Zweiter Forschungsbericht zu KI und Kompetenz
Repräsentative Studie zeigt: Bevölkerung erachtet breites Spektrum an Kompetenzen als wichtig für ein souveränes Leben im digitalen Wandel. Bei dieser Einschätzung sind sich Junge und Alte einig.
ChatGPT, Smart Speaker und algorithmische Empfehlungssysteme sind Alltag im Leben der Menschen in Deutschland geworden. Aber welche Kompetenzen benötigen Menschen im Umgang mit diesen Technologien und wie fit fühlen sie sich dabei? Der nun veröffentlichte Ergebnisbericht „Kompass: Künstliche Intelligenz und Kompetenz 2023. Einstellungen, Handeln und Kompetenzentwicklung im Kontext von KI“ liefert Antworten.
Drei Viertel der Befragten der repräsentativen Studie geben an, dass ihnen ein breites Spektrum an Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien wichtig ist. Neben Fähigkeiten, die das Bedienen von Technik beschreiben, zählen dazu gerade auch Kompetenzen, die das soziale Miteinander und eigene Wohlbefinden in einer von digitaler Technik durchdrungenen Gesellschaft ansprechen. Die höchsten Werte erzielen die Fähigkeiten, die eigenen Daten online schützen zu können (97 %), einschätzen zu können, wem man online vertrauen kann (93 %) und digitale Medien so nutzen zu können, dass es einem selbst gut tut (88 %). Die Ergebnisse aus dem Projektverbund „Digitales Deutschland“ verdeutlichen, dass die Menschen in Digitalkompetenz mehr als nur Bedienkompetenz sehen. Der souveräne Umgang mit dem digitalen Wandel betrifft alle Dimensionen des gesellschaftlichen Zusammenlebens im Wissen, Handeln und Fühlen.
Mit dem „Kompass: Künstliche Intelligenz und Kompetenz 2023“ hat das JFF - Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis mit seinen Partnern von der Universität Siegen und der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg eine Datengrundlage vorgelegt, mit der Unterschiede in der Bevölkerung differenziert betrachtet und entsprechende Förderbedarfe herausgearbeitet werden können.
Entgegen dem gängigen Bild, dass sich die Generationen gerade im Digitalen auseinanderentwickeln, sind die Bewertungen der Wichtigkeit der Kompetenzen auffällig übereinstimmend über die Altersspanne von Jugendlichen zu Hochaltrigen. Bundesfamilienministerin Lisa Paus: „Der Kompass KI zeigt, dass es Vorbehalte bei den Befragten gegenüber Künstlicher Intelligenz gibt. Gleichzeitig werden auch die Chancen gesehen, zum Beispiel im Bereich der Medizin. Das müssen wir ernst nehmen, zuhören und verstehen. Als Bundesfamilienministerin möchte ich, dass sich alle Generationen souverän im digitalen Raum bewegen können. Dafür braucht es Kompetenzen. Digitalkompetenz ist deutlich mehr als Können. Es kommt auch darauf an, auf das soziale Miteinander und das eigene Wohlbefinden in einer digital durchdrungenen Gesellschaft zu achten. Viele Ältere und teilweise auch Menschen mit geringerer formaler Bildung nutzen digitale Angebote seltener oder haben öfters Berührungsängste. Das wollen wir angehen. Umsichtig und bewusst aus der Perspektive der Menschen. Der Kompass KI liefert uns wichtige Ansatzpunkte."
Die Befragung richtet einen besonderen Fokus auf Anwendungen Künstlicher Intelligenz, wie sie im Alltag der Bevölkerung vorkommen – in Suchmaschinen, Sprachassistenten oder Empfehlungssystemen. Bei solchen Systemen stehen für die Bevölkerung die Abschätzung von Risiken und Datenschutzfragen im Vordergrund. So erachten jeweils 92 Prozent es als wichtig, mögliche Risiken bei der Nutzung von KI-Systemen erkennen und Daten bei der Nutzung von KI-Systemen schützen zu können. Hier zeigen sich zudem deutliche Diskrepanzen zu der Selbsteinschätzung der eigenen Kompetenzen. Nur knapp die Hälfte der Befragten sieht sich in der Lage, mögliche Risiken einzuschätzen (48 %) bzw. die eigenen Daten bei der Nutzung von KI zu schützen (46 %).
Deutlich näher beieinander liegen die Einschätzungen bei den Fähigkeiten, Einfluss auf die Ausgaben von KI-Systemen zu nehmen oder diese entsprechend den eigenen Erwartungen zu ändern (Spektrum zwischen 75 und 60 %). Hier wird ersichtlich, dass KI-Systeme oft sehr bedienfreundlich gestaltet sind. Die Risikoabschätzung und der Schutz eigener Daten bleibt aber dennoch eine Herausforderung, die eine Weiterentwicklung der Handlungsoptionen in den Diensten, aber auch Angebote zur Kompetenzentwicklung außerhalb der digitalen Plattformen erfordern.
Bei der Frage, inwiefern die Befragten selbst über die benötigen Kompetenzen zu einem souveränen Umgang mit digitalen Medien verfügen, zeigen sich aber Unterstützungsbedarfe von verschiedenen Gruppen in der Bevölkerung. Das Alter ist hierbei ein Faktor. Wichtig ist aber auch die berufliche Tätigkeit und der damit verbundene Alltag mit digitaler Technologie. Auch der formale Bildungsabschluss kann Einfluss haben auf die Frage, wie kompetent sich Menschen im Umgang mit digitalen Medien fühlen.
„Quer durch die Gesellschaft finden wir Gruppen, für die Angebote notwendig sind, damit sie die Chancen des digitalen Wandels für sich und die Teilhabe an der Gesellschaft nutzen können. In allen Altersgruppen finden wir sowohl digital-affine als auch digital-verhaltene Befragte. Die Daten zeigen auf, wie eine Förderung aussehen könnte. Gerade bei Künstlicher Intelligenz zeigt sich, dass begleitete Erfahrungsräume als Angebote vielversprechend sind“, sagt Dr. Niels Brüggen, Leiter des Projektes Digitales Deutschland.
„Digitales Deutschland | Monitoring zur Digitalkompetenz der Bevölkerung“ ist ein Projekt vom JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis. Gefördert wird es im Rahmen der Digitalstrategie vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ). Partner des Projektes sind die Universität Siegen und die Pädagogische Hochschule Ludwigsburg.
Der „Kompass: Künstliche Intelligenz und Kompetenz 2023“ ist die zweite Erhebungswelle der repräsentativen Befragung im Rahmen des Projektes Digitales Deutschland. Bei der Befragung wurden 2.006 Personen von 12 bis 99 Jahren mit Wohnsitz in Deutschland ausgewählt.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Universität Siegen
Prof. Dr. Dagmar Hoffmann
Medienwissenschaftliches Seminar
hoffmann@medienwissenschaft.uni-siegen.de