Oberflächennahe Geothermie in Deutschland: erste Ampelkarte im GeotIS zeigt Potenziale für Erdwärmesonden
Wärmewende ohne Geothermie ist nach wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht möglich. Doch wenn Kommunen oder Personen mit Hauseigentum an dieser beständigen Wärmequelle aus der Erde interessiert sind; wo erhalten sie Erstinformationen zum Einstieg in die Geothermie? Forschende des LIAG und der Georg-August-Universität Göttingen (UGOE) entwickeln mit ihren Forschungspartnern und den Geologischen Diensten Deutschlands eine bundesweite Lösung: Im Geothermischen Informationssystem GeotIS stellen sie geothermische Ressourcen dar und zeigen mit Überblickkarten auf, wo Erdwärmesonden zum Heizen und Kühlen von Gebäuden eingebaut werden können. Die erste Ampelkarte wurde nun veröffentlicht.
Erdwärmesonden sind Bohrungen, die die in großer Menge vorhandene und sich stets erneuernde Erdwärme aufnehmen. Dazu sind in den durchschnittlich 100 Meter tiefen Bohrungen Rohr- oder Schlauchsysteme einzementiert, in denen im geschlossenen Kreislauf eine Flüssigkeit zur Wärmeaufnahme aus dem Erdreich zirkuliert und zum Wärmetauscher in einer Wärmepumpe befördert. Durch die Wärmepumpe wird die Erdwärme von 10 bis 15 °C dann durch Stromzufuhr auf Heiztemperatur gehoben oder direkt zum Kühlen genutzt. Besonders im Winter gelten diese erdgekoppelten Wärmepumpen als besonders effizient, denn im Erdreich herrschen gleichbleibende Temperaturen. Im Sommer kann die Erdwärmesonde Gebäude wiederum kühlen. Bohrungen sind jedoch nicht überall erlaubt, so beispielsweise nicht in Wasserschutzgebieten.
Ampelkarten für Deutschland bieten einheitliches Konzept für Einbau von Erdwärmesonden - Start mit Mecklenburg-Vorpommern
Mit den Ampelkarten zu den Einbaumöglichkeiten von Erdwärmesonden wurde im Forschungsvorhaben WärmeGut ein einheitliches Konzept für einen deutschlandweiten Überblick entwickelt. Dahinter stehen komplexe geologische Daten, mit denen kontinuierlich geforscht wird. Diese wurden umfassend aufbereitet, ausgewertet, für Laien verständlich gemacht und eine erste Ampelkarte für Mecklenburg-Vorpommern entwickelt. Weitere Ampelkarten für die ganze Bundesrepublik sind bis Ende des Jahres geplant. Zudem sollen zukünftig Potenzialkarten darstellen, wieviel Wärmeenergie aus dem Boden durch Erdwärmesonde gewonnen werden kann.
„Mit den Ampelkarten können wir alle Menschen erreichen, die an Geothermie interessiert sind“, sagt Prof. Dr. Inga Moeck, Geothermie-Forschungsleiterin am LIAG. So könne die Geothermie insbesondere als Mittel zum Heizen und Kühlen stärker für Gesellschaft und Politik bekannt gemacht werden, was für die kommunale Wärmewende sehr wichtig sei. „Mit unseren aufbereiteten wissenschaftlichen Daten möchten wir die Kommunen unterstützen und Möglichkeiten aufzeigen.“ Dabei sei die Herausforderung, dass immer komplexere Daten leicht verständlich dargestellt werden müssen. „Gute Wärmepumpen sind zudem erdgekoppelt – wo ein Einbau im Untergrund möglich ist, sollte dies umgesetzt werden. Die GeotIS-Ampelkarten bieten dafür einen Überblick“, erklärt Moeck. Für Detailinformationen werde im GeotIS auf die Webportale der zuständigen Fachbehörden der jeweiligen Bundesländer geleitet.
