Endoprothetik: verpflichtende Zertifizierung für Kliniken gefordert
Die AE - Deutsche Gesellschaft für Endoprothetik e. V. fordert die verpflichtende Zertifizierung von Kliniken, die Hüft- und Kniegelenke implantieren. Damit sollen nicht nur die flächendeckende Qualität der Eingriffe sichergestellt, sondern überflüssige Hüft- und Knie-OPs vermieden werden. Die AE weist darauf hin, dass mit EndoCert (1) bereits seit 12 Jahren ein hochentwickeltes freiwilliges Zertifizierungssystem der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie e. V. (DGOOC) für Endoprothetikzentren existiert.
Dieses zielt auf die Sicherstellung und Überwachung höchster Qualitätsstandards in der Versorgung von Knie- und Hüftendoprothesen ab. Dazu gehört auch die verbindliche Beachtung bestehender Leitlinien zur Indikationsstellung (2, 3). Dies bedeutet, dass jede Operation auf einer fundierten medizinischen Bewertung basiert.
In der Sendung maischberger vom 14.2.2024 (4) wurde von Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach kritisiert, dass in Deutschland zu viele Knie- und Hüftoperationen durchgeführt würden. Er wies darauf hin, dass eine Überprüfung und Anpassung der aktuellen Praktiken erforderlich sei, um die Effizienz und Patientenorientierung im Gesundheitswesen zu verbessern.
Zu Qualität gehört die saubere Indikationsstellung einer Endoprothese
Dies deckt sich mit den Zielen der AE. Das zentrale Anliegen der Fachgesellschaft ist es, die Lebensqualität von Patientinnen und Patienten mit Erkrankungen und Verletzungen der Gelenke nachhaltig zu verbessern. „Dazu gehört auch zwingend die saubere Indikationsstellung bei der Implantation eines Ersatzgelenks“, sagt Professor Dr. med. Georgi Wassilew, AE-Generalsekretär und Direktor der Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Rehabilitative Medizin am Universitätsklinikum Greifswald.
Bei einer Zertifizierung wird die Einhaltung der Qualitätskriterien jährlich überprüft
Angesichts der großen Bedeutung von Qualitätssicherung in der Endoprothetik hat die DGOOC unter Mitarbeit von unter anderem der AE die EndoCert-lnitiative ins Leben gerufen. Sie basiert auf einem wissenschaftlich fundierten und von Expertinnen und Experten definierten Anforderungskatalog zur Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität von Kliniken, die künstliche Hüft- und Kniegelenke implantieren. Die Einhaltung dieser Vorgaben wird jährlich im Rahmen eines Vor-Ort-Audits überprüft. „Dabei begutachten die Auditoren auch die Operations-Indikationen anhand von Röntgenbildern und klinischen Daten“, so Dr. med. Holger Haas, Vorsitzender der Zertifizierungskommission EndoCert der DGOOC e.V. und Chefarzt des Zentrums Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin am Gemeinschaftskrankenhaus Bonn. Zusätzlich ist die Teilnahme am Endoprothesenregister Deutschland (EPRD), das ebenfalls seit 12 Jahren in Betrieb ist, verpflichtend (5).
„Mit einer Teilnahme an EndoCert und dem EPRD decken Kliniken alle qualitätsrelevanten Fragestellungen rund um die Endoprothetik ab, von der Indikation über die Implantatwahl bis hin zur Analyse von Komplikationen“, sagt Professor Dr. med. Bernd Kladny, Generalsekretär der DGOOC und Chefarzt der Orthopädie und Unfallchirurgie m&i-Fachklinik Herzogenaurach. Dies gibt auch den Patientinnen und Patienten Sicherheit bei ihrer Klinikwahl.
Keine lückenlose Umsetzung der hohen Standards ohne verpflichtende Zertifizierung
Derzeit sind jedoch nur 44 Prozent der Endoprothesen-Kliniken in Deutschland nach EndoCert zertifiziert, knapp 500 Einrichtungen. Die Gründe: Die Teilnahme ist freiwillig und versursacht andererseits Aufwände an Zeit und Geld. „Dies erschwert eine lückenlose Umsetzung der hohen Standards“, kritisiert Wassilew.
Durch Zertifizierung Sicherheit und Qualität für Patienten verbessern
„Angesichts der aktuellen Diskussion und der von Minister Lauterbach geäußerten Bedenken fordern wir dringend, die verpflichtende Zertifizierung für Kliniken, die Knie- und Hüftendoprothesen einsetzen, einzuführen“, so der Orthopäde und Unfallchirurg. Dies würde nicht nur den „Wildwuchs“ an nicht überprüften und möglicherweise qualitativ minderwertigen Behandlungsangeboten eindämmen, sondern auch eine flächendeckende, qualitätsgeprüfte Versorgung für alle Patientinnen und Patienten in Deutschland sicherstellen.
Qualitätssicherung entspricht auch den Zielen der Krankenhausstrukturreform
„Die hier gelebte Zentrenbildung, Qualitätssicherung, wissenschaftliche Medizin und Transparenz entspricht auch den Zielen der Krankenhausreform. Nur so kann das Wohl der Patienten langfristig gesichert und die Effizienz des Gesundheitssystems verbessert werden“, fasst Wassilew zusammen.
Quellen:
(1) www.endocert.de
(2) S3-Leitlinie Evidenz- und konsensbasierte Indikationskriterien zur Hüfttotalendoprothese bei Coxarthrose (EKIT-Hüfte): www.register.awmf.org/de/leitlinien/detail/187-001
(3) S2k-Leitlinie Knie-Prothese: www.register.awmf.org/de/leitlinien/detail/187-004
(4) Sendung maischberger am 14.02.2024, ab Minute 35:15: https://www.ardmediathek.de/video/maischberger/maischberger-am-14-02-2024/das-erste/Y3JpZDovL2Rhc2Vyc3RlLmRlL21lbnNjaGVuIGJlaSBtYWlzY2hiZXJnZXIvMjAyNC0wMi0xNF8yMi01MC1NRVo
(5) www.eprd.de
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