Krisenforscher Aassve: „‘Resilienz‘ ist eine leere Phrase, solange die Politik sich nicht in die Pflicht nimmt“
"Auf Schritt und Tritt erhalten wir Ratschläge, wie wir als Individuen ‚resilienter‘ werden können", sagt Krisenforscher Prof. Arnstein Aassve im Vorfeld der Berliner Demografie-Tage zum Thema "Krisen überwinden" diese Woche. Das Streben nach individueller Krisenresistenz könne unerwünschte Auswirkungen haben, findet der Experte von der Bocconi-Universität in Mailand: etwa das Aufschieben notwendiger Reformen. "Wir müssen die politischen und institutionellen Systeme in Europa stärken, damit sie Krisen und Schocks besser auffangen können.
Krisenforscher Prof. Arnstein Aassve kritisiert, dass der Begriff "Resilienz" zunehmend missbraucht werde, um den Umgang mit Krisen auf jeden Einzelnen zu schieben. "Auf Schritt und Tritt erhalten wir Ratschläge, wie wir als Individuen ‚resilienter‘ werden können. Das ist sicher nützlich. Aber Resilienz ist nicht die Aufgabe des Einzelnen, sondern in erster Linie die der gesellschaftlichen und staatlichen Institutionen".
Aassve ist Professor für Demografie an der Bocconi-Universität in Mailand. Er leitet das EU-Forschungsprojekt "FutuRes - Towards a Resilient Future of Europe". Das Projekt nutzt demografische und wirtschaftliche Modelle, um Zukunftsszenarien für die kommenden Jahrzehnte zu untersuchen.
Prof. Aassve erklärt, das Streben nach individueller Krisenresistenz könne unerwünschte Auswirkungen haben, etwa das Aufschieben notwendiger Reformen. "Wir müssen die politischen und institutionellen Systeme in Europa stärken, damit sie Krisen und Schocks besser auffangen können. Und wir müssen die Politik darauf ausrichten, künftige Krisen zu antizipieren. Das ist Resilienz. Alles andere ist eine leere Phrase".
Internationale Führungskräfte aus Politik, Gesellschaft und Wissenschaft treffen sich in dieser Woche in Berlin sowie online bei den „Berliner Demografie-Tagen“. Von Dienstag bis Donnerstag, 23. bis 25. Januar 2024, werden sie über Krisenresilienz als politische Aufgabe diskutieren. Welche Lehren können aus vergangenen Krisen gezogen werden und welche Vorbereitungen sind für künftige Krisen möglich und notwendig? Über 50 internationale Experten werden diese Fragen diskutieren. Die Panels sind nach vorheriger Anmeldung online frei zugänglich.
Vollständiges Programm der Berliner Demografie-Tage: https://population-europe.eu/events/berlin-demography-days-berliner-demografie-tage/berliner-demografie-tage-2024-krisen
Anmeldung: https://survey.demogr.mpg.de/index.php/972861?lang=de
Interessierte in Berlin und Umgebung sind zudem eingeladen zur Podiumsdiskussion „Gemeinsam dem Krisenparadox entkommen“ am 23. Januar 2024, 18-20 Uhr (mit anschließendem Empfang) im Futurium Berlin. Es diskutieren Hermann Gröhe (Mitglied des Bundestages und ehemaliger Bundesgesundheitsminister), Antje Draheim (Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium), Pearl Dykstra (Universität Rotterdam, wissenschaftliche Beraterin der Europäischen Kommission) und Georg Schütte (Generalsekretär der VolkswagenStiftung). Die Veranstaltung wird von Andreas Edel (Executive Secretary des europäischen Forschungsnetzwerks Population Europe) moderiert. Er steht auch für Rückfragen zur Verfügung.
Bitte beachten Sie auch die online-Abschlussveranstaltung mit der bekannten „Klima-Schriftstellerin“ Maja Lunde und der Journalistin Shelly Kupferberg am 25. Januar 2024: https://population-europe.eu/events/berlin-demography-days-berliner-demografie-tage/berliner-demografie-tage-2024-krisen#MayaLunde
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
weissenburger@demogr.mpg.de
Weitere Informationen:
https://population-europe.eu/events/berlin-demography-days-berliner-demografie-tage/berliner-demografie-tage-2024-krisen