Vorstellung des GeotIS-Portals auf der Fachmesse GeoTherm in Offenburg
Das Team aus Entwicklung und Forschung stellt das Portal auf der Fachmesse GeoTherm in Offenburg vom 29.02.24 bis 01.03.24 am Stand 223 in der Baden-Arena vor. Zukünftig werden zudem kostenfreie Webinare zu den Funktionalitäten angeboten.
Hintergrundinformationen
Forschungsvorhaben WärmeGut
Das Forschungsprojekt WärmeGut des LIAG greift mit der „Flankierung des Erdwärmepumpen-Rollouts für die Wärmewende durch eine bundesweite, einheitliche Bereitstellung von Geoinformationen zur oberflächennahen Geothermie in Deutschland“ das Ziel einer Datenkampagne der Bundesrepublik auf. Das Verbundvorhaben des LIAG, der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR, Hannover), der UGOE (Göttingen), der Hochschule Biberach und der Firma geoENERGIE Konzept GmbH (Freiberg) wird durch das 7. Energieforschungsprogramm des BMWK gefördert. Die Daten in GeotIS werden vom LIAG und anderen Wissenschaftseinrichtungen kontinuierlich zu Forschungszwecken und für Modellierungen von zum Beispiel geothermischen Durchbrüchen genutzt. Ziel der Entwicklung des deutschlandweiten Portals war ursprünglich ein Überblick über die tiefe Geothermie in mehreren tausend Metern Tiefe und deutschlandweite Forschungsmöglichkeiten. Der Bedarf an oberflächennaher Erdwärme bis in 400 Metern Tiefe wächst jedoch mit den Gesetzen zur Wärmewende. Für die Ampelkarten und alle weiteren Informationen zur oberflächennahen Geothermie wurde das GeotIS nun erweitert und überarbeitet.
Über GeotIS
Das Geothermische Informationssystem vom LIAG ist deutschlandweit einzigartig. Querschnitte des Untergrundes, Überblicke über bestehende Anlagen und Temperaturkarten können von Deutschland kostenfrei abgerufen werden. Mehr als 30 000 Bohrungen bilden die Datengrundlage für GeotIS. Eingearbeitet sind zudem Temperaturdaten aus dem LIAG und Strukturdaten aus diversen Kartenwerken von Projektpartnern. Die Recherche-Oberfläche ermöglicht die dynamische Generierung von interaktiven Karten, in denen Fachinformationen mit topographischen und statistischen Daten kombiniert werden. GeotIS beinhaltet zudem das Auskunftssystem „Geothermischen Standorte“ über tiefe geothermische Anlagen in Deutschland, die sich in Betrieb oder im Bau befinden. www.geotis.de
Über das LIAG
Das LIAG mit Sitz in Hannover ist eine eigenständige, außeruniversitäre Forschungseinrichtung. Der Schwerpunkt der Forschungsarbeiten liegt in der Erkundung des nutzbaren Untergrundes sowie in der Entwicklung von Mess- und Auswerteverfahren. Das Institut blickt auf über 75 Jahre Erfahrung in der Geophysik-Forschung zurück. Durch die langjährige Spezialisierung in der oberflächennahen Anwendung der Geophysik, der Geräte- sowie Dateninfrastruktur sowie der damit einhergehenden Möglichkeit, innerhalb eines Instituts verschiedenste geophysikalische Methoden themenübergreifend zu kombinieren, ist das LIAG deutschlandweit einzigartig. Mit der Geothermie beschäftigt sich das LIAG historisch gesehen seit 1953 und erstellte die ersten europaweiten Geothermie-Atlasse, die im geothermischen Informationssystem GeotIS als digitales Informationsportal für die Geothermie in Deutschland in mehreren aufbauenden geförderten Projekten gebündelt wurden.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Prof. Dr. Inga Moeck
Leiterin der Geothermie-Forschung am LIAG
Telefon: 0511 643 3468
Inga.Moeck@leibniz-liag.de
Originalpublikation:
www.geotis.de
Korrekturen
28.02.2024 17:01
Bei der Bildquelle Ampelkarte handelt es sich um einen Screenshot eines frei zugänglichen Tools. Wenn die Quelle genannt werden soll, bitte Folgendes eingeben: "LIAG / GeotIS".