Nur ein Drittel der Menschen in der zweiten Lebenshälfte hat ein Testament – bei Unverheirateten sind es noch weniger
Die Mehrheit der Menschen ab 46 Jahren in Deutschland hat kein Testament. Nur etwas mehr als ein Drittel (37,3 Prozent) geben an, ein Testament aufgesetzt zu haben. Dabei zeigen sich überraschende Befunde, wenn nach dem Partnerschaftsstatus differenziert wird: Personen, die unverheiratet in einer Partnerschaft leben, haben sich deutlich seltener um die Nachlassplanung gekümmert als Verheiratete.
Im Deutschen Alterssurvey wurden 2020/21 die Befragten im Rahmen der Erfassung von schriftlichen Vollmachten und Verfügungen auch konkret danach gefragt, ob sie ein Testament haben. In den Auswertungen wurde deutlich, dass nur 37,3 Prozent der Befragten im Alter von 46 bis 90 Jahren entsprechend vorgesorgt hatten.
Eine weitere Differenzierung ergab keine Unterschiede zwischen Männern und Frauen, obwohl Männern oft über höhere Einkommen verfügen und ihnen eine höhere finanzielle Allgemeinbildung zugeschrieben wird. Aber es gibt deutliche Unterschiede hinsichtlich des Partnerschaftsstatus: Verheiratete Personen haben häufiger ein Testament verfasst als unverheiratete. Sie gaben mit 41,5 Prozent am häufigsten an, ein Testament zu haben im Vergleich zu unverheirateten Personen mit Partner*in (27,1 Prozent) oder Personen ohne Partner*in (27,5 Prozent).
Das verwundert auf den ersten Blick, denn für verheiratete Paare kommt die gesetzliche Erbfolge zum Tragen, die regelt, welche Anteile des Besitzes an die/den Ehepartner*in und leibliche Kinder gehen. Ein Grund für die recht hohe Testamentsquote unter den Verheirateten könnte sein, dass sich Ehepaare häufig, abweichend von der gesetzlichen Erbfolge, auf ein sogenanntes Berliner Testament verständigen. Das Berliner Testament schreibt fest, dass das Vermögen zunächst alleinig an die/den überlebende/n Ehepartner*in übertragen werden soll und Kinder erst nach dem Tod des zweiten Elternteils erben.
Ulrike Ehrlich betont: „Problematisch könnte es für nicht-verheiratete Paare ohne Testament aussehen. Im Falle des Todes wird die/der noch lebende Partner*in – selbst wenn eine langjährige Partnerschaft bestand – in der gesetzlichen Erbfolge nicht berücksichtigt. Nicht-verheiratete Personen und Paare sollten sich also stärker als bisher mit der selbstbestimmten Nachlassplanung auseinandersetzen.“ Die Fähigkeiten hierfür sollten für alle möglichst frühzeitig, z.B. über unabhängige Finanzbildungsprogramme in Schulen, herausgebildet werden. Auch könnte die Erstellung eines Testaments mit anderen Aspekten der Planung für die letzte Lebensphase verknüpft werden, wie Patientenverfügung, Betreuungsverfügung oder Vorsorgevollmacht. Berührungsängste mit den Themen Lebensende und Tod gilt es in diesem Sinne abzubauen, damit jede/r Einzelne Sicherheit darüber erlangt, dass zu Lebzeiten und danach in ihrem oder seinem Sinne entschieden wird.
Die detaillierten Ergebnisse sind nachzulesen in: Ehrlich, U., Spuling, S. M. (2023). Wer hat das letzte Wort? Testamentarische Nachlassplanung in Deutschland [DZA Aktuell 03/2023]. Berlin: Deutsches Zentrum für Altersfragen. Online: https://www.dza.de/fileadmin/dza/Dokumente/DZA_Aktuell/DZA-Aktuell_03_2023_Wer_hat_das_letzte_Wort_Testamentarische_Nachlassplanung_in_Deutschland.pdf
Der Deutsche Alterssurvey (DEAS) ist eine repräsentative Quer- und Längsschnittbefragung von Personen in der zweiten Lebenshälfte. Im Rahmen der Studie werden seit mehr als zwei Jahrzehnten Menschen auf ihrem Weg ins höhere und hohe Alter regelmäßig befragt. Der Deutsche Alterssurvey wird gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ).
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Ulrike Ehrlich, ulrike.ehrlich@dza.de
Svenja M. Spuling, svenja.spuling@dza.de
Originalpublikation:
Ehrlich, U., Spuling, S. M. (2023). Wer hat das letzte Wort? Testamentarische Nachlassplanung in Deutschland [DZA Aktuell 03/2023]. Berlin: Deutsches Zentrum für Altersfragen. Online: https://www.dza.de/fileadmin/dza/Dokumente/DZA_Aktuell/DZA-Aktuell_03_2023_Wer_hat_das_letzte_Wort_Testamentarische_Nachlassplanung_in_Deutschland.pdf