IPK-Team identifiziert Schlüsselprotein bei der Chromatin-Regulierung in Arabidopsis thaliana
Die Kernmatrix, eine Art von Stützgerüst für das Chromatin in eukaryotischen Zellen, ist eine seit Jahrzehnten bekannte Struktur. Wie sie den Chromatin-Status in Pflanzenkernen beeinflusst, war bisher weitgehend unklar. Ein internationales Forschungsteam unter Führung des IPK-Leibniz-Instituts hat nun erstmals die genomweite Verteilung von Regionen untersucht, die in Pflanzen durch die Kernmatrix verankert sind. Außerdem klärten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die besondere Rolle des Proteins AHL22 bei der Steuerung mehrerer Regulatoren auf. Ihre Ergebnisse wurden kürzlich in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ veröffentlicht.
Das Chromatin ist ein Komplex aus DNA und Proteinen, aus dem die Chromosomen bestehen. Um die lange, chromosomale DNA zu verpacken, wickeln bestimmte Proteine (Histone) die DNA wie kleine Kabeltrommeln auf. Eine Kabeltrommel (bestehend aus vier Histonpaaren) mit aufgewickelter DNA wird als Nukleosom bezeichnet und ist die kleinste Einheit des Chromatins.
Seit ihrer Entdeckung in den 1970er Jahren hat die Kernmatrix Wissenschaftler fasziniert. Während ihre Existenz und Funktion in Säugerzellen bekannt sind, blieb ihre Bedeutung im pflanzlichen Zellkern rätselhaft. Dem internationalen Forschungsteam ist es nun gelungen, die Struktur der Kernmatrix weiter aufzuschlüsseln und zu klären, wie sie den Chromatin-Status und die Entwicklung von Pflanzen beeinflusst.
In der Studie wurden Proteine identifiziert, die mit der Kernmatrix von Arabidopsis thaliana in Verbindung stehen. Darunter sind bekannte Proteine wie AtSUN1, AtSUN2 und AHL22, aber auch neue Akteure wie etwa FRS7 und FRS12. „Diese Entdeckung erweitert unser Verständnis der molekularen Zusammensetzung der Kernmatrix“, sagt Prof. Dr. Hua Jiang, Leiter der unabhängigen Forschungsgruppe „Angewandte Chromosomenbiologie“. Die Studie geht jedoch über die reine Identifizierung von Komponenten hinaus und zielt darauf ab, die Funktionen der Kernmatrix und der mit ihr verbundenen Proteine bei der Chromatinregulation zu verstehen.
Mit Hilfe der genomweiten Sequenzierung identifizierten die Forschenden erstmals die genomweite Verteilung der an der Kernmatrix verankerten Regionen in Pflanzen. „Die Ergebnisse zeigen eine Konzentration an den Gen-Anfängen und Gen-Enden, die vor allem mit aktiven epigenetischen Markierungen und hochexprimierten Genen verbunden sind. Aber auch einige schwach exprimierte Gene werden an die Kernmatrix angeheftet“, erläutert Linhao Xu, Erstautor der Studie. Diese Ergebnisse deuten auf komplexe Funktionen der Kernmatrix bei der Chromatin- und Transkriptionsregulation hin.
Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass AHL22 zusammen mit FRS7 und FRS12 ein zentraler Regulator der Hypokotyl-Extension ist, also des Aufwärtswachstums der embryonalen Achse in einem Pflanzenkeimling. Dieser Prozess ist wichtig für das Wachstum und das Überleben der Pflanze. Indem es die Expression von Genen reguliert, die für den Auxin-Signalweg wichtig sind, wirkt AHL22 als Chromatin- und epigenetischer Regulator.
„Der AHL22-Komplex orchestriert also die Bindung von Genen an die Kernmatrix und rekrutiert die Histondeacetylase HDA15, um die Histonacetylierung zu verändern“, sagt Shiwei Zheng, ebenfalls Erstautor der aktuellen Studie. „Der AHL22-Komplex ist somit eine zentrale Drehscheibe für Chromatin-Regionen und epigenetische Regulatoren und erfüllt damit eine bisher unbekannte Facette der Funktion der Kernmatrix.“
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Originalpublikation:
Xu et al. (2024): Chromatin attachment to the nuclear matrix represses hypocotyl elongation in Arabidopsis thaliana. Nature Communications.
DOI: 10.1038/s41467-024-45577-5