Experte für psychiatrische Erkrankungen an die Universitätsmedizin Magdeburg berufen
Von Iowa nach Magdeburg: Zum 1. Februar 2024 ist Prof. Dr. Thomas Nickl-Jockschat dem Ruf an die Medizinische Fakultät der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg gefolgt und besetzt den Lehrstuhl für Psychiatrie und Psychotherapie. Damit übernimmt der 46-Jährige auch die Leitung der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie. Zuvor war er an der Universität Iowa in den USA sowie an der RWTH in Aachen tätig. Sein Fokus liegt auf der Erforschung genetischer Wurzeln und Umweltfaktoren, die einen Einfluss auf psychische Störungen wie Schizophrenie oder Autismus-Spektrum-Störungen haben.
Nickl-Jockschat betont: „Psychiatrische Störungen sind nicht nur für die Betroffenen oft sehr belastend, sondern können auch als Modell für Störungen komplexer menschlicher Verhaltensweisen dienen. Sie sind häufig mit Veränderungen in Netzwerken des Gehirns bei den betroffenen Patientinnen und Patienten verbunden.“ Seine translational ausgerichtete Forschung konzentriert sich darauf, diese Veränderungen neuronaler Netzwerke und ihre molekularen Grundlagen zu identifizieren und die Erkenntnisse in die Praxis zu übertragen.
Insbesondere interessiert ihn, wie sogenannte polygene Risiken zu manifesten Störungsbildern führen. Dafür kombiniert er modernste Methoden, von der Bildgebung über genetische Analysen, bis hin zu Tiermodellen. Ziel dieses Forschungsansatzes ist ein besseres Verständnis der gesunden Hirnorganisation und der Hirnveränderungen bei psychischen Störungen. „Langfristig trägt dies nicht nur zu einer verbesserten Diagnostik und genaueren Prognose von Krankheitsverläufen, sondern auch zu neuen therapeutischen Ansätzen gerade bei Krankheitsbildern mit bislang nur eingeschränkten Behandlungsoptionen bei“, so Nickl-Jockschat.
Seine Zusammenarbeit mit renommierten Instituten und Forscher:innen weltweit, darunter dem Allen Institute for Brain Science und der University of Pennsylvania, zeugt von seiner Vernetzung in der internationalen Forschungsgemeinschaft. Aber auch in seiner klinischen Tätigkeit habe er in Iowa umfassende Behandlungserfahrungen in verschiedenen Interventionen wie Elektrokonvulsionstherapie (EKT), repetitiver transkranieller Magnetstimulation (rTMS), Tiefer Hirnstimulation, (Es-)Ketamin-Behandlung und Vagusnerv-Stimulation erworben. Diese Therapieansätze kommen laut Nickl-Jockschat schwerstkranken Patient:innen, insbesondere mit affektiven Krankheitsbildern wie beispielsweise Depressionen, zugute.
Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie erklärt: „Internationale Zusammenarbeit eröffnet neue Perspektiven und beschleunigt den Fortschritt. Meine Erfahrungen in den USA haben meinen Horizont erweitert und ich freue mich darauf, dieses Wissen nach Magdeburg zu bringen.“ Laut Nickl-Jockschat biete Magdeburg für innovative Forschung ideale Bedingungen: „Das neu entstandene Deutsche Zentrum für Psychische Gesundheit und das Center for Intervention and Research on adaptive and maladaptive brain Circuits in Mental Health (CIRC) sind auf dem Weg, zu führenden Einrichtungen zu werden. Ich sehe hier eine einzigartige Chance, meine Forschungsrichtungen zu integrieren und als Schnittstelle zwischen Genetik, neuraler Systemebene und Verhalten weiter auszubauen.“
Auch die Lehre hat für Nickl-Jockschat einen ebenso hohen Stellenwert: „Die Vermittlung meines Wissens ist genauso wichtig, wie die Forschung und Krankenversorgung selbst. Ich freue mich darauf, nicht nur im Labor und der Klinik, sondern auch im Hörsaal zu wirken und angehende Ärztinnen und Ärzte, Naturwissenschaftlerinnen und Naturwissenschaftler sowie Auszubildende in den Gesundheitsfachberufen in dieser faszinierenden Disziplin zu unterrichten und Interdisziplinarität früh zu fördern", betont der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie.
Zur Person:
Prof. Dr. Thomas Nickl-Jockschat, geboren 1977 in Weiden, war nach seinem Studium der Humanmedizin an der Universität Regensburg als Assistenzarzt an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie sowie der Neurologischen Klinik der RWTH Aachen tätig. Im Anschluss an seine Promotion an der Universität Regensburg sowie der Facharztanerkennung für Psychiatrie und Psychotherapie war er als Oberarzt an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Aachen tätig und machte unter anderem an der amerikanischen Universität von Pennsylvania Station. 2017 erfolgte die Berufung als außerordentlicher Professor für Psychiatrie und 2021 auf den Andrew H. Woods Lehrstuhl für Psychiatrie an der Universität Iowa, USA.
Hintergrund:
Um in Sachsen-Anhalt eine Professur an einer Universität zu erlangen, muss gemäß §36 des Hochschulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (HSG LSA) ein Berufungsverfahren durchgeführt werden. Geeignete Kandidat:innen durchlaufen dabei ein umfangreiches Verfahren. Eine mit mehreren Expert:innen besetzte Berufungskommission begutachtet die Leistungen der Kandidat:innen in Forschung, Lehre und bei klinisch relevanten Professuren auch in der Krankenversorgung.