Nachhaltigkeit als demokratischen Prozess gestalten
Der Nachhaltigkeitsbeirat des Landes Brandenburg hat zum Thema „Sozialer Zusammenhalt in einer offenen Gesellschaft, Demokratie als Lebensform“ Empfehlungen für die Landesregierung erarbeitet. Sie wurden am 8. Januar 2024 übergeben. Die Empfehlungen beruhen auf einem Policy Brief, in dem das Autorenteam eine ressortübergreifende Strategie empfiehlt, um die Themen soziale Gerechtigkeit, Teilhabe und eine hohe Lebensqualität für alle unter Anerkennung der planetaren Grenzen integrativ anzugehen.
Am gemeinsamen Gespräch von Beirat und Landesregierung nahmen neben den Beiratsmitgliedern die Bevollmächtigte des Landes beim Bund, Staatssekretärin Friederike Haase, sowie Sozialministerin Ursula Nonnemacher, Wirtschaftsminister Jörg Steinbach und Bildungsminister Steffen Freiberg teil.
In dem Policy Brief weist das Autorenteam um Prof. Ortwin Renn, früherer Direktor des RIFS, darauf hin, dass die Forderung nach mehr Nachhaltigkeit beim politischen Handeln nicht in erster Linie als Klima- und Umweltpolitik zu verstehen sei, sondern weiter gefasst werden müsse. „Denn politische Programme zur Nachhaltigkeit wirken sich auch direkt und indirekt auf Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur aus“, gibt Beiratsvorsitzender Renn zu Bedenken.
Für die Landesregierung erklärt Staatssekretärin in der Staatskanzlei, Friederike Haase: „Die Empfehlungen des Nachhaltigkeitsbeirates geben uns wichtige Hinweise, die wir in unserem politischen Handeln berücksichtigen wollen. Nachhaltigkeit kann nicht auf die selbstverständlich wichtigen Themen Umwelt und Klima eingeengt werden. So wirkt die soziale Dimension in nahezu alle Politikbereiche und ist deswegen ebenso ein unverzichtbarer Bestandteil von nachhaltigem Handeln. Sie ist das Fundament, auf dem das soziale Miteinander, eine wehrhafte Demokratie und der gesellschaftliche Zusammenhalt auch in Brandenburg aufbauen. Die Landesregierung wird das bei der Weiterentwicklung der Landesnachhaltigkeitsstrategie mit einbeziehen.“
In seinen Empfehlungen definiert das Autorenteam für die Landesregierung vier wesentliche Ziele: Zunächst seien Fairness und soziale Gerechtigkeit zu nennen, dann der soziale Zusammenhalt und die Identifikation mit dem demokratischen Gemeinwesen, zudem eine soziale, wirtschaftliche sowie kulturelle Teilhabe und Beteiligung, zu guter Letzt zählten Gesundheit und Wohlbefinden dazu.
Querschnittsaufgabe für alle
In seiner auf dem Policy Brief aufbauenden gemeinsamen Stellungnahme rät der Beirat dazu, vor dem Hintergrund der tatsächlichen Situation vor Ort konkrete Maßnahmen nach einer entsprechenden Analyse zu entwickeln. Zudem müssten die sozialen Nachhaltigkeitsziele identifiziert, in Strategien und Maßnahmen umgesetzt und dann in die Gesellschaft, in alle Ressorts der Landesregierung und in die Politik kommuniziert werden. „Wir empfehlen der Landesregierung, einen verbindlichen Nachhaltigkeits-Check vorzunehmen – und zwar, bevor über die Vergabe von Fördermitteln entschieden oder der Haushalt aufgestellt wird“, sagt Prof. Renn.
Dass soziale Nachhaltigkeit die sozialen und kulturellen Voraussetzungen für ein dauerhaft friedliches und gerechtes Zusammenleben ermöglicht, ist eine Folgerung des Beirates. Jedoch seien diese Ziele erreichbar, wenn sie als Querschnittsaufgabe für alle Ministerien und Behörden verbindlich verankert würden. Zudem müssten in dieser Frage Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft gemeinsam Probleme und Herausforderungen identifizieren und Lösungen für die verantwortlichen Entscheidungsinstanzen entwerfen.
Der Beirat hebt zudem hervor, dass soziale Nachhaltigkeit im Zielkonflikt mit anderen Zielen der Nachhaltigkeit stehen könne. Diese seien zu benennen und konstruktiv zu bearbeiten, denn Nachhaltigkeit sei als demokratischer Prozess zu leben. Wenn es Veränderungen gebe, müssten Menschen aller Generationen und gesellschaftlicher Gruppen die Möglichkeit haben, sie mitgestalten zu können, um sie später mitzutragen. Menschen sollen nicht nur über fertige Konzepte abstimmen, sondern von Anfang an bei der Konzeptentwicklung in einer sie ansprechenden und ihnen angemessenen Form beteiligt werden. Widersprüche und Konflikte sollen wahrgenommen und anerkannt werden, bevor eine gemeinsame Lösung gesucht werde.
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Brandenburgs Nachhaltigkeitsbeirat besteht aus Prof. Ortwin Renn, Prof. Gesine Grande, Prof. Ottmar Edenhofer, Prof. Uta Steinhardt, Silke Hansen und Rüdiger Kuhn. Er wurde im Februar 2021 vom Kabinett eingesetzt, um die Landesregierung bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele zu beraten und zu unterstützen.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Solène Droy
Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit (RIFS)
Mail: solene.droy@rifs-potsdam.de
Originalpublikation:
Policy Brief: https://www.rifs-potsdam.de/sites/default/files/2024-01/Policy%20Brief%20Zusammenhalt%20und%20Demokratie%20in%20Brandenburg%2012.12.2023.finale.pdf
Stellungnahme: https://www.rifs-potsdam.de/sites/default/files/2024-01/Stellungnahme%20des%20NHBs%20zum%20Thema%20soziale%20Nachhaltigkeit%2012.12.2023.pdf
Weitere Informationen:
http://Dieser Text im Web: https://www.rifs-potsdam.de/de/news/nachhaltigkeit-als-demokratischen-prozess-gestalten