16. kulturwissenschaftliches Forschungskolloquium zur Waldorfpädagogik – neu in Stuttgart
Waldorfschule global, Waldorfpädagogik aktuell – die zeitgenössischen Fragen rund um Dekolonialisierung und Globalisierung sowie die Weiterentwicklung der Ausbildung von Lehrkräften beschäftigen auch die Forschung rund um die Waldorfpädagogik.
Zum ersten Mal fand das kulturwissenschaftliche Forschungskolloquium der Pädagogischen Forschungsstelle beim Bund der Freien Waldorfschulen an der Freien Hochschule Stuttgart, Hochschule für Waldorfpädagogik statt.
Das Kolloquium wurde vor 16 Jahren von Prof. Dr. Michael Zech ins Leben gerufen und fand seither jährlich statt. Mit dem Beginn seines Ruhestandes übernahm die Leitung nun ein neues Team, zu dem auch Philipp Kleinfercher von der Freien Hochschule Stuttgart gehört. Zusammen mit Dr. Frank Steinwachs vom Waldorflehrerseminar Hamburg, einem Kooperationspartner der Freien Hochschule Stuttgart, und Alexander Hassenstein von der Pädagogischen Forschungsstelle beim Bund der Freien Waldorfschulen zeichnete er für das aktuelle Programm verantwortlich, mit dem jetzt zum Jahresbeginn eingeladen worden war.
Das Forschungskolloquium bietet für seine geladenen Gäste aus dem ganzen Land einen Raum, sich intensiv über Forschungs- und Publikationsprojekte austauschen zu können.
Unter dem Titel „Waldorfschule in postkolonialen Zusammenhängen“ stellte Frank Steinwachs das „Forum Geschichte“ vor, in dem sich über 20 Waldorflehrer*innen und Dozent*innen zusammengeschlossen haben, um den Lehrplan für Waldorfschulen ab der fünften Klasse unter diesem Gesichtspunkt zu überarbeiten. 25 unterschiedliche Projekte sind in Arbeit, von denen zwei zu den Jahrgangsstufen sieben und zehn vorgestellt wurden.
Die Sensibilität gegenüber jeder Form von Diskriminierung, kollektiver Typisierung und Identitätszuschreibung darf als Konsequenz der Achtung der Individualität gelten, die ein Kernanliegen der Waldorfpädagogik ist.
Gleichzeitig berichtete Alexander Hassenstein von der turnusmäßig stattfindenden Arbeit zur Aktualisierung des Lehrplanes der Waldorfschulen.
Auf großes Interesse stieß auch der Bericht von Kossi Noumon, der seine Disserationsarbeit über eine vergleichende Untersuchung zur Bildsprache in Märchen und ihrem Einsatz in der westafrikanisch-togoischen Bildung und in der Waldorfpädagogik vorstellte.
Ein Bericht einer beispielgebenden Epoche der Freien Waldorfschule Uhlandshöhe für die 12. Jahrgangsstufe griff das Thema Globalisierung auf und stellten das Unterrichtskonzept und die in den letzten rund 10 Jahren gesammelten Erfahrungen dazu vor. Der Mensch als Teil dieser Erde – neben der Haltung von Achtsamkeit und Respekt geht es heutzutage vor allem darum, Schülerinnen und Schüler positiv in ihrer Selbstwirksamkeit zu bestärken.
Angelika Wiehl (Alanus Hochschule Mannheim) stellte das Forschungsprojekt und die aktuelle Buchpublikation von Ulrike Barth und Angelika Wiehl über „Wahrnehmungsvignetten. Phänomenologisch-reflexives Denken und professionelle Haltung“ (einschließlich Übungsmanual als Print und Open Access im Verlag Klinkhardt) vor. Diese für die (waldorf-)pädagogische Ausbildung und Praxis neu entwickelte Methode umfasst Übungen des Wahrnehmens, Beobachtens und Beschreibens affizierender Momente mit einem Kind, Jugendlichen oder Erwachsenen, die in kurzen Texten, den Wahrnehmungsvignetten, festgehalten werden. Sie eignen sich für ein die pädagogische Praxis begleitendes Journaling und als Vorbereitung der waldorfpädagogischen „Kinderkonferenz“.
Mit einer zeitgemäßen Übersetzung des "Parzival" von Wolfram von Eschenbach durch Ben Büttner, einer Biografiearbeit von Sophie Pannitschka und einer literaturwissenschaftlichen Grundlagenarbeit zum Thema Sprach- und Literaturdidaktik an Waldorfschulen durch Rita Schumacher wurden weitere wegweisende Veröffentlichungsprojekte vorgestellt.
Im kommenden Jahr wird das 17. kulturwissenschaftliche Forschungskolloquium in Mannheim am Institut für Waldorfpädagogik, Inklusion und Interkulturalität stattfinden.