Bucerius Law School übernimmt Patenschaft für iranischen Menschenrechtsanwalt Amirsalar Davoudi
Amirsalar Davoudi zählt zu den bekanntesten Menschenrechtsanwält*innen im Iran. Er hat zahlreiche gewaltlose politische Gefangene, insbesondere aus religiösen und ethnischen Gründen Verfolgte, vertreten. Am 31. Mai 2019 wurde Davoudi zu 15 Jahren Haft, 111 Peitschenhieben und dem Entzug seiner Bürgerrechte für 2 Jahre verurteilt. Die Bucerius Law School blickt mit Besorgnis auf die Verfolgung der Berufsgruppe der Anwält:innen im Iran und fordert die Freilassung des unter Missachtung rechtsstaatlicher Grundsätze inhaftierten Menschenrechtsanwalts Amirsalar Davoudi.
Davoudi hat für die Verteidigung seiner Mandant*innen und sein entschlossenes Wirken für Gerechtigkeit große persönliche Gefahren in Kauf genommen. Im Jahr 2022 wurde sein Einsatz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in der Gesellschaft und für Freiheitsrechte im Iran mit dem Ludovic-Trarieux-Menschenrechtspreis gewürdigt.
Die Verurteilung Davoudis beruht unter anderem auf den Vorwürfen, eine “Gruppe zum Umsturz der Regierung” gebildet und “Propaganda gegen den Staat” betrieben zu haben. Diese Anschuldigungen hängen mit öffentlich geäußerter Kritik zusammen, die Amirsalar Davoudi gegen Korruption innerhalb des iranischen Justizsystems, die Todesstrafe und die allgemeine Menschenrechtslage im Iran zum Ausdruck brachte. Zu Beginn seiner Haft hatte Davoudi keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand und befand sich über mehrere Monate in Isolationshaft. Bis zu seinem Prozess hatte er weder Kontakt zu seiner Ehefrau noch zu seiner inzwischen siebenjährigen Tochter.
Das Schicksal von Amirsalar Davoudi ist kein Einzelfall. Frauen- und Menschenrechtsaktivist*innen, Kritiker*innen sowie Angehörige religiöser oder ethnischer Minderheiten sind im Iran willkürlichen Verhaftungen und politisch motivierten Verurteilungen ausgesetzt. Die Verfahren brechen sehenden Auges gemeinhin anerkannte – und gemäß Art. 14 ICCPR auch für den Iran verbindliche – rechtsstaatliche Grundsätze. Die Richter:innen sind weder unabhängig noch unparteilich. Zeugenaussagen und Geständnisse werden oftmals unter Folter und Drohungen erzwungen und sind geskriptet. Häufig erhalten Angeklagte keinen Zugang zu einem selbstgewählten Rechtsbeistand oder können diesen vor dem Prozess nicht kontaktieren. Die Arbeit unabhängiger Anwält*innen wird durch systematische Einschüchterungen und Verhaftungen bedroht.
Aus Solidarität mit der Arbeit der Anwält*innen im Iran unterstützt die Bucerius Law School das Patenschaftsprogramm von HÁWAR.help e.V. Der Verein vermittelt Patenschaften für Personen, denen im Iran aus politischen Gründen die Hinrichtung oder eine sehr lange Haftstrafe droht und wurde kürzlich mit dem Marion-Dönhoff-Förderpreis ausgezeichnet. Ziel der Patenschaften ist es, Öffentlichkeit für die Menschen zu schaffen, die das Regime versucht zum Schweigen bringen. Seit Beginn des Programms wurden über 400 Patenschaften an Politiker*innen vermittelt. Die Bucerius Law School ist stolz darauf als erste Hochschule ebenfalls eine institutionelle Patenschaft zu übernehmen.
Prof. Dr. Michael Grünberger, Präsident der Bucerius Law School, begrüßt die Übernahme der Patenschaft: „Die vielleicht wichtigste Errungenschaft des Rechts sind subjektive Rechte des Individuums gegen den Staat – die universal gültigen Menschenrechte. Wir haben als Hochschule für Rechtswissenschaft den Auftrag, junge Menschen dafür auszubilden, dass sie diese Rechte kennen, geltend machen und respektieren. Amirsalar Davoudi ist für unsere Studierenden ein Vorbild, weil er zeigt, dass der Einsatz für Menschenrechte für den Einzelnen gravierende Konsequenzen haben kann – man aber gerade deshalb an diesem Engagement für Freiheit und Gleichheit festhalten muss.”
Mariam Claren, Mitinitiatorin des Patenschaftsprogramms bei HÁWAR.help e.V., unterstreicht, wie wichtig das Engagement der Bucerius Law School ist: „In der Islamischen Republik Iran gibt es keine unabhängige Justiz. Jegliche Andersdenkende werden verfolgt und in unfairen Scheinprozessen verurteilt. Jene, die sie verteidigen wollen, sind ebenfalls dieser Willkür ausgesetzt. Herr Davoudi hat viele Jahre an der Seite der politischen Gefangenen gestanden, bis er selbst Opfer der Lynchjustiz wurde. Wir freuen uns, dass die Bucerius Law School eine Patenschaft für den inhaftierten Menschenrechtsanwalt Amirsalar Davoudi übernommen hat und auf sein Schicksal aufmerksam macht. Diese Menschen zahlen in er Islamischem Republik Iran den Preis der Freiheit, das Mindeste, was wir hier tun können, ist darüber aufklären.”
Sie können die Arbeit von HÁWAR.help zum Iran mit einer Spende unterstützen: https://www.hawar.help/de/iran/#spenden.
Um ein größeres Bewusstsein für das Thema politische Verfolgung zu schaffen, wird am 10. Januar 2024 um 19 Uhr im Moot Court der Bucerius Law School eine Auftaktveranstaltung für das Patenschaftsprogramm unter dem Titel „Verfolgt im Iran und in Belarus“ stattfinden. In diesem Rahmen wird der Umgang repressiver Regime mit Andersdenkenden und Kritiker*innen exemplarisch anhand der Geschichten Amirsalar Davoudis und des belarusischen Schriftstellers Alhierd Bacharevič beleuchtet. Um Anmeldung wird gebeten: https://buceriuslawschool.wufoo.com/forms/verfolgt-im-iran-und-in-belarus/.
Die Bucerius Law School in Hamburg ist die erste private Hochschule für Rechtswissenschaft in Deutschland. Sie wurde im Jahr 2000 von der ZEIT STIFTUNG BUCERIUS gegründet.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Michael Grünberger, Jonathan Schramm