Hausarztmedizin auf allen Ebenen aufwerten – mit Aus- und Weiterbildung beginnen!
Ein neues IGES-Gutachten zur Weiterbildung Allgemeinmedizin benennt deutlich Defizite in der Aus- und Weiterbildung Allgemeinmedizin, die in Summe dazu führen, dass in Deutschland nicht genügend Fachärztinnen und Fachärzte für Allgemeinmedizin weitergebildet werden und ihren Weg in die Niederlassung finden. Die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) begrüßt diese klaren Worte und weist darauf hin, dass vieles, was im Gutachten vorgeschlagen wird, in der Struktur bereits angelegt ist – aber nunmehr konsequenter umgesetzt werden muss.
Das Thema an sich ist nicht neu: In Deutschland ist es bisher nicht gelungen, eine ausreichend große Anzahl an Fachärztinnen und Fachärzten für Allgemeinmedizin weiterzubilden, die angesichts des wachsenden Bedarfs an hausärztlicher Versorgung dringend erforderlich sind. Nun liegt ein neues Gutachten des IGES-Institutes vor, das der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen in Auftrag gegeben hat, um mögliche Lösungsansätze vorzustellen. Die Ergebnisse dieses Gutachtens werden seitdem kontrovers diskutiert.
Aus der Perspektive der DEGAM sind die international vergleichenden Analysen und die Richtung der Vorschläge stimmig. „Unsere Fachgesellschaft sieht in dem Gutachten viele richtige Ansätze. Insbesondere stimmen wir zu, dass sich die Situation nur dann verbessern lässt, wenn wir auf drei Ebenen ansetzen: im Studium, in der allgemeinmedizinischen Weiterbildung und auch in der hausärztlichen Praxis“, kommentiert Prof. Martin Scherer, Präsident der DEGAM. „Für alle drei Ebenen liegen bereits konkrete Vorschläge und Pläne auf dem Tisch. Es ist schlicht nicht mehr vermittelbar, wenn diese Konzepte jetzt nicht endlich umgesetzt werden.“
„Der erste Schritt ist, dass der Masterplan Medizinstudium 2020, über den die Allgemeinmedizin im Studium aufgewertet werden soll, nun endlich Realität wird“, ergänzt Prof. Ferdinand Gerlach, Stiftungsvorstand der Deutschen Stiftung für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DESAM), die sich als Stiftung der DEGAM für die Nachwuchs- und Forschungsförderung engagiert. „Wie das Gutachten richtig feststellt, gibt es zweitens bereits eine hervorragende Struktur, die wir stärken und ausbauen sollten: die Kompetenzzentren Weiterbildung. All das muss nicht neu erfunden werden. Dort, wo wir Kompetenzzentren haben, steigen schon heute die Zahlen in der allgemeinärztlichen Weiterbildung.“
DEGAM und DESAM halten gemeinsam fest: Vieles, was im IGES-Gutachten – auch nach internationalen Vorbildern – vorgeschlagen wird, ist bereits angelegt und kann ausgebaut werden, so dass es zum jetzigen Zeitpunkt keine aufgeheizte Debatte um etwaige planwirtschaftliche Elemente zur Steuerung der Weiterbildung braucht. Stattdessen sollte es gezielte finanzielle Anreize für die Weiterbildung in Engpass-Disziplinen und eine Belohnung guter Weiterbildungsqualität geben, um die Bevölkerung jetzt und in Zukunft effektiv und bedarfsgerecht zu versorgen. Auch die Kompetenzzentren Weiterbildung sind ein wichtiger struktureller Baustein.
„In den vergangenen Jahren haben die allgemeinmedizinischen Institute in der Regel federführend, unterstützt von DEGAM und DESAM, Kompetenzzentren Weiterbildung gemeinsam mit den Kassenärztlichen Vereinigungen, den Landesärztekammern und den Krankenhausgesellschaften aufgebaut, in denen Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung gefördert und durch Mentoren begleitet werden. Gleichzeitig werden die Weiterbildungsbefugten geschult und trainiert, um eine attraktive und hochwertige Weiterbildung anzubieten“, erläutert Prof. Marco Roos, Sprecher der Sektion Weiterbildung der DEGAM.
Ergänzend kommentiert Dr. Ralf Jendyk, Sprecher des Deutschen Netzwerkes Kompetenzzentren Weiterbildung (DNKW): „Bisher ist das aber ein freiwilliges Angebot. Um seine Wirkung in der Breite entfalten zu können, müssen die Kompetenzzentren – etwa für alle Geförderten – verbindlich angelegt werden. Wir müssen auch noch Hürden, zum Beispiel bei der Finanzierung bzw. der Laufzeitbeschränkung, abbauen. Trotzdem: Die Struktur steht. Und da auch die Ärztekammern und die Kassenärztlichen Vereinigungen beteiligt sind, wäre klar, dass alle an einem Strang ziehen.“
Als wissenschaftliche Fachgesellschaft steht die DEGAM zudem dafür ein, die Stellung der Hausarztmedizin insgesamt weiterzuentwickeln: „Es ist kein Zufall, dass die Länder, in denen es ein Primärarztsystem gibt, weniger Probleme haben, hausärztlichen Nachwuchs zu finden. Es muss auch in Deutschland möglich sein, dass Hausärztinnen und Hausärzten im Gesundheitswesen eine wirklich zentrale und koordinierende Rolle zukommt. Sonst können wir Studium und Weiterbildung so attraktiv gestalten, wie wir wollen – der Nachwuchs wird sich trotzdem nicht in der Hausarztpraxis niederlassen“, so Martin Scherer abschließend.
Pressekontakt:
Natascha Hövener
Pressesprecherin
Telefon: 030 – 20 966 98 16
E-Mail: hoevener@degam.de
Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)
Schumannstraße 9, 10117 Berlin
Präsident: Prof. Dr. med. Martin Scherer (Hamburg)
http://www.degam.de
Die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) ist eine wissenschaftliche Fachgesellschaft. Ihre zentrale Aufgabe ist es, die Allgemeinmedizin als anerkannte wissenschaftliche Disziplin zu fördern und sie als Rückgrat der Patientenversorgung weiterzuentwickeln. Die DEGAM ist Ansprechpartnerin bei allen Fragen zur wissenschaftlichen Entwicklung der Allgemeinmedizin an den Hochschulen, zur Fort- und Weiterbildung sowie zum Qualitätsmanagement. Sie erarbeitet eigene wissenschaftlich fundierte Leitlinien für die hausärztliche Praxis und beteiligt sich auch an interdisziplinären Leitlinien anderer Fachgesellschaften. Die Aktivitäten der Nachwuchsförderung sind in der Deutschen Stiftung für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DESAM) zusammengefasst.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Prof. Dr. med. Martin Scherer, Präsident der DEGAM
E-Mail: m.scherer@uke.de