die am häufigsten verschriebenen Substanzen waren, obwohl zum Einsatz von Kombinationspräparaten in der First-Line-Therapie geraten wird.
In einer zweiten Befragung erhob Beger mit seinen Kolleginnen und Kollegen die Blutdruck- und Lipid-Zielwerterreichung in deutschen Hausarztpraxen. Interessant war bei der Hypertonieeinstellung, wie weit die Einschätzung der behandelnden Ärztinnen und Ärzte von den erfassten Werten abwich: Von 4.287 Hypertonikerinnen und Hypertonikern waren die Blutdruckwerte bei 44 % unkontrolliert, bei 36 % < 140/90 mm Hg, bei 17 % < 130/80 mm Hg. Die Ärztinnen und Ärzte schätzten aber, dass 77 % auf Zielwert eingestellt waren. Auch im Hinblick auf die Lipideinstellung war die Therapie der analysierten Patientinnen und Patienten suboptimal.
Dr. Merve Günes-Altan vom Universitätsklinikum Erlangen untersuchte, welche Aussagekraft der Natriumgehalt der Haut auf das Ansprechen auf die renale Denervation hat. Dabei handelt es sich um ein minimalinvasives Verfahren, bei dem die Stressnervenenden in den Nierenarterien verödet werden, wodurch der Blutdruck sinkt. Allerdings ist das nicht immer bei allen Patientinnen und Patienten der Fall, sodass es sinnvoll ist, prädiktive Marker zu identifizieren, um das Verfahren gezielt einsetzen zu können. In ihrer Studie an 53 Personen mit unkontrolliertem Bluthochdruck konnten Günes-Altan et al. zeigen, dass ein niedriger Natriumgehalt in der Haut ein solcher Prädiktor für das Ansprechen ist. Weitere waren weibliches Geschlecht, eine hohe nächtliche Herzfrequenz (erfasst über 24 Stunden), die Einnahme von Aldosteronantagonisten sowie hohe LDL-Cholesterinwerte.
Dr. Carl Grabitz von der Medizinischen Hochschule Hannover untersuchte in seinem prämierten Abstract den Einfluss des Nierenersatzverfahrens auf die Atherosklerose im Kindes- und Jugendalter. Datengrundlage war die prospektive internationale multizentrische Beobachtungsstudie. Von 704 eingeschlossenen Kindern benötigten 273 eine Nierenersatztherapie. Als Surrogatparameter wurde jährlich die Intima-Media-Dicke (IMT) erhoben, im Mittel über drei bis maximal 8,5 Jahre. Wie sich im Ergebnis zeigte, hatten Kinder im Langzeitverlauf unter Dialyse eine höhere IMT im Vergleich zu Kindern nach Nierentransplantation, sie stieg unter Dialysetherapie kontinuierlich an. Das Autorenteam betont daher die Bedeutung der Sekundärprävention, u. a. der Blutdruckkontrolle, bei Kindern an der Dialyse.
Luis Daniel Hernandez Torres, Universität zu Lübeck, konnte in seiner tierexperimentellen Arbeit zeigen, dass mikrovaskuläre Dysfunktionen bei Hyperlipidämie zu einer Reduktion des zerebralen Blutflusses und dadurch zu Einschränkungen des Langzeitgedächtnisses führen. Den Tieren wurde drei Monate lang eine kalorienreiche westliche Diät zugeführt (die Kontrollgruppe erhielt normales Futter). Sie wurden adipös und entwickelten massive Gefäßverkalkungen an der Aorta sowie hohe Lipidspiegel. Im Experiment wurde auch eine kognitive Dysfunktion bei ihnen nachgewiesen. Das Autorenteam bewies damit, dass die Atherosklerose zu Mikroblutungen und zur verminderten Durchblutung des Hippocampus, des Teils des Gehirns, wo das Gedächtnis verortet wird, geführt hat.
Dr. Patrick Müller vom Universitätsklinikum Magdeburg untersuchte, welche Rolle die arterielle Gefäßsteifigkeit und die vaskuläre Dysfunktion bei der Entwicklung der Herzinsuffizienz vom HFpEF-Typ spielen. 20 Betroffene wurden mit 20 gesunden, alters- und geschlechtsgematchten Kontrollen verglichen. Um arterielle Gefäßsteifigkeit (Pulswellengeschwindigkeit, Augmentationsindex) und hämodynamische Parameter zu erfassen, wurde ein digitales Sphygmomanometer zur oszillometrischen Messung eingesetzt. Im Ergebnis zeigte sich, dass HFpEF-Patientinnen und -Patienten eine deutlich erhöhte arterielle Gefäßsteifigkeit und signifikant höhere Blutdruckwerte aufweisen. Das Autorenteam vermutet somit einen direkten Einfluss beider Faktoren auf die Pathophysiologie der HFpEF.
Mahmut Özmen, Medizinische Hochschule Hannover, entwickelte ein neues Dashbord zur vergleichenden visuellen Analyse des 24-Stunden-Blutdruckmessungsprofils bei Kindern. Die Beurteilung und Einordnung ist bisher im klinischen Alltag aufgrund der geschlechts- und altersabhängigen Blutdruckzielwerte bei Kindern und Jugendlichen schwierig. Das Dashbord, das anhand von Daten von 564 Kindern mit chronischer Nierenkrankheit und 825 gesunden Kindern und Jugendlichen entwickelt wurde, gibt den Behandelnden einen kompakten Überblick, zeigt nicht nur Abweichungen, sondern auch Muster und Trends bei der longitudinalen Bewertung der 24-Stunden-Langzeitmessung und kann somit auch Therapieanpassungen erleichtern.
Dr. Carl Vahldieck, Universität zu Lübeck, überschreibt sein prämiertes Abstract mit dem Titel „Time is glycocalyx“ (Zeit ist Glykokalix) in Analogie zu dem berühmten Schlaganfallmotto „Time is brain“. Er untersuchte, welchen Einfluss die Zeit vom Eintreffen in der Klinik bis zur Behandlung bei Myokardinfarkt mit ST-Hebung (STEMI) auf die Schädigung der Gefäßzellen (endotheliale Dysfunktion) und die endotheliale Glykokalix hat. Die Glykokalix stabilisiert die Zellmembran und schützt die Zelle vor mechanischen und chemischen Schädigungen, stellt also eine wichtige Schutzbarriere dar. Es zeigte sich, dass die Zeit ein entscheidender Faktor ist: Dauert es länger, bis Betroffene einer Intervention zugeführt werden, kommt es zur Schädigung der endothelialen Glykokalix und in der Folge auch zu einer längeren Hospitalisierungsdauer.
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